Luzerner Autor widmet Punklegende ein Buch

Dominik Riedo: «Eine Biografie hätte Hösli nicht gewollt»

Thomas Hösli – hier 1999 in der Luzerner Kornschütte. (Bild: Emanuel Ammon / Aura)

Hösli war mehr als ein Musiker. Der Luzerner Punker war ein Wesen für Gemeinsinn, eine Luzerner Kulturkoryphäe. Der Luzerner Autor Dominik Riedo zeigt, weshalb das so ist und widmet dem vor 16 Jahren Verstorbenen nun ein Buch.

«Wenn er auf der Bühne stand, mutierte er zum Narren der modernen Gesellschaft.» So beschreibt Dominik Riedo das Wesen von Rock-Ikone Thomas Hösli. Aus dem 49-jährigen Luzerner Schriftsteller Riedo, mittlerweile wohnhaft im Kanton Bern, sprudelt es von Anekdoten und Begeisterung, wenn er von seinem neuen Buch «Hösli: Alles Liebe» erzählt.

Vom Tubaspieler zum Buch-Autor

Viele Jahre ist es her, als der Musiker, die Kultfigur «Hösli», nach einem ereignisreichen Leben von dieser Welt ging. Ja, nicht nur die Figur, sondern auch der Mensch hinter dem Lokalstar. Thomas Hösli stirbt 2007 im Alter von 41 Jahren an den Folgen von Asbest, womit er auf einer Baustelle in Zürich einige Jahre vor seinen letzten Tagen in Berührung kam. Und jetzt, im Sommer 2023, erscheint 16 Jahre später eine Art Hommage an den umtriebigen Luzerner Kulturschaffenden, die so einiges fast Vergessenes wieder ins Rampenlicht rückt. Doch was bewegt den Autor, jetzt ein Buch über den alten Luzerner Punker zu schreiben?

Riedo spielte als junger Erwachsener als Tubaspieler für einen Gig in einem der erfolgreicheren Projekte Höslis, «Steven’s Nude Club», und freundete sich mit Hösli an. Er reiste für über 30 Konzerte von Hösli an, war von Anfang an tief beeindruckt von der Präsenz, der Musik und insbesondere der Art und Weise, mit Menschen umzugehen, die Hösli zu pflegen wusste.

Amüsierte und kopfschüttelnde Luzerner

«Hösli war ein sehr selbstloser Mensch. Er nahm sich selbst nie zu ernst und hat sein Wissen und seine Erfahrung, die er sich im Laufe der Jahre aufgebaut hatte, gerne weitergegeben und junge Musikerinnen und Musiker unglaublich gepusht.»

Hösli war von Anfang an beim Aufbau des Musikzentrums Sedel dabei, baute verschiedene Bands auf, wusste die Luzerner Bevölkerung mit amüsanten und spitzigen Kolumnen und Leserbriefen, Auftritten und Veröffentlichungen zum Schmunzeln und zur Empörung zu bringen. «Insgesamt prägte er mit seinem Wirken die Luzerner Rockszene stark mit.»

«Irgendwie war Hösli seiner Zeit voraus. Er hat einfach gemacht, was er für richtig hielt.»

Dominik Riedo

«Dabei wollte Hösli nie jemanden explizit vor den Kopf stossen. Und tat es dennoch. Er nahm halt kein Blatt vor den Mund, alle mussten für sich selbst entscheiden, was sie von seiner provokanten, ausdrucksstarken Musik hielten», so Riedo und lacht. «Es gab beispielsweise 1999 einen Auftritt von Hösli in Willisau, an den ich mich erinnere, bei dem fast alle Gäste kopfschüttelnd den Saal verlassen haben.»

