Er ist eine Ikone, die weit über die Schweizer Grenze hinaus bekannt ist: der Luzerner Kabarettist Emil Steinberger (91). Seine Kabarettnummern über das «Chileli vo Wasse» oder «s Telegrafeamt» sind längst Schweizer Kulturgut und werden bis heute zitiert.
In seiner Jahrzehnte andauernden Karriere hat der gelernte Postbeamte seine Spuren in der Stadt Luzern hinterlassen. 1967 eröffnete er das heutige Kleintheater am Bundesplatz, leitete zeitweilig das ehemalige Kino Moderne an der Pilatusstrasse – heute eine Bar und Eventlocation – und gründete 1971 das Kino Atelier, das seit 2008 ebenfalls aus der Kulturlandschaft verschwunden ist. Zudem war er in verschiedenen Filmen und Fernsehsendungen zu sehen. Eine seiner bekanntesten Rollen? Die Hauptrolle des Moritz Fischer in Rolf Lyssys Erfolgskomödie «Die Schweizermacher» von 1978.
Am 7. November dieses Jahres kehrt der Bühnenkomiker auf die Kinoleinwand zurück. Jetzt allerdings in Form des Dokumentarfilms «Typisch Emil». Hinter dem Film, der teils Retrospektive und teils Autobiografie ist, steht eine junge Luzerner Filmcrew. Regisseur Phil Meyer (34) und Kameramann Elmar Bossard (38) haben drei Jahre lang an dem Film gearbeitet – und ein Erstlingswerk vorgelegt, das bereits jetzt auf Erfolgskurs ist.
Es begann mit dem Snowboard
Meyer und Bossard kennen sich seit Jahren und durchs Filmgeschäft. Angefangen habe ihre filmische Reise vor rund 15 Jahren mit Snowboardvideos, erzählt Phil Meyer. In den Folgejahren drehten beide unabhängig voneinander verschiedene Werbe- und Kurzfilme und haben sich als hauptberufliche Filmschaffende etabliert. Ihre Wege hätten sich dabei immer wieder gekreuzt, sie halfen sich gegenseitig bei verschiedenen Projekten aus. Elmar Bossard beschreibt ihre berufliche frühere Zusammenarbeit so: «Wir haben nie ein Projekt zusammen gestartet – aber viele gemeinsam beendet.»
Tatsächlich ist «Typisch Emil» ihr erstes Projekt, dass sie von A bis Z im Verbund auf die Beine gestellt haben. Die Initialzündung für die Filmaufnahmen kam dabei von Emil und Niccel Steinberger (59) selbst. Wie Bossard erzählt, hätte er über Umwege die Anfrage der Steinbergers erhalten, gemeinsam ein Filmprojekt zu realisieren – wie dieses aussehen sollte, stand dabei noch völlig offen.
Bossard und Meyer setzten sich mit Emil und Niccel Steinberger zusammen und tüftelten an verschiedenen Ideen und Konzepten herum. Es habe schon früher Versuche von verschiedenen Künstlern gegeben, einen Film über Emil und sein Schaffen zu drehen, sagen die Filmemacher. Zum Fliegen sei aber keines gekommen. Mit dem Luzerner Duo sollte es nun anders kommen. Dass sie beide noch keinen Langfilm gemacht haben, sei nie ein Thema gewesen. «Emil und Niccel wollten jemand Unkonventionelles. Sie liessen uns ziemlich freie Hand», sagt Elmar Bossard. Die Zusammenarbeit sei sehr bereichernd und unkompliziert gewesen.
«Traum für jeden Filmemacher»
Berührungsängste seien keine da gewesen, sagen die Filmemacher. Emil ist Elmar Bossard zwar seit Kindertagen ein Begriff gewesen, mehr als die Kabarettnummern hätte ihn aber der Mensch dahinter interessiert. «Mich interessierte als Jugendlicher sein Leben hinter der Bühne.» Dass sie jetzt diejenigen seien, die ein Licht auf diesen Teil von Steinbergers Leben richten können, sei ein «Traum für jeden Filmemacher».
