Provisionszahlungen für Luzerner Salle Modulable

Fliessen 34,5 Millionen Franken nach England?

Erhält das Londoner Unternehmen «Harbour Litigation Fund» 34,5 Millionen Franken für den Gerichtserfolg auf den Bermudas? (Bild: Copyright by AURA)

Den Prozess auf den Bermudas hat die Stiftung Salle Modulable vorerst gewonnen. Doch dieser Sieg wird seinen Preis haben, wenn er denn rechtsgültig wird: Wie Recherchen von zentral+ zeigen, dürften von den zugesprochenen 114,5 Millionen Franken bis 30 Prozent an den Prozessfinanzierer gehen, denn für das Rechtsverfahren beauftragte die Stiftung einen Fund. So entstehen dem Kläger im Fall einer Niederlage zwar keine Kosten, im Erfolgsfall aber wird der Erlös aufgeteilt. Für den Bau des neuen Theaters würden – je nach Beteiligung – nur noch 80 Millionen Franken übrig bleiben.

Das Modell «Litigation Funding» – zu Deutsch Prozessfinanzierung – ist ein neues, aber mittlerweile weit verbreitetes Anlagemodell. Prozesse stellen für viele Institutionen ein hohes Risiko dar und sprengen oft die Budgets der Kläger. Mit einer Finanzierung durch Dritte können viele Risiken beseitigt werden und gezahlt wird nur, wenn der Prozess gewonnen wird. Gängig ist in solchen Fällen eine Beteiligung von 30 Prozent der Streitsumme. Im Falle der Salle Modulable wären das 34,5 Millionen Franken (Streitsumme: 114,5 Millionen Franken). Für den Bau eines neuen Theaters würden so also nur noch 80 Millionen Franken übrig bleiben. Doch es geht längst nicht mehr um den Bau «der» Salle Modulable, sondern um ein neues Luzerner Theater. Dieses wird so oder so gebaut, wie zentral+ berichtete. Daher würde ein Erfolg vor Gericht trotz der hohen Beteiligung ein Erfolg bleiben. Kurz: Das neue Theater wird gebaut – mit oder ohne die 80 Millionen. 

«Eine ethisch saubere Lösung»

Die Luzerner Kultur schreitet in grossen Schritten voran. Erst der positive Gerichtsentscheid aus den Bermudas, dann die vom Kanton und Stadt gemeinsam präsentierte Kulturstrategie. Da könnte die Meldung, dass nun ungefähr 34,5 Millionen Franken an den «Harbour Litigation Fund» fliessen, für einen Stimmungseinbruch sorgen. Geht es nach Nicolas Egger, CEO der Firma «NEAM» und selbstständiger Makler, haben die Verantwortlichen der Salle Modulable mit dem Engagement von «Harbour Litigation Fund» aber genau richtig gehandelt: «Ich begrüsse die Entscheidung der Stiftung Salle Modulable, sich auf diese Weise zum Recht zu verhelfen. Niemand sollte sich Harbour als Gegner aussuchen.»

Zudem sei «Litigation Funding» eine ethisch saubere Lösung, um zu seinem Recht zu gelangen. Weniger Fälle kommen vor Gericht, weil nur die Aussichtsreichsten finanziert werden. «Weil das Ganze auf Erfolgsbasis betrieben wird, müssen diverse Kriterien erfüllt sein, damit ein Prozessfinanzierer einen Fall übernimmt: Eine hohe Wahrscheinlichkeit des Erfolgs, eine schnelle, aussergerichtliche Einigung (Maximum 18 Monate) und ein kapitalkräftiger Gegner, der auch wirklich zahlen kann», erklärt Egger.

