Debütroman von Markus A. Sutter

Ein Zuger Autor auf der Suche nach Erinnerungen

«Vorspiele» ist der Debütroman des Zuger Autors Markus A. Sutter.

Der erste Roman des Zuger Autors Markus A. Sutter ist im April erschienen. «Vorspiele» thematisiert die zuweilen komplizierte Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit. Eine bildhafte Sprache und eine detailreiche Erzählweise prägen den lesenswerten Debütroman.

Burger, Protagonist in Sutters Roman, erfährt vom Tod seiner Jugendliebe und macht sich daraufhin im Nachtzug auf den Weg nach Apulien, wo die Bestattungsfeier stattfinden soll. Die Fahrt nach Süditalien entpuppt sich auch als Reise in die Vergangenheit, je näher Burger seinem Reiseziel rückt, desto mehr erfährt der Leser über ihn und die verstorbene Marina. In einem Notizbuch, auf dessen erster Seite «Adieu» geschrieben steht, findet Burger seine lückenhaften Aufzeichnungen.

«Adieu»

Es beginnt mit der ersten Trennung von Marina, als die beiden ihr Dorf verlassen – sie, um auf einer Weltreise mehr über ferne Tänze zu lernen, er, um sich seiner Musik intensiver zu widmen. Denn die Musik ist Burgers Leidenschaft, nur ist sie im Dorf seiner Kindheit verstummt, wie er selbst sagt. Besonders eine vergessene Melodie aus Kindertagen beschäftigt ihn während vieler Jahre. Auf der Suche nach ihr, begibt er sich auch auf die Suche nach sich selbst, gerät aber immer wieder ins Wanken, verliert sich selbst und zuweilen auch seine Sprache.

In verschiedenen Stationen – welche jeweils durch verschiedene Unterkünfte gekennzeichnet sind – wird nun bruchstückhaft Burgers Vergangenheit thematisiert. Er besucht in seinen Erinnerungen Ort für Ort die Stationen seiner Jugend und Studienzeit. Dabei blitzen aber auch immer wieder Szenen aus der gemeinsamen Kindheit mit Marina auf sowie Momente von der Zugfahrt.

Diese nicht chronologische Erzählweise verkompliziert die Lektüre zwar und kann zuweilen auch die Spannung etwas unterbrechen, doch genau das trägt zu einem interessanten Lese-Erlebnis bei. Burger erinnert sich an manches nur ungenau, sucht nach Bildern, Tönen, Details, sodass es sich anfühlt wie ein Kampf ums Erinnern. Anderes vermag er in kleinsten Details zu beschreiben, als hätte er die betreffende Begebenheit gerade erst erlebt. Besonders andere Figuren des Romans werden derart lebendig beschrieben und vorgestellt, dass man als Leser das Gefühl erhält, man würde sie persönlich kennen. Auch Szenen werden mit einer enorm bildhaften und verdichteten Sprache dargestellt, sodass der Eindruck entsteht, man erlebe alles selber mit.

Verdichtete Sprache

Dass Sutter an seinem Debütroman «Vorspiele» lange und intensiv gearbeitet hat, wird schnell deutlich. Jede Szene, jede Figur ist minutiös herausgearbeitet, wird sprachlich derart präzise beschrieben, als ob man sie mit eigenen Augen sehen könnte. Zuweilen kann dies die Lektüre auch etwas schwierig gestalten, manchmal muss man innehalten, um das eben Gelesene zu verarbeiten, ehe man weiterlesen kann. Durch einen einzigen Satz entstehen teilweise mehrere Bilder. Dies verschafft einem aber zweifellos ein aussergewöhnliches Lese-Erlebnis, lässt einen in die Welt der Figuren eintauchen.

Man erkennt zweifelsohne, dass der Autor ein enormes Gespür für die Sprache besitzt und eine gute Beobachtungsgabe, die er auch sprachlich umsetzen kann. Sutter setzt ein abwechslungsreiches Vokabular ein und spielt mit der Sprache, sogar im Titel. Wofür steht «Vorspiele» denn eigentlich? Dafür gibt es verschiedene Interpretationsansätze, die sich im Laufe der Lektüre herauskristallisieren. Steht das Wort für ein musikalisches Vorspiel oder doch eher für ein sexuelles? Oder gar für ein metaphorisches? Oder für alle drei? Das muss der Leser wohl selber herausfinden.

Sprache, Kunst und Musik

Die Sprache, oder vielmehr der Sprachverlust, taucht zusätzlich als zentrales Thema im Buch auf. Was passiert, wenn wir nicht mehr mit unseren Mitmenschen kommunizieren können, weil wir der Sprache nicht mehr mächtig sind? Was geschieht, wenn es uns nicht mehr gelingt, unsere Gedanken sprachlich festzuhalten? Und wie finden wir die Sprache wieder?

Andere wichtige Themen sind die Kunst im Allgemeinen und die Musik, die Burger auf allen Lebensabschnitten begleitet. Dies hat er im Übrigen mit dem Autor gemeinsam, der Musik studiert hat und daher das musikalische Wissen in das Werk einbringen kann. Die Musik schafft unter anderem immer wieder die Verbindung zwischen verschiedenen Stationen von Burgers Leben und begleitet die Leserin so durchs ganze Buch.

Fazit: zwar keine einfache, aber dafür sehr interessante Lektüre. Der Autor schafft es, durch die detaillierte Beschreibung Bilder hervorzurufen, Figuren realistisch darzustellen und einen das Erzählte miterleben zu lassen. Die Hintergrundinformationen, die Markus A. Sutter aus seiner eigenen Lebensgeschichte mitbringt, verleihen dem Werk zusätzliche Tiefe und einen autobiografischen Zug.

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