Besitzerwechsel mit Folgen

Knall im Zuger Nachtleben: «Zytclub» muss schliessen

Gastgeber Felix Suter (Mitte) kündigt an, dass Zug nicht zum letzten Mal von ihm gehört hat. (Bild: Beat Holdener)

Die 10-Jahr-Jubiläumsfeier im «Zytclub» wurde gleichzeitig zu einer Art Abdankung. Schon in zehn Tagen macht die beliebte Konzert-Bar am Kolinplatz 1 dicht. Grund: Die neue Eigentümerin will das Gebäude mieterfrei übernehmen.

Fulminant wie erwartet beginnt das Fest zum zehnjährigen Bestehen des «Zyt» am letzten Novemberabend. Das kleine Ecklockal im Herzen der Stadt platzt aus allen Nähten. Unter den Gästen auch viele Musikerinnen und Musiker, die hier schon auftreten durften. Mehrere Bands sorgen auf der Bühne für Stimmung und gratulieren musikalisch: FUK, Dylan Dogs, Steamy Pigeon Loft und natürlich Akim, sozusagen der Haussänger.

Überraschend kurzfristiger Auszug

Doch um Mitternacht platzt die Bombe: In einem Video gibt Gastgeber Felix Suter bekannt, dass seine Bar bald Geschichte sein wird. Am 10. Dezember ist sie zum letzten Mal geöffnet. Ein Verkauf der Liegenschaft stand schon lange im Raum, sagt Suter, das Scheitern eines Umbauprojekts habe jetzt den Ausschlag gegeben: «Am 5. November wurde ich über den Eigentümerwechsel informiert, der aber nur stattfinden könne, wenn das Gebäude komplett entmietet sei.» Weil mit der Vermieterin immer ein gutes Einvernehmen bestanden habe, hat Suter schweren Herzens dem sofortigen Auszug zugestimmt.

«Our town is selling its soul tonight» (Unsere Stadt verkauft heute ihre Seele)

Liedertext von Remo Hegglin

Die Liegenschaft Kolinplatz 1, auch bekannt als Wadsack-Haus, gehört gemäss Grundbuchamt der Zürcher Immartis Immobiliengesellschaft AG in Zürich. Eine Anfrage zu den Gründen des Verkaufs und zur neuen Eigentümerschaft blieb unbeantwortet. Felix Suter ist selbst gespannt, was realisiert werden wird, aber er glaubt, dass die neuen Besitzer etwas Grosses planen: «Wer würde sonst ein Lokal wie dieses schliessen, wo das Leben pulsiert!?»

Live-Musik in familiärer Atmosphäre

Der «Zytclub» ist in den letzten zehn Betriebsjahren zu einem Fixstern im Zuger Nachleben geworden, zuletzt sieben Tage in der Woche bis in die Morgenstunden geöffnet. Live-Musik mit regionalen und internationalen Bands gehörten zum Markenzeichen des Lokals (zentralplus berichtete). Daneben gab es immer wieder besondere Events wie Jassturniere oder kulinarische Spezialitäten wie «Moules et frites». Als Reaktion auf die Corona-Situation hat die Bar auch den Aussenbereich an der Ägeristrasse ausgebaut. «Wir hatten eine tolle Zeit», sagt Suter mit einem Dank an die Gäste. «Wir haben uns oft wie in einer Familie gefühlt.»

«Wir können den Zytclub nicht ein zweites Mal aufbauen.»

Patrick Sieland, Mitarbeiter

Ganz von der Bildfläche verschwinden wird Felix Suter in Zug nicht und er schliesst auch die Möglichkeit eines neuen Lokals nicht aus. Doch Bar-Mitarbeiter Patrick Sieland ist realistisch. «Wir können den Zytclub nicht ein zweites Mal aufbauen, aber vielleicht was anderes Ähnliches.» Ein Treffpunkt, wo Menschen aus allen Schichten und mit ganz unterschiedlichem Hintergrund zusammenkommen.

Verlust für Zuger Kultur- und Nachtleben

Die Frustration unter den Gästen und beim Personal am Jubiläumsabend über das kurzfristige und überraschende Aus ist gross. Für viele war das «Zyt» eine Art Wohnzimmer, wo Freundschaften geschlossen wurden. Betroffen liegen sich Anwesende in den Armen, so manche Träne fliesst. Musiker sind konsterniert. Auch für die Zuger Kulturszene ist die Schliessung des Lokals ein herber Verlust.

Für das Abschiedsvideo haben Remo Hegglin und Silvan Gretener einen Song geschrieben, von Martin Flückiger alias Count Vlad gesungen, mit dem Titel «Our town is selling its soul tonight» (Unsere Stadt verkauft heute ihre Seele). «Unser Wohnzimmer ist nicht mehr, ein Ort wo Freundschaft gewachsen ist», heisst es im Liedtext. «Wir werden die Bar nicht vergessen, wo Leute eine Heimat hatten.»

