«Captured», der ungewöhnliche Weg in die Freiheit

Im Frauengefängnis eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten

Im Frauengefängnis werden auch Geburtstage gefeiert. (Bild: zvg)

Unkonventionell, gewagt humorvoll und kompakt – so wird das Musiktheater «Captured» angekündigt und enttäuscht die Erwartungen nicht. Am Samstagabend verwandelte sich der Lorzensaal Cham in ein Gefängnis, das von sechs Insassinnen, zwei Wächtern und dem Direktor innerhalb der zweistündigen Aufführung mächtig auf den Kopf gestellt wird.  

Schon von Beginn an ist klar: Wir sind hier in einem Frauengefängnis, das geprägt ist von Manipulation, Intrigen und Mobbing. Hinterlistige Worte und boshafte Taten sind an der Tagesordnung. Kein Wunder, ist die frisch angekommene Insassin das perfekte Opfer dieser Gruppendynamik. Die unschuldig sitzende «Neue» muss mächtig unter den sich immer mehr zuspitzenden Gemeinheiten leiden.

Dabei hat sie etwas, was den restlichen Insassinnen fehlt: die Weisheit. Im immer wiederkehrenden Dialog mit dieser lernt die «Neue» allmählich, sich zu wehren. Die Dynamik unter den Frauen verschiebt sich langsam. Es scheint, als ob die Arglist neuer Hoffnung Platz machen muss. Der spannende Kampf zwischen dem gewohnten alten Muster und der sich dagegenstellenden Zuversicht führt zu allerlei Chaos, Konflikten und wilden Geschehnissen. Doch es kommt, wie es kommen muss – das Gute gewinnt, die Frauen nehmen ihr Schicksal in die eigenen Hände und fangen an, für das zu kämpfen, was sie einst für aufgegeben hielten.

Aber weil das noch nicht genug des Guten wäre: Das Sahnehäubchen wird am Ende sogar noch mit Streuseln getoppt. (Wer sich das Tourneefinale in Thun ansehen wird, überspringt jetzt diesen Abschnitt). Die unschuldig Inhaftierte wird am Ende entlassen und vereint sich mit dem Wärter, der während ihres Gefängnisaufenthaltes ihr Herz erobern konnte. 

Das Gefängnis als Ort der Möglichkeiten

«Negatives verliert an Bedeutung, wenn ein Gegenpol Einzug hält.» So sagt es die Weisheit zu Beginn und die bewahrheitet sich zum Ende der Aufführung. Von vielen interessanten Denkanstössen bleibt vor allem einer: Das grösste Gefängnis ist man sich selbst.

Die Geburtstagstorte wird mit Nachdruck übergeben. (Bild: zvg)

Schritt für Schritt bewegen sich die Insassinnen aus ihrer eigentlichen Gefangenschaft heraus. Das Gefängnis wird zum Ort ihrer Möglichkeiten. Auf eindrückliche Art und Weise wird mit diesem Grundgedanken das Theater gespielt.  

Kreative Musik und schönes Schauspiel 

Die Aufführung wird nicht nur durch inspirierende Gedanken geschmückt, sondern auch von kreativen und einzigartigen Musikstücken geprägt. Soloeinlagen, Duette und Chorsätze fügen sich wunderbar mit tänzerischen Einlagen in das Schauspiel ein.  

Evelyne Aeschlimann, die Komponistin und Schreiberin des Stücks durfte ihr Werk bereits 2017 im luzernischen Kriens vorführen. Nun wurde es wiederbelebt, mit Schauspielerinnnen und Schauspielern, die im schweizerischen Musical- und Theaterkreis durchaus bekannt sind. Um einige Namen zu nennen: Christoph Wettstein (bekannt aus «Ewigi Liebi»), Michaela Gurten oder Franca Basoli standen auf der Bühne. 

Gekonnte Arbeit auch hinter der Kulisse 

Das circa 30 Quadratmeter grosse Bühnenbild, gefertigt von Jakob Schönenberger, beeindruckte mit seinem ungewöhnlichen 3D-Look. Gekonnt verführte das Bild die Zuschauer in die Gefängniswelt und schuf aus der einfachen Bühne eine riesige Räumlichkeit. 

Aeschlimann gelang es mitsamt ihrer Crew, die Zuschauerinnen und Zuschauer in eine Welt mitzunehmen, die auf den zweiten Blick gar nicht so fernab vom Leben ist, wie sie zuerst scheint. Mit nach Hause nimmt man nicht nur schöne Erinnerungen, sondern auch Gedankenanstösse. 

Mit über 200 Zuschauerinnen und Zuschauern erzielte die Aufführung am gestrigen Abend einen neuen Rekord. Diesen Sonntag kommt die Tournee in Thun zum Abschluss. 

Das gefeierte Ensemble. (Bild: zvg)
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