Farbe statt grauer Beton an der Pendlerstrecke

In Rothenburg entsteht das grösste Wandbild der Schweiz

Momentan ist der Betonturm noch grau. Nächstes Jahr wird auf dem Turm aber das grösste Wandbild der Schweiz entstehen. (Bild: zvg)

In Rothenburg soll das grösste Wandbild der Schweiz entstehen. Aufgetragen wird ein Bild des Künstlers Timmermahn, zu Ehren seines 80. Geburtstages. Die Arbeiten starten im nächsten Frühling. zentralplus hat mit dem Künstler und seinem Team gesprochen.

Wer im Zug von Luzern Richtung Basel fährt, kommt am gigantischen Betonturm der Niederhäuser AG vorbei. Der Koloss erhebt sich in Rothenburg, direkt neben den Geleisen. 45 Meter hoch und 36 Meter breit und grau ist der Betonklotz.

Aber nicht mehr lange: Schon nächstes Jahr soll ein Wandbild des Berner Künstler Timmermahn dem Turm Farbe verleihen. Wie seine Managerin Katharina Langstrumpf mitteilt, liegen alle Bewilligungen vor. Nächsten April soll es mit den Arbeiten losgehen.

Idee entstand während eines Besuches in Rothenburg

Aufgrund ausbleibender Veranstaltungen war Langstrumpf während der Corona-Pandemie oftmals zu Besuch bei Verwandten in Rothenburg. Auf der Fahrt dorthin fiel ihr dieser grosse Betonturm auf. Daher kam ihr die Idee, anlässlich des 80. Geburtstages ein Bild des Künstlers auf den Turm zu malen.

Sie nahm mit dem Besitzer des Turms Kontakt auf und rannte offene Türen ein. Der Besitzer habe das Gebäude selbst hässlich gefunden. «Wir hatten zudem Glück, denn scheinbar gibt es heute nur noch wenige solcher Türme, die im Alleinbesitz sind», sagt Langstrumpf gegenüber zentralplus.

Doch mit der Zusage des Besitzers war es noch nicht getan. Die Veränderung des Turms ist auch bewilligungspflichtig. Aber auch die Gemeinde Rothenburg sei von Anfang an vom Projekt angetan gewesen. Sie erhoffe sich durch das Wandbild, dass der obere Teil Rothenburgs attraktiver wird. Dennoch dauerte es rund ein Jahr, bis man alle Bewilligungen hatte. Mitunter so lange, weil das Bild von der Autobahn einsehbar ist. «Die Behörden mussten klären, ob Autofahrerinnen auf der Autobahn durch das Bild abgelenkt werden», sagt Langstrumpf.

Timmermahn malt nach Lust und Laune

«Der Heiler», so heisst das Bild, welches auf dem Rothenburger Turm entstehen soll. Timmermahn hat es vor rund zehn Jahren gemalt. Das Original, Öl auf Leinwand, hängt in einem Tierspital. «Das Bild enthält Tiere, das schien mir für einen Futterturm am besten geeignet», sagt der Künstler gegenüber zentralplus.

«Ich studiere nie, was ich male. Ich lass es einfach lah tschäddere»

Timmermahn, Künstler

Den Pinsel wird Timmermahn aber nicht mehr selbst ansetzten. Er könne aufgrund seines Alters nicht mehr auf den Gerüsten arbeiten. Die Arbeit wird seine «Street Art Crew» übernehmen. Fabian «Bane» Florin aus Chur und Linus «Rips1» von Moos aus Luzern bilden das Kernteam.

Der im Jahr 1942 geborene Timmermahn ist eine der schillerndsten Figuren der Schweizer Kunstszene – Theatermaler, Schauspieler, Autor und vernetzter Kunstschaffender. Die Arbeiten des Berners gelten als schwierig, sogar unmöglich einzuordnen. Einen eigenen Stil habe er nie gehabt. «Ich studiere nie, was ich male. Ich gehe nie mit einer Idee schwanger. Ich lass es einfach lah tschäddere.» Oder wie Schriftsteller Peter Bichsel sagte: «Wer Timmermahn beschreibt, tut ihm unrecht.» Trotzdem haben seine Kunstwerke einen hohen Wiedererkennungswert und einige seiner Werke kosteten so viel wie ein Mittelklassewagen.

Allgemein nehme er nichts ernst, sagt er selbst. Er redet allerlei, macht viele Gedankensprünge. Er sagt, er sei Schweizer, aber irgendwie doch heimatlos, könne gerade so gut Rothenburger sein. Manchmal sagt er auch vermeintlich weise Sachen: «Weisst du, wer das grosse Format beherrscht, beherrscht auch das Kleine.» Wie er denn zu dieser Schlussfolgerung kommt? «Weisst du, Sprüchli sind gut. Es ist mir vor einigen Jahren einmal eingefallen und finde es noch schön.»

Projekt sucht noch nach Geldgebern

Bis das Projekt gestartet werden kann, braucht es aber noch eines: Geld. Denn die Realisierung kostet ungefähr 300’000 Franken. Um an das Geld zu kommen, hat das Team Timmermahns ein Crowdfunding gestartet.

Unterstützerinnen können sich symbolische einen Quadratmeter des Bildes kaufen. Die teuersten Crowdfunding-Pakete beinhalten beispielsweise ein Apéro auf dem Dach des Turmes oder die Möglichkeit, ein Teil des Bildes selbst zu malen, selbstverständlich unter fachkundiger Anleitung der Künstler.

«Das Wandbild soll von allen, für alle und mit allen entstehen.»

Katharina Langstrumpf, Management Timmermahn

«Bei diesem Projekt handelt es sich um Kunst im öffentlichen Raum. Das Wandbild soll von allen, für alle und mit allen entstehen. Das ist uns sehr wichtig», sagt Langstrumpf abschliessend.

Voraussichtlich werden die Arbeiten drei Monate dauern. Die Dauer ist jedoch witterungsabhängig, da nicht unter Temperaturen von acht Grad gemalt werden kann. Sobald das Projekt einmal abgeschlossen ist, wird es das Ortsbild nachhaltig prägen.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Timmermahn
  • Telefongespräch mit Katharina Langstrumpf, Management Timmermahn
  • Website des Projektes
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