Phil Meyer hingegen sei nie ein «klassischer Fan» gewesen. Für den Regisseur sei das aber ein Vorteil, denn so sei er mit einer neutralen Perspektive an den Film herangegangen. «Uns war es nämlich wichtig, dass es ein Film wird, der nicht nur Emil-Fans, sondern auch Leute anspricht, die mit ihm nicht so vertraut sind.» Eine Gratwanderung, die sie nach eigenem Empfinden gut gemeistert hätten. Aber einfach sei es nicht gewesen.
Die Krux mit den Finanzen
Das erste Jahr hätten sie alle ehrenamtlich an dem Film gearbeitet, sagt Meyer. Erst, als es sich herauskristallisierte, dass das Projekt eine gewisse Grösse und Gewicht bekam, machten sie sich daran, eine Finanzierung sicherzustellen. Und zwar eine unabhängige. Weder wollten sich die Filmemacher von grossen Produktionsfirmen noch staatlichen Betrieben hereinreden lassen. Und eine Finanzierung durch Emil und Niccel Steinberger stand ebenfalls ausser Frage.
«Wir haben gemeinsam mit Niccel und Emil die Produktionsfirma Gorps Film gegründet und uns so auf die Suche gemacht.» Fündig wurden sie bei vier Mäzenen, die den Film schliesslich finanzierten. Das genaue Budget bleibt jedoch Geheimsache. Nur so viel: Die Löhne der Mitwirkenden hätten im Durchschnitt des Berufsverbands für Film gelegen.
Insgesamt haben sie während drei Jahren an fünfzig Tagen gedreht. Gefilmt haben sie nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Hamburg und New York – wo Emil Steinberger mehrere Jahre gelebt hat und wo er mit seiner heutigen Frau Niccel zusammenkam.
Obwohl das Projekt an Aufwand, Herausforderungen und Crew einiges grösser war als ihre bisherigen Arbeiten, hätten sie im «gewohnten Rahmen» gearbeitet und sich gegenseitig stützen können. Um die produktionellen Herausforderungen zu meistern, haben sie sich noch Simon End mit seiner Produktionsfirma Wasabimayo als Koproduzenten an Bord geholt.
Insgesamt seien die drei Jahre ein «Rush» gewesen, sagt Meyer, die Zeit sei sehr schnell verflogen. Rückblickend hätte die ein oder andere Pause vielleicht nicht geschadet, aber während des Prozesses sei ihnen das gar nicht aufgefallen, sagen die Filmemacher.
Emil wird auf die Welt losgelassen
Eine Pause liegt aber nach wie vor nicht drin. Derzeit touren die beiden Luzerner durch die Schweiz und präsentieren den Film – mit den Steinbergers an ihrer Seite – an verschiedenen Sondervorstellungen. Angst davor, den Film auf das breite Publikum loszulassen, haben sie nicht. Aus gutem Grund. «Die bisherigen Rückmeldungen sind durchs Band positiv. Die Leute haben Freude an dem Film», sagt Elmar Bossard.
Phil Meyer erinnert sich an die erste Testvorstellung für Freunde, Bekannte und Filmprofis im Stattkino. «Wir hatten keine Ahnung, ob der Film etwas taugt. Ab dem ersten Bild spürten wir das Publikum und wussten: Er funktioniert.» Da seien «Zweifel, Druck und Wahnsinn» von ihnen abgefallen. «Das war ein tolles Gefühl, besser als jede weitere Vorstellung», so Phil Meyer. Selbst jene am Zurich Film Festival, wo «Typisch Emil» seine Schweizer Uraufführung erlebte.
Ab 7. November läuft «Typisch Emil» in den Deutschweizer Kinos – im Kino Maxx in Emmenbrücke findet eine Vorstellung in Anwesenheit der Filmcrew und den Steinbergers statt. Im Dezember startet der Film dann im Tessin, im Januar in der Westschweiz. Ausserdem sei der Streifen auch schon für die Open-Air-Saison im Sommer geplant. «Derzeit arbeiten wir daran, den Film nach Deutschland und Österreich zu bringen», sagt Phil Meyer gut gelaunt. «Es ist unglaublich, es läuft einfach weiter.»
Arbeitet seit 2020 bei zentralplus und betreut den Bereich Gastronomie.
In Luzern und Zug aufgewachsen und schon seit bald 20 Jahren als Texter und Autor unterwegs. Steht privat gerne am Herd und war während mehreren Jahren als Assistenz einer Luzerner Störköchin tätig.