Förderung von Luzerner Künstlerinnen und Künstler

Geld für Musik, Zeit für Träume

Einer der Gewinner: 20'000 Franken erhält das Lucerne Jazz Orchestra. (Bild: foto-graf.ch)

Jedes Jahr unterstützt die Wettbewerbskommission von Kanton und Stadt Luzern lokale Künstlerinnen und Künstler mit Werksbeiträgen. Insgesamt 260’000 Franken werden dieses Jahr an Künstler aus verschiedenen Bereichen ausbezahlt. Die Gewinner der Kategorie Musik sind seit Kurzem bekannt. zentral+ sprach mit drei Preisträgern über Geld, Träume und das harte Geschäft mit der Musik.

Neustadtmusik – «Wir wollen uns besser positionieren»

Beim Label Neustadtmusik, das verschiedene, junge Künstler vereinigt, dreht sich alles um elektronische Musik. Jetzt werden sie mit einem Werkbeitrag von 30’000 Franken gefördert. Label-Mitglied Till Grüter spricht über Träume, wirtschaftlichen Druck und was ihm diese Auszeichnung bedeutet.

zentral+: Wie haben Sie reagiert, als Sie von der Auszeichnung erfahren haben?

Till Grüter: Wir haben nicht damit gerechnet. Darum war es für uns eine riesige Überraschung. 

zentral+: Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Grüter: Diese Auszeichnung bedeutet uns sehr viel. Wir haben uns extrem gefreut. Es ist schön zu sehen, dass die elektronische Musik innerhalb der Kulturförderung Berücksichtigung findet. Für uns ist es ein Zeichen der Wertschätzung und Unterstützung. Es erlaubt uns, unserem Hobby und unserer grossen Leidenschaft ohne extremen wirtschaftlichen Druck nachzugehen. Die Auszeichnung ist eine Bestätigung und Motivation, um weiter zu schaffen und kreativ zu sein.

«Wir wollen neue Kombinationen von Künstlern ausprobieren und sie zusammen experimentieren lassen.»

zentral+: Wie investieren Sie das Preisgeld?

Grüter: Für 2014 ist eine Compilation, ein grösseres Werk, geplant. Eine grosse Bandbreite elektronischer Musik soll darauf vertreten sein. Wir wollen auch neue Kombinationen von Künstlern ausprobieren, sie zusammen experimentieren lassen, und somit den Austausch und die Kreativität fördern. Wir werden einen Teil des Preisgeldes auch für laufende Kosten investieren. Bisher haben wir alles privat bezahlt. So gesehen ist der Förderbeitrag eine finanzielle Entlastung für uns.

zentral+: Werden Sie die Auszeichnung mit Ihren Kollegen feiern?

Grüter: Ja, das werden wir bestimmt tun. Wir haben bereits eine Feier im kleinen Rahmen durchgeführt. Natürlich besteht auch am 9. November bei der Preisübergabe im Südpol die Möglichkeit zum Feiern. 

zentral+: Welche Träume hat Neustadtmusik?

Grüter: Wir sind ein Kollektiv von verschiedenen Leuten, die sich schon länger mit elektronischer Musik befassen. Uns alle verbindet die Liebe zu elektronischer Tanzmusik. Wir träumen davon, weiterhin Musik zu produzieren und zu veröffentlichen. Gleichzeitig möchten wir auch anderen Musikern die Möglichkeit geben, dass sie dies tun können. Wir möchten den Austausch sowie musikalische Experimente fördern. Unser Ziel ist also, die Künstler dieser Szene besser zu vernetzen, ihnen die Gelegenheit geben, dass sie gehört werden. Denn mittlerweile verfügt Luzern doch über viele Künstler im elektronischen Bereich. Da wollen wir uns besser positionieren.

«Die Gefahr besteht, dass man untergeht oder übersehen wird.»

