Erste Zuger Filmtage

Ein Schrei nach Anerkennung

Licht, Kamera, Action! – für die ersten Zuger Filmtage. (Bild: Fotolia / Montage pbu)

Ab Freitag findet die Erstausgabe der Zuger Filmtage statt. Junge Nachwuchsfilmer stellen sich dem Wettbewerb und kämpfen um die «Goldene Kirsche». Mit dabei ist aber auch die gesamte Zuger Filmelite, welche vorab schon mal erzählt, wieso Zug dieses Festival überhaupt braucht – und weshalb man sich vor Zürich nicht verstecken muss.

Die Erstausgabe der Zuger Filmtage steht in den Startlöchern. Ein Festival für junge Nachwuchsfilmer, für das Kulturgut Film und für all jene, die etwas anderes suchen, abseits des Mainstreams, der landauf, landab die grossen Säle füllt. «In einer Gesellschaft, in der einerseits eine schleichende Vereinsamung der Menschen und andererseits massive Sparmassnahmen im kulturellen Angebot festzustellen sind, da kommt jedes Festival recht», sagt Remo Hegglin, der sich vor allem als Dokumentar- und Autorenfilmer einen Namen gemacht hat. Er ist sich sicher: Die Zuger Filmtage sind ein Gewinn für die Stadt. Denn sie bieten die Möglichkeit, Kino in seiner Reinform zu zelebrieren.

Jagd auf die Goldene Kirsche

Drei Tage lang steht Zug ganz im Zeichen der siebten Kunst. Vom 23. bis 25. Oktober 2015 finden erstmals die Zuger Filmtage statt. Ein prämierter Film macht dabei den Auftakt: Das Kino Seehof zeigt am Freitagabend «Amateur Teens», an welchem der Zuger Patrick Tönz mitgeschrieben hat und welcher vor Kurzem am Zurich Film Festival mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde.

Am Samstag finden Workshops zu verschiedenen Aspekten des Filmemachens statt. Schauspielern wird geübt, Drehbücher werden geschrieben und Stunts vollführt. Eine Art Berufsschau rund um die Kunst der bewegten Bilder. Am Abend stehen dann die Profis im Fokus: Bekannte Zuger Filmemacher zeigen im Kino Gotthard ihre Kurzfilme und diskutieren anschliessend darüber. Moderiert werden die Gespräche vom Zuger Filmkritiker Oswald Iten.

Der eigentliche Wettbewerbstag findet am Sonntag statt. In der Chollerhalle werden 13 Kurzfilme von Jugendlichen bis 21 Jahren durch eine Fachjury beurteilt. Den Gewinnern winkt die Goldene Kirsche. Zudem wird ein Publikumspreis verliehen.

Das sei nötig, sagt Hegglin. Gerade wenn man beobachte, wie Filme heute konsumiert würden. «Filme sind jederzeit verfügbar, zu Hause am Computer oder unterwegs auf dem Mobiltelefon.» Es geht ihm um Entschleunigung, um den kulturellen Wert, um das Gemeinsame. Remo Hegglin formuliert es so: «Wenn das Saallicht runterfährt, fängt das Abenteuer an. Kino ist ein Gemeinschaftserlebnis. Es geht um Emotionen. Augen werden geöffnet, Denken setzt ein, Gespräche finden statt, Kritik kann geübt werden.» Und das Gute sei, dass all das im realen Leben stattfinde – nicht über soziale Medien.

Nachwuchs im Fokus

In Zug entsteht kein gewöhnliches Filmfestival, wie man es aus Zürich oder Solothurn kennt. «Wir wollen damit die Filmszene in Zug beleben», sagt Festivalleiter Raphael Willi. «Wir wollen junge Filmschaffende unterstützen und einen Austausch kreieren», fügt er an. Die pädagogische Komponente stehe eindeutig im Fokus (siehe Box).

Auch beim Kernstück des Festivals spielt die Jugend die Hauptrolle. «13 Kurzfilme von Jugendlichen werden durch eine Fachjury beurteilt und gekürt», erklärt Willi. Mehr als doppelt so viele Filme seien eingereicht worden. «Die grosse Nachfrage freut uns sehr, auch wenn wir eine Grosszahl der Werke für den Wettbewerb leider nicht berücksichtigen können.» Zug sei vielleicht noch keine Filmstadt, merkt Willi an, aber das Potenzial dazu sei auf jeden Fall vorhanden.

Für den Film, für die Kultur

Mit Erich Langjahr, Remo Hegglin, Michael Werder, Antshi von Moos und Frederic Siegel konnte das «Who is Who» der Zuger Filmemacher für das Festival gewonnen werden. Ihnen ist eigens ein Themenblock gewidmet, an dem sie ihre Kurzfilme zeigen und anschliessend darüber diskutieren. «Wir alle konsumieren Filme, aber die wenigsten von uns wurden auch nur ansatzweise für einen adäquaten Umgang mit diesem Medium geschult und sensibilisiert», sagt Remo Hegglin. Die Zuger Filmtage würden die Möglichkeit bieten, diese Lücke ein klein wenig zu füllen – mit Workshops und Gesprächen.

«Zug kann dringend alles brauchen, was die Kultur irgendwie belebt.»

