Konzerte an Firmenanlässen, Hochzeiten & Co.

Diese Luzerner Musiker spielen für Dosenbier an deiner WG-Party

«Für die SVP würden wir definitiv nicht spielen», sagt Lukas Linder alias Henrik Belden.

(Bild: Jakob Ineichen)

Musiker treten an privaten Feten und Firmenanlässen auf. Das muss kein Armutszeugnis sein. Zwei Luzerner Musiker sagen, weshalb dies für sie sogar zur Pflicht gehört. zentralplus verrät, welche Künstler man für die private WG-Party gewinnen kann. Kostenpunkt: Dosenbier und Spaghetti.

Gölä spielte in Sursee für die Kunden des Discounters Otto’s (zentralplus berichtete) und auch Grossbanken und Kleinstfirmen heuern für ihren Anlass Musiker an.

Wer Erfolg hat, hat das nicht nötig, denkt so mancher. Alle würden wohl lieber vor den eigenen Fans spielen als vor einer Gruppe betrunkener Versicherungsmakler oder gelangweilter Gäste an einer Babyparty. Verdingt man sich durch solche Auftritte nicht als Musiker?

Der Luzerner Mundart-Sänger Tobi Gmür und der Singer-Songwriter Henrik Belden, der mit richtigem Namen Lukas Linder heisst, treten regelmässig an sogenannten «Corporate Gigs» auf. Angst, sich durch solche Anlässe zu «verdingen», haben die beiden nicht. Ganz im Gegenteil.

Auf der To-Do-List eines Musikers

Henrik Belden stellt klar: «Als Künstler, der professionell Musik macht, gehören Firmenauftritte schlichtweg dazu.» Es ist eine weitere Einnahmequelle, die den Musikern hilft, die Produktion eines Albums oder die Tour zu finanzieren. Gigs für Buden sind lukrativ und ein willkommener Zustupf: In der Regel sind die Gagen an solchen Events rund 50 Prozent höher als an «normalen» Konzerten.

«Schlussendlich geht es darum, Musik zu machen und auf der Bühne zu stehen», sagt Belden. «Und wenn man gut darin ist, kann man auch an einem Firmenauftritt ein neues Publikum gewinnen.» Die Unternehmen sollten jedoch bewusst ausgesucht werden. «Wenn man sich als Künstler für jeden Quatsch einspannen lässt, läuft man Gefahr, dass man den Ruf aufs Spiel setzt», so Belden.

Tobi Gmür sieht das gleich. Mit sogenannten «Corporate Gigs» verdinge man sich nicht. «Ausser man spielt für Nestlé», fügt er mit einem Zwinkern an.

Bei jeder Firma wird abgewogen

Tobi Gmür und Henrik Belden wägen bei jeder Anfrage ab, ob ihre Band auch auf deren Bühne passt. «Nur des Geldes wegen spielen wir sicherlich nicht bei jeder x-beliebigen Firma», stellt Belden klar. Deswegen habe er schon einigen Firmen eine Absage erteilt. «Für die SVP würden wir definitiv nicht spielen.» Im Allgemeinen kommen für ihn Auftritte an politisch motivierten Anlässen sowie für Firmen, die in seinen Augen verwerfliche Produkte anbieten, nicht infrage.

«Für Nestlé würde ich nie spielen. Für die Grossbanken auch nicht.»

Tobi Gmür, Luzerner Musiker

Über den Daumen gerechnet spiele er bis zu 20 Prozent aller Konzerte für Firmen. In der Vergangenheit hat er bereits für die Migros, die Mobiliar und als FCL-Fan natürlich für seinen Fussballverein gespielt.

Auch für Tobi Gmür gibt es Grenzen. «Für Nestlé würde ich nie spielen. Für die Grossbanken auch nicht. Also lieber keine Multis oder Firmen mit fragwürdigen Geschäftspraktiken.»

Hören die Gäste denn überhaupt zu?

Tobi Gmür hat gar eigens für Privat- und Firmenanlässe eine Band gegründet. Das Repertoire der «Gene Heart & The Souls» besteht ausschliesslich aus Covern der 50er-Jahre. Mit dem «Tobi-Gmür-Programm» sei es schwieriger, an solche Auftritte zu kommen, wie er sagt.

Gmür gibt aber offen zu, dass sich das Publikum an solchen Anlässen klar unterscheidet – und den Künstlern nicht immer zuhört. «An vielen Events sind die Gäste nicht sehr aufmerksam.» Dies hat Konsequenzen für die Wahl der gespielten Lieder: «Es ist deshalb viel einfacher für mich, Coverversionen zu singen. Wenn ich meine eigenen Songs spielen würde, hätte ich Mühe damit.»

«Wir sind keine Hochzeits- und keine Unterhaltungsband.»

Henrik Belden, Luzerner Musiker

Belden knüpft an. «Wir sind keine Hochzeits- und keine Unterhaltungsband», sagt er. Mit seiner Band spiele er nicht einen ganzen Abend, sondern lediglich eine Handvoll Songs. «Dann hat man auch die Aufmerksamkeit der Leute.»

Für Dosenbier und einen Topf Spaghetti

Gmür wie auch Belden wären übrigens für eine WG-Party zu haben. «Wenn es eine Riesensause gibt, machen wir uns manchmal selbst den Jux draus», sagt Belden. Jede private Anfrage wolle er jedoch nicht annehmen, da er nicht zur «WG-Band» mutieren möchte.

Auf das grosse Geld sei man an privaten Partys indes nicht aus: «Mit ein paar Dosenbier und einem Topf Spaghetti sind wir durchaus zufrieden.» Auch wenn er einem kleinen Zustupf nicht abgeneigt wäre: «Man kann uns gerne einen Hunderter draufgeben, damit wir uns ein anderes Mal gemeinsam ein ordentliches Cordon Bleu genehmigen können», meint er lachend.

Tobi Gmür tingelt mit seinen Alben durch die Schweiz – erste Station: Winterthur.

Tobi Gmür tingelt mit seinen Alben durch die Schweiz – erste Station: Winterthur.

(Bild: zvg)

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