Der Wettbewerb und die Gewinner 2013
Die Wettbewerbskommission von Kanton und Stadt Luzern hat in diesem Jahr Wettbewerbe in vier Sparten ausgeschrieben:
 
- Produktdesign
- Illustration
- Pop/Rock/Hip-Hop/Elektro
- Jazz/Improvisierte Musik
 
Es ist das erste Mal, dass nicht nur drei, sondern vier Sparten berücksichtigt wurden. Möglich war dies durch zusätzliche Mittel, die der Kanton Luzern von swisslos zugesprochen erhielt. Es werden Werkbeiträge in der Gesamthöhe von rund 260'000 Franken vergeben. Das sind rund 70'000 Franken mehr als üblich. Pro Sparte wurde eine dreiköpfige Fach-Jury eingesetzt. Die Preisverleihung findet am Samstag, 9. November im Südpol statt.
 
Werkbeiträge für Pop/Rock/Hip-Hop/Elektro 
Es gingen 30 Bewerbungen ein und die Jury hat sich für drei Werkbeiträge entschieden:
 
CHF 30'000: Neustadtmusik
CHF 20'000: Huck Finn
CHF 15'000: Tobi Gmür 
 
Werkbeiträge für Jazz/Improvisierte Musik
Es gingen 22 Bewerbungen ein und die Jury hat sich für vier Werkbeiträge entschieden:
 
CHF 20'000: Lucerne Jazz Orchestra
CHF 15'000: Stimmorchester
CHF 15'000: Marc Unternährer
CHF 15'000: Patrick Studer
 
Werkbeiträge für Produktdesign und für Illustration 
Die Teilnehmenden der zweiten Wettbewerbsrunde zeigen in der Kunstplattform akku Emmenbrücke ab Ende Oktober Originalarbeiten, anhand derer die Jurys die Werkbeiträge vergeben werden.
zentral+: Luzern fristet im Vergleich zu Zürich im Bereich Techno/Elektro immer noch ein Mauerblümchen-Dasein. Wird sich das künftig ändern?

Grüter: Ich glaube nicht, dass wir das plötzlich ändern können. Da spielt vermutlich auch die Grösse der Stadt Zürich eine Rolle. Ich finde, dass man sich auch nicht unbedingt vergleichen muss. Wir wollen nicht zwangsweise wachsen, sondern vor allem das tun, was uns Freude macht.

zentral+: Was ist die grösste Herausforderung, um mit diesem Musikstil Erfolg zu haben?

Grüter: Im Moment spriessen extrem viele neue Projekte aus dem Boden. Es ist auch im internationalen Markt eine Übersättigung da. Dadurch besteht die Gefahr, dass man untergeht oder übersehen wird. Für uns steht jedoch nicht das Geld im Vordergrund. Meiner Meinung nach ist man vor allem dann erfolgreich, wenn das Publikum spürt, dass man seine Freude und viel Leidenschaft in die Musik investiert. Das ist für mich das Erfolgsrezept.

zentral+: Welche Wünsche haben Sie im Bereich Techno/Elektro?

Grüter: Ich wünsche mir, dass wir mit unserem Label weiterhin so gut zusammen arbeiten. Wir haben einen sehr gute Zusammenarbeit. Das macht es extrem wertvoll. Ich hoffe, dass wir diese positive Ausstrahlung behalten werden. Ausserdem ist es ein grosser Wunsch von mir, dass wir auch in Zukunft viel interessante und gehaltvolle Musik veröffentlichen können.

Huck Finn – «Wir sind sehr stolz auf unsere Entwicklung»

Die Luzerner Elektro-Pop-Band Huck Finn wird von der Kulturförderung mit 20’000 Franken ausgezeichnet. Gitarrist Berry erzählt von seiner Sprachlosigkeit, als er von der Auszeichnung erfuhr.

zentral+: Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Gitarrist Berry: Uns bedeutet diese Auszeichnung sehr viel. Es ist eine grosse Anerkennung und Genugtuung. Ich finde es sehr schön, dass die Jury der Meinung ist, dass unsere Musik fördernswert ist. Es ist die grösste Auszeichnung, die wir je bekommen haben. Wir schätzen das sehr.

zentral+: Sind Sie überrascht?

«Ich bin eigentlich nicht auf den Mund gefallen, doch da war ich sprachlos.»