Michael Werder, Zuger Filmemacher

Für Michael Werder ist klar: «Zug kann dringend alles brauchen, was die Kultur irgendwie belebt.» Er kann deshalb den Filmtagen viel abgewinnen, nicht nur, weil sie sein Metier betreffen, sondern vor allem, weil so die Öffentlichkeit das Filmschaffen in der Region wahrnehme. «Zug ist keine Filmstadt. Zug ist leider nicht einmal eine Kulturstadt. Obwohl es hier viele kulturell engagierte Leute gibt», sagt Werder. Es sei deutlich spürbar, dass Zug eher eine Wirtschaftsstadt sei. «Aber was wäre eine Gesellschaft ohne Kultur? Kultur und Wirtschaft sollten sich nicht ausschliessen.»

Aufmerksamkeit erregen …

Dass Zug ein Filmfestival braucht, findet auch Animationsfilmer Frederic Siegel. «Überall, wo es kulturelles Schaffen gibt, sollte es auch Platz für die Kunstform des narrativen Films geben.» Gerade für Kurzfilme seien Festivals die beste Plattform. Es geht um Aufmerksamkeit, darum, wahrgenommen zu werden. Der bildenden Kunst das Museum, dem Film das Kino. «Aufmerksamkeit zu erregen ist die grösste Stärke eines Festivals», konstatiert Siegel.

«Die etablierten Festivals sind nicht mehr primär nachhaltig für den Weg eines Films.»

Erich Langjahr, Regisseur und Produzent

«Ursprünglich waren die Festivals die Wegbereiter des Kinos und standen am Anfang der Rezeption einer Filmauswertung. Das hat sich über die Jahre verändert», bemerkt Filmgestalter Erich Langjahr. Heute hätten die Festivals einen grossen Eventcharakter, in dem Sinne, dass man dabei ist und den Film schon gesehen hat, sodass die Arthousekinosäle schlechter besucht seien als früher. «So gesehen sind die etablierten Festivals nicht mehr primär nachhaltig für den Weg eines Films», bemängelt er.

Gegensteuer sei erwünscht. «Dass die Zuger Filmtage durchweg von jungen Leuten organisiert werden, finde ich positiv», sagt Langjahr. Das Bedürfnis nach dem «anderen» Film, einem Film, der nicht nur den finanziellen Erfolg sucht, sondern sich unserer Welt stellt und Reflexionen ermöglicht, sei ungebrochen. «Zug, mit seinen Kinosälen auf höchstem technischem Niveau, ist dafür ein geeigneter Ort und stellt entsprechend eine kulturelle Bereicherung dar», bemerkt Langjahr.

… und die Öffentlichkeit erreichen

Den einen oder anderen Förderinstanzen könnte bewusst werden, dass auch die Sparte Film ihre Daseinsberechtigung habe, sagt Remo Hegglin. Die fast unsichtbare Zuger Filmszene sichtbar machen, so beschreibt es der Zuger Filmkritiker Oswald Iten, der den Themenblock moderieren wird.

«Ein Festival alleine genügt aber nicht, um diese Erkenntnis zu festigen», merkt Hegglin an. Man müsse sich vermehrt Gehör verschaffen, öffentlich wahrgenommen werden und ein Selbstverständnis dafür gewinnen, dass man Teil einer Zuger Filmszene sei. «Die Filmtage setzen ein Zeichen und zeigen, dass es uns gibt», sagt Michael Werder. Das klingt nach einem leisen Ruf um Aufmerksamkeit, der unter dem tosenden Krakeelen der Filmhochburg Zürich gänzlich untergeht. Will man etwa aus dessen Schatten treten?

«Zug braucht kein zweites Zurich Film Festival.»

Oswald Iten, Zuger Filmkritiker

Kein Schattendasein

«Zug braucht kein zweites Zurich Film Festival», betont Oswald Iten. Die Ausrichtung sei sowieso eine ganz andere. «Zug als Entstehungsort von Filmen wird immer kleiner sein als Zürich, aber als Schatten erlebe ich das nicht.» Erich Langjahr pflichtet dem bei: «Zug kann man nicht mit Zürich, dem Filmnabel der Schweiz, vergleichen.»

Darum solle es auch gar nicht gehen. Man wolle nicht in ein Konkurrenzverhältnis mit etablierten Festivals treten. Im Gegenteil: «Die Schweiz als Filmproduktionsland hat bereits einen genug schweren Stand», erklärt Remo Hegglin. Und Frederic Siegel fügt an: «Es ist sinnvoll, regional zu denken und sich gemeinsam und kantonsübergreifend auf Projekte einzulassen.» Man solle sich von Zürich nicht in den Schatten stellen lassen, sondern gegenseitig voneinander profitieren.

Dass es Zürich nicht gelingt, einen Schatten über Zug zu werfen, hat für Remo Hegglin noch einen weiteren Grund, wie er poetisch erzählt: «Bald schon sind sie wieder da, die nebligen Tage in Zug. Wie ein Schleier wird der Dunst unser beschauliches Städtchen umhüllen. Und weil der Nebel so dick sein wird, dürfte selbst Zürich Mühe bekunden, einen Schatten über Zug werfen zu können, weil Zug sich für einmal selbst beschattet. Ein verrückter Gedanke, nicht? Ich sollte darüber einen Film machen.»

Verlosung

zentral+ verlost 1×2 Tickets für den Kurzfilmwettbewerb vom Sonntagabend, 25. Oktober 2015. Schicken Sie eine Email an [email protected] mit dem Betreff «Zuger Filmtage» und drücken Sie sich die Daumen.
Der Gewinner wird am Freitag, 23. Oktober um 17 Uhr ausgelost und per Email benachrichtigt. Mit Ihrer Teilnahme erklären Sie sich einverstanden mit unseren AGB’s.
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