Riesige Freilichtproduktion mitten in der Stadt

Eine Offenheit, die man von Luzern so nicht erwartet hätte

Christoph Risi, Thomas Schulte-Michels und Bendedikt von Peter (v.l.n.r.).

(Bild: Ingo Hoehn)

Trotz zahlreichen Hindernissen, einem hohen Budget und Abraten von allen Seiten haben sich zwei grosse Player in Luzern zusammengetan. Über 10’000 Zuschauer werden beim Theater mitten auf dem Jesuitenplatz erwartet. Dass der Standort überhaupt möglich wurde, überrascht viele.

Im Sommer 2018 wird auf dem Jesuitenplatz das Freilichtspektakel «Jedermann» aufgeführt. Die Zusammenarbeit von den Freilichtspielen auf Tribschen und dem Luzerner Theater soll eine ganz schöne Kiste werden (zentralplus berichtete).

«Es wird teuer», gibt der Intendant des Luzerner Theaters, Benedikt von Peter, zu. Man sei noch am Rechnen, doch das Budget werde sich im Rahmen einer Freilichtproduktion auf Tribschen und damit im Rahmen von zwei Stadttheater-Produktionen bewegen. Dafür sollen in 21 Vorstellungen 11’340 Zuschauer auf der ungedeckten Tribüne Platz finden. Fünf Wochen lang wird aber auch das Luzerner Theater als Notfall-Spielort zur Verfügung stehen. Sollte das Wetter die Aufführung wirklich nicht zulassen, wird im Haus gespielt. Die Spielzeit des Luzerner Theaters wird sich damit in den Sommer hinein verlängern.

Kampf um den Spielort

Geplant wird bereits seit Mai 2016. Und das nicht von ungefähr. «Der Anfang war harzig», so Christoph Risi von den Freilichstpielen. «Alle haben uns vom Jesuitenplatz abgeraten», und ein halbes Dutzend Alternativen habe man prüfen müssen, ergänzt von Peter.

«Wir haben mit den Marktfahrern verhandelt, mit dem Landschaftsschutzverband, mit der Pro Velo … es war nicht einfach.»
Benedikt von Peter, Intendant Luzerner Theater

Doch die beiden Köpfe hinter der Produktion wollten den Platz mitten in der Stadt Luzern nicht aufgeben. Trotz der Aussicht auf Absperrungen, auf Diskussionen mit der halben Stadt und der Überschneidung der Vorstellungen mit der Fussball-Weltmeisterschaft liessen sie sich nicht entmutigen.

«Die Kirche gehört dem Kanton, der Platz der Stadt, das Wasser wieder dem Kanton», erklärt von Peter. Doch nicht nur die Behörden, auch zahlreiche Organisationen und Institutionen, welche den Platz regelmässig nutzen, sind betroffen. «Wir haben mit den Marktfahrern verhandelt, mit dem Landschaftsschutzverband, mit der Pro Velo … es war nicht einfach.»

Freude bei der Stadt

Doch mittlerweile seien die Zweifel einer grossen Begeisterung gewichen. Besonders die Stadt Luzern stehe mit Elan hinter dem Projekt. «Luzern ist nicht nur musikalisch gesehen eine Kulturstadt, sondern definitiv auch im Theater», so von Peter.

Auch der Regisseur, Thomas Schulte-Michels, der nun feststeht, betont, er habe die städtische Mitarbeit nicht so kooperativ erwartet. Die Stadt Luzern zeige mit der Offenheit für ein solches Projekt ein ganz anderes Gesicht, betont der seit 1993 in Basel wohnhafte Schulte-Michels. «Dass so etwas in der Bucherer-Stadt stattfinden kann, hat mich überrascht.»

Der international tätige Regisseur und das Luzerner Theater sind von Benedikt von Peters rechter Hand, Brigitte Heusinger, verkuppelt worden. Er habe vorher wenig Begeisterung für das Stück und eine sehr zwiespältige Meinung von von Peter gehabt, gibt Schulte-Michels schalkhaft zu. «Doch der biochemische erste Eindruck hat gestimmt und diesen Schwung werden wir jetzt mitnehmen.»

Als überzeugter Agnostiker habe er nicht damit gerechnet, auf seine späten Tage hin noch vor der Jesuitenkirche zu landen, so Schulte-Michels, der neben der Inszenierung auch die Stückfassung übernehmen wird. Und dabei soll es ausdrücklich das Stück «Ein Luzerner Jedermann» werden. Ein junger «Jedermann» mit dem Fokus auf den Teufel und die grosse Frage «Was bleibt zum Schluss?». (siehe Box)

Das Stück

Hoffmansthals bekannte Tragödie «Jedermann» folgt dem Vorbild der spätmittelalterlichen Mysterienspiele. Sie wurde 1911 in Berlin uraufgeführt.

Die Geschichte: Der reiche und kaltherzige «Jedermann» wird unerwartet während eines Festes mit dem personifizierten Tod konfrontiert, welcher ihn vor den Schöpfer bringen will, wo Jedermann Rechenschaft ablegen soll. Jedermann aber bittet um eine kurze Frist, damit er nicht allein vor Gott treten muss. Der Tod gewährt ihm die Frist von einer Stunde. Jedermann findet jedoch keinen, der bereit ist, mitzugehen. Erst die Werke und der Glaube weisen ihn auf die Barmherzigkeit Gottes hin und raten ihm, die Gnade zu erbitten. So geht er schliesslich reumütig in Gottes Reich ein und ist dem Teufel entronnen.

Keine Klassengesellschaft

Das Team soll der Star der Produktion werden. «Es gibt einen Cast und keine Dreiklassen-Gesellschaft aus eingeflogenen Stars, Ensembleprofis und Laien-Statisten. Es soll eine Zusammenarbeit werden», betont von Peter und Schulte-Michels ergänzt, er habe sich erst vor Kurzem Laienproduktionen in der Zentralschweiz angeschaut und sei beeindruckt. «Profis, nehmt euch in Acht, kann ich da nur sagen.»

«Es wird auch nicht nur auf, sondern auch hinter der Bühne eine Mischung von Laien und Profis geben», betont Risi. Das führe zwar zu vielen und intensiven Diskussionen, sei aber ein zentraler Punkt der Zusammenarbeit.

Und nicht nur Profis und Laien sollen in dieser Produktion zusammenkommen. «Die Produktion soll Stadt und Land, Mundart und Hochsprache, Jung und Alt und auch Musik, Theater und Zirkus verbinden», so von Peter.

Das Stück stellt nicht nur für das Luzerner Theater, sondern auch für die Freilichtspiele eine Ausnahme dar – eine zusätzliche Produktion neben den Vögeln im kommenden Sommer, bei welcher viele Laien aus der Region auf der Bühne stehen werden. Im kommenden Herbst werden für diese mehr Infos folgen.

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