Berry: Ich mag mich gut an den Moment erinnern, wo mich die Kulturförderung Luzern angerufen hat. Ich bin eigentlich nicht auf den Mund gefallen, doch da war ich sprachlos und echt überrascht. Ich habe einen Moment gebraucht, um zu realisieren, was das bedeutet. Andererseits haben wir natürlich gehofft, dass wir einen Werkbeitrag erhalten werden. Denn wir sind überzeugt von dem, was wir machen. Wir sind sehr stolz auf unsere Entwicklung.

zentral+: Wie investieren Sie das Preisgeld?

Berry: Wir haben noch keinen Businessplan gemacht. Das Musikbusiness ist grundsätzlich eine sehr kostspielige Sache. Wenn man online wahrgenommen werden will, benötigt man Videos, und für die Pressearbeit und Blogs braucht man professionelle Bilder. Da wir heuer eine Ep und nächstes Jahr ein Album veröffentlichen werden, werden wir einen grossen Teil des Geldes in die Produktion investieren. Und natürlich werden wir auch unseren neuen Produzenten Claud bezahlen müssen. Das Geld wird wohl schnell aufgebraucht sein.

zentral+: Werden Sie diese Auszeichnung noch mit Ihren Kollegen feiern?

Berry: Ja, das sollten wir unbedingt noch machen. Als wir davon erfahren haben, haben wir mit Freunden am Abend in unserer Lieblingsbar in Luzern kurz darauf angestossen. Aber richtig gefeiert wird dann am 9. November an der Preisverleihung.

zentral+: Was will Huck Finn als Band erreichen?

Berry: Möglichst viel! Ich sage immer, dass ich spüren möchte, dass wir weiter kommen. Wir möchten auch im Ausland wahrgenommen werden. Wir hoffen und sind überzeugt, dass zusammen mit unserem Produzenten etwas Zeitgemässes und Spannendes entstehen wird.

«Wir müssen lernen, mehr loszulassen, schneller vorwärts zu gehen und den Moment zu nutzen.»

zentral+: Was ist die grösste Herausforderung als Band?

Berry: Wir müssen an der Effizienz arbeiten. Schon fürs erste Album haben wir sehr lange gebraucht. Wir haben hohe Qualitätsansprüche, sind Perfektionisten. Doch wir müssen auch lernen, mehr loszulassen, schneller vorwärts zu gehen und den Moment zu nutzen. 

zentral+: Wann erscheint das nächste Album?

Berry: Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Es ist ein sehr kreativer Prozess und wir möchten keinen Schnellschuss machen. Man kann nicht immer genau planen, wie alles läuft. Ich gehe davon aus, dass das Album im ersten Halbjahr 2014 erscheinen wird.

zentral+: Welche Auftritte sind geplant?

Berry: Im Moment sind keine Konzerte geplant. Wir investieren viel Zeit in die neuen Songs und wollen auch die Live-Umsetzung seriös angehen.

zentral+: Was ist Huck Finn als Band wichtig?

Berry: Für uns hat die Freude an der Musik Priorität. Wir legen Wert darauf, dass wir uns künstlerisch weiter entwickeln. Auch die Freundschaft ist uns sehr wichtig. Wir haben einen sehr guten Draht zueinander, auch ausserhalb der Musik.

Lucerne Jazz Orchestra – «Wir versuchen, regelmässig neues Terrain zu betreten»

Bereits zum zweiten Mal wurde dem Lucerne Jazz Orchestra ein Werkbeitrag zugesprochen – 20’000 Franken gab’s dieses Jahr. Der musikalische Leiter David Grottschreiber verrät, auf welches Grossprojekt man sich momentan vorbereitet.

zentral+: Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

David Grottschreiber: Dass der Werkbeitrag dem Lucerne Jazz Orchestra nun schon zum zweiten Male zugesprochen wurde, freut uns natürlich enorm. Einerseits bestätigt es die Qualität unserer kontinuierlichen Arbeit. Andererseits erleichtert es unsere finanzielle Situation, die bei regelmässigen Konzerten und Projekten mit jeweils an die 20 Personen immer recht schwierig ist.

zentral+: Wie wird man das Preisgeld investieren?