Verwendete Quellen
  • Besuch am Jubiläumsabend im Zytclub
  • Video von Remo Hegglin
  • Telefon mit Grundbuchamt des Kantons Zug
  • Telefonische Anfrage an Immartis Immobilien AG
  • Mailanfrage an Stadtpräsident Karl Kobelt und Stadtrat André Wicki
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10 Kommentare
  • Profilfoto von Wilhelm T. Schweizer
    Wilhelm T. Schweizer, 11.12.2022, 13:49 Uhr

    R.I.P. Zytclub -Ausverkauf der Heimat

    Trauer, Frustration und Konsternation seitens der Gäste und der Bevölkerung um die Schliessung des Zytclubs am Zuger Kolinplatz. Die Gemüter sind erhitzt. Leise Vorwürfe an die „Geldsäcke“.
    Am 10. Dezember 2022 ist offiziell Schluss. Der Zytclub muss nach 10 Jahren schliessen, da die Liegenschaft verkauft wurde. Dass die Schliessung bei den Stamm- und anderen Gästen Traurigkeit, Frustration und „Wut“ auslöst, ist hingegen eine Anerkennung für ein grossartiger, mit Leidenschaft und Innovation geführter Betrieb. Der Zytclub war ein Treffpunkt für Jung und Alt, egal ob Zuger oder expat, wohlhabend oder Büezer. Dass die Liegenschaft verkauft werden sollte, ist bekannt. Der Vorwurf an die Zuger „Geldsäcke“ ist, dass diese mit dem Erwerb der Liegenschaft ihr bestehendes Immobilienportfolio ergänzen und der Zytclub damit hätte bleiben können. Anderseits ist die Immobilie vielleicht noch kein Renditeobjekt und dass die Motivation dadurch tief ist, liegt auch auf der Hand. Fakt ist, dass die Zuger Altstadt um einen Betrieb ärmer ist. Wie weiter, wo findet das nächste Livekonzert und wo das nächste Jassturnier statt? Es gibt leere und nicht genutzte Standorte in der Zuger Altstadt, welche für einen Zytclub 2.0 genutzt werden könnten. Es braucht einfach ein bisschen Motivation, Empathie und Grosszügigkeit von den Eigentümern. Aber vielleicht stehen diese Liegenschaften auch bald zum Verkauf und der Ausverkauf der Heimat schreibt sein nächstes Kapitel.

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    Hampi, 07.12.2022, 23:52 Uhr

    Das passt alles zusammen. Schrecklich wie sich Zug verändert!

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    Silvie, 05.12.2022, 17:08 Uhr

    Tja – die StadtZug sollte sich vielleicht mal überlegen – solch geschichtsträchtige Gebäude selber zu kaufen – schliesslich ist der Kolinplatz 1 ein Herzstück der StadtZug und sollte nicht fremdbestimmt werden. Gerne würde ich die Zeitmaschine einige Wochen zurück drehen um der StadtZug die Möglichkeit zu geben diesen pulsierenden ❤️Ort weiter leben zu lassen…..Es braucht wirklich nicht so viel «Köpfchen» um die StadtZug zu retten.

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    • Profilfoto von Marc
      Marc, 06.12.2022, 11:04 Uhr

      Ich bin froh muss die Stadt nicht irgendwelche Sauflokale mit öffentlichen Geldern retten. Wo würde das aufhören?

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  • Profilfoto von Rosmarie luzi
    Rosmarie luzi, 03.12.2022, 00:48 Uhr

    Jammerschade ist das!hoffentlich habt ihr die kraft,etwas neues entstehen zu lassen.dieselben menschen,freundschaften,talente werden bestimmt wieder da sein.das ist die essenz,die kraft,die konstanz.sie bleibt bestehen im neuen.macheds guet met guetem muet!❤️🍀rosmarie

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    Peter Joe, 02.12.2022, 18:00 Uhr

    Im Hertizentrum wird ein Beizer gesucht.
    Das waere super gelegen fuer ein Neuanfang Herti Zyt Club waer doch was

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    Tino Forlin, 01.12.2022, 17:47 Uhr

    Ich finde es sehr schade! Warum gibt man der Kultur keine Chance. Ja, halt eben Profit und Geld haben mehr Wert. Ich denke an die Musiker und Bands, man macht uns das Leben schwer!!!

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    Hans Peter Roth, 01.12.2022, 14:07 Uhr

    Wird «entmietet» zum neuen Unwort einer entfriedeten und entmenschlichten Welt?

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    • Profilfoto von Peter Bitterli
      Peter Bitterli, 01.12.2022, 16:04 Uhr

      Nein, Herr Roth, das wird es nicht. „Entmietet“ ist einfach der Gegenbegriff zu „vermietet“. Nichts Schlimmes also.

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  • Profilfoto von Erich Staub
    Erich Staub, 01.12.2022, 13:51 Uhr

    Danke für die perfekt geführte Bar. Ein riesiges Kompliment an ALLE. Ich hoffe Felix und sein Team bleiben in Zug, damit Zug einen farbigen Ort behält. Es wäre so schön, dass Zug zumindest ein wenig Farbigkeit hat. Sonst geht die Reise weiter, so wie es der blauen Farbe und der Grafik erging im grafischen Auftritt der Stadt.

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