Gesucht: Eine halbe Million Franken in 44 Tagen
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«Jetzt geht es um die Wurst!» Daniel Lütolf, Leiter Crowdfunding bei der LUKB (ganz links), und Numa Bischof Ullmann, Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters (am Grill).
(Bild: ida)Jules Verne kam in 80 Tagen um die Welt, das Luzerner Sinfonieorchester will in 44 Tagen eine halbe Million Franken für seinen neuen Proberaum beschaffen. Möglich machen soll es ein Crowdfunding. Wird das Ziel nicht erreicht, droht ein Musiker damit, die Wohnungen von Luzernern für seine Proben in Beschlag zu nehmen.
«Jetzt geht es um die Wurst!», mit diesem Motto – und mit Grillzange bewaffnet – fand sich das Luzerner Sinfonieorchester am Dienstagnachmittag beim Inseli in Luzern zusammen. Die Musikanten griffen jedoch nicht zu Trompete, Querflöte und Co. – sondern standen vor der Kamera: Denn der erste Drehtag des Kampagnen-Films für das Crowdfunding-Projekt stand an.
Im Juni dieses Jahres soll der Spatenstich für das neue Probehaus des Luzerner Sinfonieorchesters im Südpol erfolgen (zentralplus berichtete). Die Finanzierung des Zehn-Millionen-Projekts befindet sich nun auf der Zielgeraden. Eine halbe Million Franken fehlt noch – und dieses Geld soll per Crowdfunding innerhalb von 44 Tagen zusammenkommen. Start ist der 1. Mai. «Das ist mit Abstand der Rekord im schweizerischen Kultur-Crowdfunding», meint Daniel Lütolf, Leiter Crowdfunding bei der Luzerner Kantonalbank.
Luzerner Sinfonieorchester im Wettlauf mit der Zeit
«Die Idee hinter dem Projekt ist nicht etwa die Aussage, dass das Luzerner Sinfonieorchester Geld braucht», stellt Stefan Schefer klar, der das Crowdfunding-Projekt betreut. «Es ist eine Wette des Luzerner Sinfonieorchesters gemeinsam mit der Luzerner Bevölkerung gegen die Zeit – und nicht etwa eine Wette vom Sinfonieorchester gegen die Luzerner.» Der Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters, Numa Bischof Ullmann, sei ein ehrgeiziger und zielstrebiger Mann, meint Schefer. Deshalb habe man ihm auch die Wette aufs Auge gedrückt.
Dass man die Luzerner vor Ort involvieren wolle und dies essenziell sei, bestätigt auch Daniel Lütolf. «Oftmals fehlt in der Kultur die Nähe zur Basis.» Und genau diese Nähe möchte das Luzerner Sinfonieorchester durch das Crowdfunding-Projekt erarbeiten. Vom Gedanken, dass solche Konzerte nur für Reiche und die Elite zugänglich seien, möchte man wegkommen. Neben dem Film soll auch ein Flashmob des Luzerner Sinfonieorchesters geplant werden, verrät Lütolf.
(Bild: ida)
Die Dramaturgie des Filmes
Hinter der Kamera und für das Steuern der Drohne sind Jonas Blaser und Nicolas Sigrist von «Gango Luege» verantwortlich. Die Dreharbeiten werden diese Woche noch abgeschlossen. «Ziel ist es, durch den Film die aktuell beengten Platzverhältnisse des Orchesters aufzeigen zu können», erklärt Daniel Lütolf. Und um dies ein wenig überspitzt darstellen zu können, stellt er gar seine eigene Wohnung zur Verfügung: Denn im ersten Teil des Filmes musiziert eine Gruppe des Orchesters im Badezimmer und im Wohnzimmer von Lütolf – bis eine genervte Nachbarin ihrem Ärger Luft macht und die Musikanten vertreibt.
Der Kult-Moderator Kurt Aeschbacher wird in einer zweiten Szene am Grill stehen und erläutern, dass dies ja kein Zustand sei für das Luzerner Sinfonieorchester und es nun eben um die Wurst ginge, um den Spatenstich für das neue Probehaus in Angriff zu nehmen.
Darauf folgt die dritte Szene, die diesen Dienstag im Inseli gedreht wurde. Rund 50 Leute des Luzerner Sinfonieorchesters stehen um den Grill, während Numa Bischof Ullmann den Spendenaufruf macht. «Wetten, dass wir es schaffen?», ruft er, während eine Drohne über seinem Kopf die Runde dreht.
Notwendigkeit des neuen «Zuhauses»
Dass das Orchester ein neues Zuhause braucht, ist schon länger klar: «Ein guter Proberaum muss den Klang tragen können. Und das ist so wichtig, wie ein Bäcker eine Backstube braucht», sagt Numa Bischof Ullmann, Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters. Wenn man etwas langfristig und qualitativ hochwertig erarbeiten wolle, so dürfe man die Mitarbeiter nicht vergessen.
Ein Publikum, das den Klängen des Orchesters lausche, vergesse vielfach, dass dieses Resultat auch hart erarbeitet werde. «Dazu brauchen die Musiker ein Atelier, das den Anforderungen gerecht wird.» Die akustischen Verhältnisse in den Proberäumen des KKLs seien nicht ausreichend. «Das Volumen eines Raumes ist nicht verhandelbar. Das ist Physik», so Bischof.
«Zu Beginn des neuen Projekts war schon klar, dass wir das breite Publikum involvieren möchten», sagt Bischof. Das neue Probehaus soll ein Teil vom öffentlichen Leben werden und auch beispielsweise für Chöre, Laienmusik und Brass Bands zugänglich sein, so Bischof. «Wir möchten die Luzerner auch stolz machen, dass wir das Ziel gemeinsam erreicht haben.»
(Bild: ida)
Alternative: Proben in Luzerner Stuben
Die Stimmung während des ersten Drehtages war sichtlich gelassen und unkompliziert. Die Musikanten lachten viel – sichtlich glücklich, dass das neue Probehaus langsam Gestalt annimmt und man sich auf der Zielgeraden befindet. Philipp Hutter, der im Luzerner Sinfonieorchester Trompete spielt, droht gar schon, wenn das Geld nicht zusammenkommt: «Sonst üben wir halt bei den Leuten, die nicht spenden möchten, zu Hause in der Stube», meint Hutter lachend. «Aber dann spielen wir nicht etwa ‹Die kleine Nachtigall›, sondern fungieren eher als Störfaktor», sagt er und zwinkert.
Weitere Einblicke in die Dreharbeiten erhalten Sie in der Bildergalerie:
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Die Drohne flog über die Köpfe des Orchesters.
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Hatte sichtlich Spass vor der Kamera: Numa Bischof Ullmann.
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Vertieft in ihre Arbeit: Jonas Blaser und Nadja von «Gango Luege».