Grottschreiber: In erster Linie legen wir es vorerst als finanzielles Polster für Engpässe zurückg. Es stehen einige Projekte an, bei denen wir auf Finanzspritzen angewiesen sind. Dafür bilden die Rücklagen eine gute Grundlage.

«Mit rund 120 Mitwirkenden führen wir ein Requiem für Bigband und Jazzorchester auf.»

zentral+: Welches ist das nächste Projekt?

Grottschreiber: Derzeit bereiten wir uns auf ein einzigartiges Grossprojekt vor: zusammen mit zwei Chören und insgesamt rund 120 Mitwirkenden führen wir ein Requiem für Bigband und Jazzorchester auf. Das Konzert findet am 2. November in der Lukaskirche in Luzern statt. Ansonsten umfasst unsere regelmässige Konzerttätigkeit sechs Saisonkonzerte in Luzern, sowie einige Konzerte auswärts.

zentral+: Auf was legt das Lucerne Jazz Orchestra Wert?

Grottschreiber: Das Lucerne Jazz Orchestra existiert seit über sechs Jahren in grösstenteils konstanter Besetzung. Auf der einen Seite liegt das an der musikalischen Ausrichtung: wir versuchen regelmässig neues Terrain zu betreten, sowohl musikalisch, als auch sonst. Das fordert uns als Musiker oftmals enorm heraus, eröffnet uns damit aber auch neue Horizonte und ist somit für alle spannend. Würden wir auf ausgetretenen Pfaden wandeln, wären die wenigsten so konstant dabei. Gleichzeitig wächst man über die Jahre aber nicht nur musikalisch, sondern auch persönlich zusammen. Diese langjährige Bandarbeit ist im Jazz eher selten der Fall. 

zentral+: Was ist Ihnen als musikalischer Leiter wichtig?

Grottschreiber: Mir ist es wichtig, dass sich die Musikerinnen und Musiker einbringen können, sei es als Solist, Arrangeur oder Komponist. Auch wenn es in so einer Grossformation um den Gesamtklang geht, besteht das Lucerne Jazz Orchestra aus Individuen, die auch als solche zum Ausdruck kommen sollen. Für die musikalische Gestaltung ist es mir in diesem Sinne auch wichtig, dass die Band sich nur an Projekten beteiligt, die grundsätzlich unserer musikalischen Haltung entsprechen. Wir laden auch immer wieder Kollegen als Gäste ein, aber nur dann, wenn es musikalisch passt. Jeder Einzelne von uns investiert viel Zeit und Energie. Darum ist es wichtig, dass man sich auch inhaltlich damit identifizieren kann.

«Leitfiguren als Inspiration existieren heute kaum noch.»

zentral+: Welche Veränderungen stellen Sie im Bereich Jazz fest?

Grottschreiber: Die alten Heroes der Jazzgeschichte haben zu einem Grossteil das Zeitliche gesegnet, oder sind nicht mehr aktiv, so dass derartige wichtige Leitfiguren als Inspiration kaum noch existieren. Dagegen gibt es heutzutage eigentlich ein Überangebot an gut ausgebildeten Jazzmusikern. Es ist erfreulich, dass dies heute möglich ist, wenn auch die Auftrittsmöglichkeiten sehr rar sind. Den Vorwurf, dass sich die heutige Musikergeneration grundsätzlich zurücklehnen würde, sehe ich jedoch nicht bestätigt. Viele junge Musiker sind unglaublich engagiert und kreativ. Sie sind mit Herzblut dabei, sich mit den heutigen Gegebenheiten als Musiker zurechtzufinden.

zentral+: Welche Ziele will das Lucerne Jazz Orchestra erreichen?

Grottschreiber: Wünschenswert wäre es, wenn sich ein breiteres Publikum den moderneren Musikformen öffnen würde. Viele stellen beim ersten Konzertbesuch fest, dass unsere Musik unerwartet spannend und mitreissend sein kann, auch ohne dass man mit dieser Musik bewandert ist. Ansonsten ist es unsere grösste Freude, möglichst viel zu spielen, im In- und Ausland, am liebsten mit unserer eigenen Musik.

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