Hösli überraschte und war seiner Zeit voraus

Hösli hat kreative, hochstehende und aber auch banale, lyrisch und musikalisch weniger wertvolle Platten und Songs produziert, das bestätigt auch Riedo mit seiner Ansicht. «Doch irgendwie war Hösli seiner Zeit voraus. Er hat einfach gemacht, was er für richtig hielt, brach seine Lehre ab und widmete sich dem Musikmachen. Ein Vorbild für Menschen, die vielleicht einen ähnlichen Traum in sich trugen und tragen, sich im Leben jedoch bereits zu bequem eingenistet haben. Und: Hösli war einer der ersten Schweizer Musiker, die in den 90ern damit begonnen haben, Hochdeutsch und nicht mehr Mundart oder Englisch zu singen.» Ganz generell scheint es so, als hätte Hösli stets zu überraschen gewusst.

In «Hösli: Alles Liebe», das kürzlich in einer Auflage von tausend Stück beim Pro-Libro-Verlag erschien, finden sich seine spitzfindigen Songtexte wieder. Eine gewaltige Sammlung mit, «soviel ich weiss, allen offiziell veröffentlichten Songtexten Höslis» findet sich im ersten Teil des Buches. Gefolgt von etlichen Kolumnen, die aus dem Handgelenk Höslis entstanden sind.

Alle Songtexte und Kolumnen aufs Mal

«Die niedergeschriebenen Lyrics ins Buch zu bringen, war mit wenig Aufwand verbunden. Es gab aber Songtexte, die nirgends niedergeschrieben waren.» Also fragte er bei seinen ehemaligen Bandmitgliedern, seiner Familie und bei der Suisa – der Genossenschaft der Urheberinnen und Verleger von Musik in der Schweiz – nach, ob die noch was haben. «Ich hatte keine Chance. Also transkribierte ich Zeile für Zeile, bei seinen englischen Texten holte ich mir zur Unterstützung drei muttersprachliche Englischsprechende hinzu», meint Riedo.

«Er gab es nie gerne zu, aber er war schon geschmeichelt, wenn er mal im Fernsehen oder in der Zeitung zu sehen war.»

Dominik Riedo

So entstand ein 147-seitiges Sammelsurium an Songtexten, die in all den Jahren musikalischer Tätigkeit Höslis entstanden. In weiteren Teilen des Buches ist eine Vielzahl an Kolumnen zu lesen, (vermutlich alle) die Hösli zu seiner Zeit verfasste. Dazu gehören auch jene mit dem Titel «Dr. kult. Hösli rät», die der einen oder anderen Luzernerin noch bekannt vorkommen dürften.

Bitte bloss keine Biografie

Nebst Inhalten, die mit einer grossen Recherchearbeit verbunden waren, sind in «Hösli: Alles Liebe» Nachworte und ein Biogramm aus dem Leben des Luzerner Kultmusikers zu finden. Eine Art Biografie also? «Nein, ich wollte bewusst keine Biografie schreiben und habe es gelassen. Dennoch wollte ich die wichtigsten Eckpunkte von Höslis Leben in Form einer Liste im Buch festhalten», erklärt Riedo. «Denn Hösli hätte eine Biografie gar nicht gewollt.»

16 Jahre ist Hösli nun tot. Noch immer ist er in seinen Kreisen omnipräsent. Seine Präsenz ist für viele wichtig. Anderen geht sie manchmal auf den Wecker. «Es gibt Kulturschaffende im Dunstkreis des Sedels, Rock-Musikerinnen und Musiker, die es nervt, dass Hösli bei jeder Gelegenheit genannt werden muss, obwohl es doch nun eine neue Generation gibt, die die Luzerner Kulturszene prägt», so Riedo.

«Ich kann das verstehen. Doch Hösli war für viele ein sehr wichtiger Mensch, seinem Wirken und seiner geliebten Art möchte ich mit diesem Buch eine Erinnerung schenken.» Und wenn Hösli von diesem Buch wüsste? Riedo gibt uns mit einem Grinsen zu wissen: «Dann würde er sich freuen. Er gab es nie gerne zu, aber er war schon geschmeichelt, wenn er mal im Fernsehen oder in der Zeitung zu sehen war.»

Hinweis: Das Buch «Hösli: Alles Liebe» von Dominik Riedo ist für 35 Franken bei Pro Libro Luzern erhältlich.

Verwendete Quellen
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