Premiere des Musicals «Der Ball» im Le Théâtre

«Die Politik reisst die Gesellschaft auseinander»

Eine Geschichte über gleichgeschlechtliche Liebe, die nicht akzeptiert wird, gespielt von Schauspielerinnen aus halb Europa. (Bild: Ingo Hoehn)

Bei der Europapremiere des Musicals «Der Ball» am Samstagabend im Le Théâtre wurde viel über Politik und Toleranz gesprochen – und gesungen. Im adaptierten Broadway-Hit geht es nämlich um ein Thema, dass auch in der Schweiz kürzlich für viel Gesprächsstoff sorgte – Homosexualität.

Nach zweieinhalb Stunden gäbe es ein Happy End, meinte Andréas Härry, der Geschäftsleiter, zu Beginn der Premiere. Zumindest im Musical, denn im wahren Leben sei dies nicht ganz so einfach. Bezogen hat er dies nicht nur auf die Situation der homosexuellen Menschen, sondern auch auf die aktuelle Coronapandemie. Denn so einige Anspielungen innerhalb der Handlung würden auch gut zur momentanen Situation passen.

Dies zeigte sich zum Beispiel im Gespräch zwischen der Vorsitzenden des Elternbeirats und des Direktors der Schule, in der sich die Handlung abspielte. Frau Roth – gespielt von Giusy Bringold – fand, die Politiker hätten sich nicht in die Planung des Schulballs einzumischen, denn sie würden dadurch die Gesellschaft auseinanderreissen. Sie wollte nämlich verhindern, dass Emma (Sandra Bitterli) gemeinsam mit ihrer Freundin zum Maturaball kommt. Der Schulleiter hingegen unterstütze das Vorhaben der Schülerin und meinte, das Land werde dadurch nicht gespalten.

Trotzdem drehte sich das Musical natürlich hauptsächlich um die Frage, ob homosexuelle Schüler auf dem Ball im Luzerner Hinterland akzeptiert werden sollen.

Das konservative Luzerner Hinterland

Sie habe doch gar nicht so ein grosses Aufsehen erregen wollen, meinte Emma, als überall in den Medien über das Geschehene berichtet wurde. Der Ball an ihrer Schule wurde ihretwegen abgesagt und anschliessend wurde sie auch noch von ihren Mitschülern belogen und von Ihrer Freundin Alyssa (Kim Lemmenmeier) im Stich gelassen. Die Gruppe deutscher Schauspieler hatte alles nur schlimmer gemacht. Diese waren extra aus Hamburg angereist, als sie von Emma und ihrer Misere gelesen hatten und wollten das konservative Luzerner Hinterland aufrütteln.

Dies ging aber gewaltig nach hinten los und Emma ging es schlechter als vorher. Doch natürlich wollten die fünf nicht aufgeben und so suchten sie nach einer Möglichkeit, wie man die Bevölkerung doch noch bekehren könnte. Ein Auftritt am Schwingfest war da wohl die falsche Herangehensweise. Immerhin konnten sie Emma davon überzeugen, sich öffentlich über das Geschehene zu äussern. Der Auftritt der lesbischen Schülerin konnte schliesslich tatsächlich einen Wandel bewirken und so nahm das Musical am Ende doch noch einen glücklichen Ausgang.

Sandra Bitterli in ihrer Rolle als Emma Kurmann.
Sandra Bitterli in ihrer Rolle als Emma Kurmann. (Bild: Ingo Hoehn)

«Selbst Kulturbanausen im Publikum schrien Bravo»

Dass das Zitat von Harry Glückmann – gespielt von Ronald Tettinek – am Ende auch auf das anwesende Publikum zutreffen würde, wusste in dieser Szene zu Beginn noch niemand. Doch mit fortschreitender Handlung wurde auch dieses immer lauter, klatschte frenetischer, lachte, jolte und würdigte das Stück am Ende mit einer Standing Ovation.

Versprochen wurden mitreissende Musik, emotionale Momente und ein Happy End – all das bewahrheitete sich. Die Lieder auf Schweizerdeutsch und Deutsch, sowie ein Song auf Englisch, übermittelten Emotionen und sorgten für gute Laune. Auch wenn nicht ganz jeder Ton sass – vor allem bei den Darstellern in den kleineren Rollen – so vermochten die Darsteller grösstenteils zu überzeugen. Besonders Irène Straub in ihrer Rolle als Dee Dee Allen war grandios. Auch Kim Lemmenmeier und Sandra Bitteli spielten ihre Rollen überzeugend, auch wenn letztere wohl noch etwas an ihrem Gitarrenspiel arbeiten sollte...

Zwar waren ab und an einige Tonschwierigkeiten auszumachen, ansonsten verlief die Premiere reibungslos.

Irène Straub hat nicht nur die künstlerische Leitung des Stücks, sie spielt auch Dee Dee Allen.
Irène Straub in ihrer Rolle als Dee Dee Allen. (Bild: Ingo Hoehn)

Vom Broadway-Hit zur Schweizer Inszenierung

Hinweis zur Veranstaltung

Das Musical wird noch bis zum 16. Januar im Le Théâtre in Emmen aufgeführt. Weitere Informationen dazu gibt es hier.

Die Adaption des in Amerika spielenden Originals «The Prom» gelang nicht nur durch die sprachliche Anpassung. Auch die Versetzung ins Luzerner Hinterland und Bezüge zur lokalen Kultur trugen zu einer authentischen Inszenierung bei. Und sorgten beim Publikum für einige Lacher.

So bezeichnete sich Emma als die ländliche Dominique Rinderknecht, die Jugend traf sich im Emmencenter und der schwule Harry Glückmann freute sich auf den Besuch im Wilden Mann in Luzern. Im Musical wurden also einige Klischees bedient, was für Sympathiepunkte bei den Ortskundigen sorgte. Alles in allem eine gelungene Premiere eines amüsanten Musicals, mit einem tiefgründigen Thema.

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