«Jerusalema»: Mit den Urheberrechten nimmt es die Zuger Polizei nicht so genau
Millionenfach ist das Tanzvideo der Zuger Polizei bereits angeklickt worden – und viele Leute erfreuen sich am Ballett in Uniform und Kampfmontur. Nur: Für die Veröffentlichung braucht es eine Lizenz – die nicht vorgängig eingeholt wurde.
Ein Video zu produzieren und auf einer Social-Media-Plattform publizieren ist heute ein Kinderspiel und für wenig Geld zu realisieren. Auch die Zuger Polizei nützt das für ihr Jerusalema-Video zur Imagepflege (zentralplus berichtete).
Dass dabei das Urheberrecht beachtet werden muss, geht in der Euphorie schnell vergessen. Bei einem jugendlichen Tik-Toker kann vielleicht verständnisvoll ein Auge zugedrückt werden. Bei einer Institution wie der Polizei wäre dagegen zu erwarten, dass sie die rechtlichen Grundlagen ernst nimmt. Schliesslich muss bei Urheberrechtsverletzungen polizeilich ermittelt werden, bei Gewerbsmässigkeit sogar von Amtes wegen.
Songs als Untermalung nur mit Bewilligung
Bei ihrem Tanzvideo bemühen sich die Zuger Polizisten um eine präzise Choreografie. Um ein geschütztes Musikstück wie Jerusalema für eine Videoproduktion zu verwenden, muss jedoch die Einwilligung des Urhebers eingeholt werden. Dies gilt auch dann, wenn ein Song für einen Kanal wie YouTube lizenziert ist.
Das bestätigt die Urheberrechtsorganisation Suisa auf Anfrage. «Wenn jemand ein Video mit Musik untermalt, müssen die Herstellerrechte eingeholt werden, dass man das Werk überhaupt verwenden darf», sagt Suisa-Sprecher Giorgio Tebaldi. «Wenn man zudem eine fremde Aufnahme verwendet, wie bei den Jerusalema-Videos, dann braucht man auch die Synchronisationsrechte vom Plattenlabel.»
«Wenn jemand ein Video mit Musik untermalt, müssen die Herstellerrechte eingeholt werden, damit man das Werk überhaupt verwenden darf.»
Giorgio Tebaldi, Kommunikationsverantwortlicher Suisa
Formalitäten noch ausstehend
Beide Verträge hat die Zuger Polizei mit dem Musikverlag offenbar vorgängig nicht abgeschlossen. Noch eine Woche nach der Publikation ist die Lizenzierung erst «in die Wege geleitet», wie der stellvertretende Kommunikationsverantwortliche schreibt. «Wir stehen mit dem zuständigen Verlag in Kontakt.»
Das Urheberrecht ist klar: Betroffene können die unbewilligte Verwendung ihrer Musik gerichtlich einklagen, wie die Suisa bestätigt. Wer ein Werk vorsätzlich unrechtmässig verwendet oder veröffentlicht, kann mit einer Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft werden.
Lizenzen jetzt teilweise vorhanden
Inzwischen hat die Polizei das Versäumte nachgeholt: «Wir, die Zuger Polizei, bestätigen hiermit, dass wir die Lizenz für die Nutzung des Songs 'Jerusalema' (feat. Nomcebo Zikode) von MASTER KG im von uns produzierten Video für die Jerusalema Dance Challenge rechtmässig erworben haben. Diese Lizenz ist weltweit ab 13. Januar 2021 für drei Monate gültig und umfasst zum einen die Masterrechte wie auch die Verlagsrechte», heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme.
Die verschiedenen Abklärungen sowie Verhandlungen bezüglich der Höhe der Abgeltung hätten Zeit benötigt, begründet Sprecher Frank Kleiner den verzögerten Vertragsabschluss. Die Polizei stellt sich auf den Standpunkt, dass sie das Video trotzdem habe vorher veröffentlichen dürfen.
Verlust an Glaubwürdigkeit?
Das allein genügt allerdings nicht. Bei der Suisa muss zwingend auch die Lizenz für die Kopie und das Zugänglich-Machen des Videos eingeholt werden. «Wir hatten mit der Suisa zu keiner Zeit Kontakt», sagt Frank Kleiner. Auch hier besteht also Handlungsbedarf.
Mit dem Imagegewinn durch das Spassvideo geht bei der Zuger Polizei also das Risiko eines Glaubwürdigkeitsverlusts aufgrund der nachlässigen Handhabung der Urheberrechte einher. Weder die Polizei noch die Sicherheitsdirektion wollten dazu einen Kommentar abgeben. «Wir haben wichtigere Probleme», sagt Regierungsrat Beat Villiger auf Nachfrage.
Update: Die Zuger Polizei stellt in einer Mitteilung klar, dass sie die weltweit gültige Lizenz für das Video rechtmässig erworben habe. Diese umfasse die Masterrechte und die Verlagsrechte. Das verantwortliche Musiklabel müsse diese jeweils zuerst klären, bevor es ein Angebot für die Verwendung machen kann. Die Zuger Polizei habe die Verwendungsrechte rechtmässig erworben. Zudem zitiert sie aus einer aktuellen Stellungnahme der Suisa: «Es ist nicht unüblich, dass die Nutzung von Musik – z. B. in einem Video – bei der Suisa erst im Nachhinein angemeldet wird.» Passiere dies nicht, nehme die Suisa selbst mit dem Kunden Kontakt auf. Die Zuger Polizei habe die nötigen Lizenzen jedoch eingeholt, «wie sie dies in der Vergangenheit auch bei anderen Nutzungen jeweils gemacht hat».