Künstliche Intelligenzen (KI) können inzwischen nicht nur Texte schreiben, sondern auch Bilder kreieren. Der Luzerner Verein Ahoi hat mit dem KI-System Dall-E herumexperimentiert und stellt das Resultat ab Freitag aus.
Wie hätte der berühmte französische Impressionist die Luzerner Kapellbrücke gemalt? Oder wie hätte Vincent van Gogh die Mondlandung gemalt, hätte er sie miterlebt? Gedankenspiele wie diese lassen sich inzwischen umsetzen. Mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI).
Bisher wurde KI vor allem bei der Erstellung von Texten genutzt. So werden etwa bereits Artikel zu Börsennachrichten, Sportresultaten oder Wetterberichte von Computerhand geschrieben, wie etwa der «Norddeutsche Rundfunk» berichtet. Mit KI-Systemen wie «Midjourney» oder «Dall-E» können nun auch Bilder auf Basis einfacher Textbeschreibungen erstellt werden.
Amerikanische Forscher des Forschungslabors OpenAI in San Francisco haben das Dall-E-System mit 250 Millionen Bilder und zugehörigen Textbeschreibungen gefüttert. Mit diesen Bildern als Basis kann das System bei Texteingaben neue Bilder kreieren. Lernt das System etwa, wie ein Koala und wie ein Auto aussieht, kann es auf Basis der Beschreibung «ein Koala fährt ein Auto» ein Bild dazu kreieren. Es liefert dabei gleich mehrere Versionen – jedes Bild ein Original.
So beschreiben die Forscher ihr System:
Luzerner Verein lanciert Ausstellung mit KI-Bildern
Fasziniert vom Dall-E-System ist auch der Luzerner Verein Ahoi an der Furrengasse 11. Das sechsköpfige Kollektiv veranstaltet Ausstellungen und spartenübergreifende Projekte im Bereich Design, Kunst, Musik, Architektur und Kulinarik. Ihre neueste Ausstellung, die Freitagabend in Luzern Vernissage feiert, widmet das Kollektiv solcher Kunst, die mit Dall-E erstellt wurde.
Auf Anfrage sagt Lilia Glanzmann, dass das System im beruflichen Umfeld des Kollektivs immer wieder Thema sei. «Diesen Sommer kam eine neue Version von Dall-E heraus, die einen grossen Schritt gemacht hat.» Waren die Bilder vorher stark verpixelt oder unnatürlich, liessen sich damit inzwischen spannende und detaillierte Bilder erstellen.
Schnell kam deshalb die Idee auf, eine Ausstellung zu Dall-E zu konzipieren. «Wir fanden es spannend und nötig, einen Diskurs zu lancieren, was wir mit Werkzeugen wie Dall-E machen können.» Einerseits, weil viele diese Systeme noch nicht kennen oder nicht wissen, was man damit machen kann. Andererseits lösen Themen wie künstliche Intelligenz häufig Angstreaktionen aus. «Wir möchten diese Angst abbauen.»
KI kreiert nur Bilder von Dingen, die sie kennt
Denn das Dall-E-System mache Künstlerinnen und Designer nicht obsolet. «Die KI hat keinen neuen oder eigenen Stil. Sie bedient sich am kollektiven menschlichen Gedächtnis.» Es brauche immer noch einen Mensch dahinter. Sei es für den originalen Stil oder für die Texteingabe, die zum Bild führt. Und auch die will gelernt sein. «Man muss zuerst eine gewisse Art von Sprache erlernen, um zu guten Bildern zu kommen.»
So hat das Kollektiv etwa zuerst mit Bildbeschreibungsbüchern von realen Werken Bilder generiert. Doch die Resultate waren enttäuschend. Zudem kann das System nur Bilder von Orten oder Gegenständen generieren, die es kennt. Als die Autorin beim Selbstversuch etwa ein Albumcover im Stile des Luzerner Künstlers Hans Erni generieren wollte, zeigte sich schnell, dass das System vermutlich nicht einen Erni gesehen hat. Dafür lieferte Dall-E Ölgemälde der Leuchtenstadt im Stile von Monet.
An der Ausstellung zeigt Ahoi acht Motive und deren Bildbeschreibung in jeweils drei Ausführungen – also insgesamt 24 Bilder. Den Autor des Bildes hat der Verein bewusst offengelassen, denn das Kollektiv habe sich gleichermassen an den Bildern beteiligt. Als Urheber der jeweiligen Werke gilt grundsätzlich die Person, die die Texteingabe gemacht hat, wie OpenAI in einer Medienmitteilung aufführt. Noch, denn Glanzmann könnte sich gut vorstellen, dass das wieder geändert wird.
System als Visualisierungshilfe
Kunst auf Knopfdruck – ist das noch Kunst? Das ist eine der Fragen, die der Verein Ahoi mit seiner Ausstellung anstossen will. Für Glanzmann ja, denn Dall-E liefere nicht wirklich Bilder «auf Knopfdruck». Für sie ist die Arbeit mit der KI mehr ein Miteinander – mit einem Künstler, der die KI wie ein Werkzeug nutzt.
So etwa zur Schaffung von Skizzen, wie Glanzmann beschreibt. Vor jedem Bild stehe eine Idee. Wenn die KI diese umsetzt, arrangiert sie das Bild vielleicht auch in einer Weise, die man sich selbst nicht vorgestellt hätte. Und liefert so neue Impulse. Auch könnten Designer das System zur Visualisierung von kollaborativen Arbeiten verwenden. Mit einem Bild könne man dem Gegenüber viel eher die eigene Idee vermitteln. Einen weiteren Einsatzbereich sieht sie bei der Erstellung von Stockfotos.
Fürchten müssen Kreativschaffende sich also nicht. Aber: «Es ist nötig, dass wir uns damit auseinandersetzen. Uns bewusst werden, wo uns dieses Werkzeug ersetzen kann und wo nicht.» Technologie findet immer mehr Einzug in der Kunstbranche (zentralplus berichtete). Einfach ignorieren könne man KI-Systeme nicht. «Die Technologie ist da und entwickelt sich schnell.» Nicht nur bei Bildern, sondern auch beispielsweise bei Textgeneratoren. «Die Industrialisierung ist in der Kreativbranche angekommen.»
Grosses Interesse
Bisher sei ihre Ausstellung um das Dall-E-System auf grosses Interesse gestossen. «Wir haben viele Rückmeldungen erhalten, auch von Personen, die das noch nicht ausprobiert haben.» An der Ausstellung erhoffe sich das Kollektiv deshalb rege Debatten um künstliche Intelligenz, Kunst und Autorschaft.
Die Ausstellung «Dall-E» des Vereins Ahoi findet vom 21. Oktober bis 6. November an der Furrengasse 11 statt.
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