Illegale Kunstaktion eines Luzerners gegen Waffenexporte schlägt Wellen
Der Luzerner Roland Roos hat die Dunantspitze umbenannt – ein neues Schild macht auf die Entscheidung des Bundesrats aufmerksam, Waffenexporte in Bürgerkriegsländer zuzulassen. Eine illegale Aktion, die ihn einen Förderbeitrag der Stadt Zürich von 24’000 Franken kosten könnte.
Die Dunantspitze heisst wieder Ostspitze. So wie bis zum Jahr 2014. Und so zumindest liest man es auf dem Schild, welches auf dem Gipfel des Berges zu finden ist.
Angebracht hat das Schild der 44-jährige Luzerner Roland Roos. Es ist seine Antwort auf den Beschluss des Bundesrats im Juni, neu Waffenexporte in Bürgerkriegsregionen zuzulassen. Der Künstler, der in Zürich lebt und arbeitet, dachte sich dazu diese Protestaktion aus und hat nun die Konsequenzen zu tragen. Denn die Aktion war illegal. Mit dem Abmontieren der Dunant-Gedenktafel hat er juristisch gesehen eine Straftat begangen.
Roos, der ursprünglich aus Hitzkirch stammt, gewann den Jurypreis des Kunstmuseums Luzern 2010. Mit einem Stipendium von Pro Helvetia war er 2010 Artist in Residence in Warschau. 2011 wurde er von der Stadt Zürich mit dem Atelierstipendium in Genua ausgezeichnet, und im Jahr 2012 erhielt er einen Werkbeitrag vom Kanton Zürich. Er ist Manor-Kunstpreisträger des Kantons Luzern 2014. Im Jahre 2016 war er für den Swiss Art Award des Bundesamts für Kultur nominiert.
Er thematisiert mit seiner Kunst besonders Arbeitsprozesse im Kontext wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Systeme.
Kein Geld, keine Vernissage
Diese könnte ihn 24’000 Franken kosten. Zumindest vorläufig. Denn der für ihn vorgesehene Kulturförderbeitrag des Kantons Zürich wird nun bis auf Weiteres zurückbehalten. Die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP) hatte nach Bekanntwerden der Aktion veranlasst, dass dem Künstler die 24’000-Franken-Prämie vom Kanton vorerst nicht ausbezahlt wird.
Nach dieser Ankündigung fehlte Roland Roos an der Vernissage der kantonalen Werkschau 2018 in Zürich am 19. September, wo auch er ausgezeichnet geworden wäre. Er selbst sagt gegenüber zentralplus zur Zurückhaltung der Gelder: «Das interessiert mich momentan wenig.»
Waffen statt Humanität
Was ihn interessiert, ist, die Bevölkerung auf das Thema aufmerksam zu machen. «Die Aktion auf der Dunantspitze setzt beim Thema Arbeit an», erklärt er und fragt: «Ist es vertretbar, das Waffenexportgesetz zu ändern, um – gemäss Angaben der Industrie – lokale Arbeitsplätze zu sichern?» Die Brisanz liege darin, dass der Bundesratsentscheid im Widerspruch zur humanitären Tradition der Schweiz stehe.
Mit seinem Akt, die Tafel von dem Berg zu holen, habe er ein Symbol der humanitären Hilfe geschmälert. «Meine Aktion zielt darauf ab, klarzumachen, dass unsere beste Errungenschaft, die humanitäre Hilfe, durch die Anpassung des Waffenexportgesetzes bedroht ist», so Roos.
Relikt vergangener Zeit
Sechs Wochen Arbeit stecken hinter der Aktion. Einen ganzen Monat hat Roos für den Aufstieg auf 4’632 Meter über Fels und Eis trainiert, um das alte Schild abzuschrauben und das neue anzubringen. Wie lange es noch da sein wird oder ob es von der Gemeinde Zermatt bereits wieder entfernt worden ist, weiss Roos nicht. Doch was sicher ist: Die «geliehene» Dunanttafel gibt es noch bis Ende September in Zürich zu sehen.
Sie liegt unter Glas an der kantonalen Werkschau 2018. Roos bezeichnet sie gegenüber dem «Tagesanzeiger» als «Relikt vergangener Zeiten», als die Schweiz noch zu Recht stolz war auf ihre humanitäre Tradition. Denn das Schild verkündet, das Werk des Rotkreuz-Gründers Henri Dunant strahle bis heute. Es bringe Hoffnung auf Menschlichkeit, dort, wo die Not am grössten sei. Roos findet: «Nun sprechen dort, wo die Not am grössten ist, die Waffen. Schweizer Waffen.»