Luzerner Schule trifft auf Sinfonieorchester

Kanti Alpenquai wird 50 – und engagiert «a true world star»

Inmitten von Kantischülern: Komponist David Lang (links) und Numa Bischof Ullmann, Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters.

(Bild: Benno Bühlmann)

Ein halbes Jahrhundert hat die Kantonsschule Alpenquai schon auf dem Buckel. Zum Jubiläum gibt’s nun eine Riesenkiste im KKL mit über 1’000 Schülern und dem Luzerner Sinfonieorchester. Mit David Lang steuert ein gefeierter Komponist das Werk bei.

Wer momentan durch die langen Gänge der Kantonsschule Alpenquai spaziert, entdeckt an einer Schnur lauter farbige Zettel. Darauf steht zum Beispiel: «Ein kleiner Schritt für die Kantonsschule, ein grosser Schritt für mich.» Es sind Wünsche an die Kantonsschule Alpenquai – 240 Meter Wünsche von insgesamt 1’533 Schülerinnen und Schülern, die vor gut zwei Wochen das neue Schuljahr angetreten haben.

Die Wünsche bildeten den Auftakt zum grossen Jubeljahr: 50 Jahre steht die Kanti nämlich schon an diesem Standort. Aber eigentlich, verrät Prorektor Stefano Nicosanti, ist die Kantonsschule noch viel älter. Sie wurde vor stolzen 444 Jahren gegründet. Nicosanti steht auf der Bühne der rappelvollen Aula und gibt an diesem Dienstag den Startschuss für den eigentlichen Höhepunkt dieses Jubiläumsjahres: Im nächsten März füllt die Kanti Alpenquai für zwei Konzerte den KKL-Saal (siehe Box).

240 Meter Wünsche hängen derzeit in den Gängen der Kanti Alpenquai.

240 Meter Wünsche hängen derzeit in den Gängen der Kanti Alpenquai.

(Bild: jwy)

Älteste Schule trifft auf ältestes Orchester

Die Kantonsschule Luzern am Alpenquai – eines der grössten Gymnasien des Landes – hat also Grosses vor: Zusammen mit dem Luzerner Sinfonieorchester bringt es die Uraufführung von «Harmony and Understanding for Orchestra and Audience» auf die Bühne. Ein Stück des international renommierten zeitgenössischen Komponisten David Lang, das in der fertigen Form noch nicht mal existiert. Der Amerikaner schreibt es momentan extra für diesen Anlass.

Konzerte im KKL

Uraufführung «Harmony and Understanding for Orchestra and Audience» von David Lang: 14. und 15. März 2018 im KKL Luzern. Ein Projekt der Kantonsschule Alpenquai und des Luzerner Sinfonieorchesters. Die ganze Schule – also 1’533 Schüler – sind beteiligt: Je die Hälfte sitzt einmal auf der Bühne und einmal im Publikum.

Und wenn wir schon bei den Superlativen sind. Numa Bischof, Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters, sagte vor der versammelten Kantonsschule: «Ich bin stolz darauf, dass eine der ältesten Schulen der Schweiz und das älteste Sinfonieorchester zusammen diesen Weg gehen.» David Lang, das sei «a true world star» – ein wahrer Weltstar.

Und ja, David Lang ist immerhin Pulitzer-Preisträger, er wirkte und wirkt auf dem ganzen Globus und unterrichtet an der Yale School of Music. Daneben komponierte er schon Filmmusik, etwa für den italienischen Regisseur Paolo Sorrentino («La Grande Bellezza» oder «Youth»).

Keine Grenze zwischen Zuschauer und Performer

Dieser David Lang, frisch aus dem Flugzeug in der Aula der Kanti Luzern eingetroffen, sagte auf der Aula-Bühne, was er mit dem Orchester und den über tausend Jugendlichen im März vorhat. «Harmony and Understanding» ist eine Zeile aus dem Song «Aquarius» des Musicals «Hair». Sein gleichnamiges Stück will die Grenze zwischen Zuschauer und Performer aufheben.

David Lang wird von Schülern der Kantonsschule interviewt.

David Lang wird von Schülern der Kantonsschule interviewt.

(Bild: jwy)

«Es gibt kein Publikum, keine Zuhörer, alle performen zusammen», schwärmt Lang mit ansteckender Energie. Und das ist durchaus politisch – oder zumindest gesellschaftskritisch – zu verstehen: Im Gegensatz zu seiner Heimat USA, wo momentan jeder «fighting and angry» sei, wolle er mit seinem Stück ein kleine Utopie schaffen: «Jeder schaut auf den anderen und alle zusammen bewirken etwas, denn jeder hat etwas zu bieten», sagt David Lang.

«Ich hoffe, den Schülern bleibt dieses Projekt ihr Leben lang in Erinnerung.»

Numa Bischof Ullmann, Intendant Luzerner Sinfonieorchester

Stefan Graber, der andere Prorektor der Kantonsschule, sagt, es gehe der Schule mit der Riesenkiste auch darum, sich selbst zu spüren, die Idee einer heilen Welt zu vermitteln und einen aktuellen Diskurs zu führen. Zusammen mit dem traditionellen LSO will die traditionelle Schule «in die Zeitgenossenschaft kommen und die Wahrnehmung schärfen», erzählt Graber.

Numa Bischof sagt schliesslich: «Es gibt Dinge, die kann man alleine nicht machen, aber zusammen ist es möglich.» Eine solche Aufführung sei absolutes Teamplaying. «Ich hoffe, den Schülern bleibt dieses Projekt ihr Leben lang in Erinnerung», so Bischof. Grosser Applaus im Saal.

Mit Adele im Lift

Den Ehrgeiz und das Teamplaying stellten die Kantischüler sogleich unter Beweis: Zwei Schülerinnen und zwei Schüler löcherten David Lang in beeindruckend gutem Englisch auf der Bühne mit Fragen, während andere das Ganze für einen späteren Trailer filmten. Das war durchaus unterhaltsam, denn man erfuhr von David Lang, dass er gerne immer gut riechen würde, dass er morgens um 5.30 Uhr aufsteht, mit Adele im Lift stecken bleiben möchte und er – ganz amerikanisch – ganz und gar nicht «humble», also bescheiden, sei. Seine grösste Schwäche sei denn auch, dass er zu fest von sich überzeugt sei. «Ich wollte berühmt werden, und: That’s what I did.»

Der New Yorker Komponist David Lang (links) und Numa Bischof Ullmann, Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters.

Der New Yorker Komponist David Lang (links) und Numa Bischof Ullmann, Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters.

(Bild: jwy)

Mit neun Jahren hat Lang zu komponieren begonnen und als Teenager verliebte er sich in die experimentelle Musik, weswegen er später von Los Angeles nach New York zog. Denn er stellte fest, dass all seine liebsten Komponisten, etwa Philip Glass, im gleichen Viertel in New York Downtown wohnen. Und so wohne auch er nun seit 35 Jahren in dieser «Neighbourhood» in einem alten Fabrikgebäude.

Und dieses Loft, wo nichts funktioniere, war schliesslich der Grund, wieso David Lang nun an diesem 5. September auf der Bühne der Aula in der Kantonsschule Alpenquai sass. Denn der Auftakt hätte eigentlich schon im Juni stattfinden sollen, doch ein Wasserschaden in seinem Loft zwang ihn zu einer verfrühten Heimkehr.

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