Gezahlt wird nur bei Erfolg

«Der Kläger muss nur im Erfolgsfall die Beteiligung ausschütten und bekommt nach Abzug der Spesen mehr, als er vor dem Prozessbeginn hatte», erklärt Egger. Im Fall der 114,5 Millionen Franken die im Butterfield-Trust verblieben sind, hätte die Stiftung nun trotz der Erfolgsbeteiligung von 34,5 Millionen Franken an Harbour 80 Millionen Franken mehr als vor dem Prozess. «Somit ist es eine Win-Win-Lösung für beide. 30 Prozent Erfolgsbeteiligung sind ein verhandelbarer Durchschnittswert, es kann mehr oder weniger sein.»

Gegenüber von zentral+ wollte der Mediensprecher der Stiftung Salle Modulable, Andreas Hildenbrand, die Erfolgsbeteiligung von 30 Prozent nicht bestätigen: «Die Abmachungen zwischen der Stiftung Salle Modulabe und Harbour Litigation Funding unterliegen der Vertraulichkeit. Ich kann deshalb dazu keine Angaben machen.» Man könne aber davon ausgehen, dass Stadt und Kanton der Öffentlichkeit alle notwendigen Informationen zur Finanzierung des Projekts zur Verfügung stellen werden.

Die Beteiligung von «Harbour Litigation Funding» ist für die Stiftung Salle Modulable auf jeden Fall auszuzahlen und kann auch nicht von der Gegenseite als Schadenersatzsumme eingefordert werden, wie Hildenbrand gegenüber zentral+ bestätigt: «Der Richter hat festgehalten, dass die Erfolgsbeteiligung von Harbour Litigation Funding nicht als Schaden geltend gemacht und damit auch nicht von der unterliegenden Gegenpartei zurückgefordert werden kann. Bezüglich der Kosten der Prozessführung gehen wir aber davon aus, dass diese vom Butterfield Trust übernommen werden müssen.»

«Harbour Litigation Funding» gehören zu den Erfolgreichsten

Mit der Wahl von «Harbour Litigation Funding» traf die Stiftung Salle Modulable laut Egger eine gute Wahl: «Es ist der erste, grösste und zugleich erfolgreichste Prozessfinanzierer in England.» Die Fälle würden vorgängig von mehreren Experten geprüft und ein Prozess nur bei hohen Erfolgsaussichten unterstützt. Nur gerade fünf Prozent von allen überprüften Fällen würden schlussendlich finanziert. Ist dies der Fall, hat der Kläger gute Karten, den Prozess zu gewinnen, sagt Egger: «Prozessfinanzierer haben die besten Anwälte und überlassen nichts dem Zufall.»

Zudem besteht für die prozessführende Partei die Möglichkeit, in England eine «After The Event»-Versicherungsdeckung zu beantragen. Diese deckt laut Egger im Fall einer Niederlage die Entschädigungssumme, welche an den Gegner zu entrichten ist. «Die meisten Prozessfinanzierer sichern sich so ab, weil die unabhängige Beurteilung des Falles durch die neutrale Versicherung und eventuelle Deckungszusage ein weiteres Argument für die Prozessführung sind», führt Egger aus.

Nachverhandlungen im Mai

Doch noch sind die 114,5 Millionen nicht definitiv der Stiftung zugesprochen. Der Richter Ian Kawaley von den Bermudas hat in seinem Urteil klargestellt, dass die Salle Modulable Foundation den Anspruch darauf bisher nicht geltend machen kann. Er verlangt von ihr eine Machbarkeitsstudie, die belegen soll, dass die Salle Modulable auch wie geplant umgesetzt werden, dass ihr Betrieb finanziert werden kann sowie dass alle notwendigen politischen Genehmigungen dafür vorliegen. Wie dieser Machbarkeitsnachweis im Detail aussehen soll und in welcher Frist er zu erstellen ist, wird Teil der Nachverhandlungen im Mai sein. Erst dann wird sich der Butterfield-Trust entscheiden, ob er das Urteil anfechten wird oder nicht, wie der Sprecher Sacha Wigdorovits gegenüber von zentral+ bestätigt.

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