Blockiert: Subventionen für Luzerner Kultur

Die Linke im Dilemma: Kein Budget – keine Kulturgelder

Im April findet wieder das Fumetto statt – ob das Comixfestival bis dann seine Subventionen erhält, ist fraglich. (Bild: zvg)

Weil Luzern noch kein gültiges Budget hat, läuft die Stadt auf Notstrom. Nur die dringendsten Ausgaben dürfen getätigt werden. Subventionen an Vereine und Kultur sind blockiert. Noch mindestens bis zur Budgetabstimmung am 28. Februar – und bei einem Nein darüber hinaus. Das bringt die Linke in die Zwickmühle.

«Nicht schon wieder!», werden sich viele sagen. Die Situation von 2012 ist noch in frischer Erinnerung: Damals war die Stadt Luzern bis Mai ohne rechtskräftiges Budget, Millionen an gesprochenen Kulturgeldern waren blockiert. Für manche Institution wurde es eng. Die Wut auf die SVP, die damals wegen der Steuererhöhung das Referendum ergriffen hatte, war gross.

Nun ist es die Linke, die für das unschöne Déjà-vu sorgt: Die Stadt ist mindestens bis März ohne gültiges Budget, weil SP und Grüne wegen Sparmassnahmen bei der Bildung und Quartierarbeit das Referendum ergriffen (zentral+ berichtete). Folgt die Stadtluzerner Bevölkerung den Linken und sagt Nein zum Budget, muss die Stadt über die Bücher. Mit der Folge, dass die Gelder noch länger blockiert sind, voraussichtlich bis Juli.

2 Millionen für die Kultur sind blockiert

Stadtangestellte müssen auf ihre Lohnerhöhung warten, eine Task-Force dreht jeden Franken um, um zu prüfen, ob er ausgegeben werden darf oder nicht, Reparaturen und Sanierungen werden aufgeschoben, Sportvereine warten auf 300’000 Franken – und wieder ist auch Kultur betroffen: Rund 40 Institutionen müssen auf gesamthaft 2 Millionen Franken Subventionen warten.

«Bis März können wir überbrücken, danach wird es eng.»

Andrea Leardi, Fumetto

Darunter sind etwa das Kulturzentrum Südpol, Kleintheater, das Comixfestival Fumetto, aber auch Sport- und Sozialinstitutionen, die vorerst kein Geld erhalten. Beim Südpol geht es immerhin um 1 Million Franken (zentral+ berichtete). Nicht betroffen vom Aufschub sind die grossen Kulturbrocken, etwa der Beitrag an den Zweckverband grosse Kulturbetriebe (8,6 Millionen Franken) sowie jener ans KKL (4,1 Millionen). Diese Beiträge sind vertraglich geregelt oder vom Parlament bereits gesprochen.

Das Verflixte an der Budgetsituation: SP und Grüne stellen die Subventionen nicht infrage, bringen die Kultur aber gleichwohl in eine ungemütliche Situation. Man kann nur für oder gegen das ganze Budget stimmen – nicht über einzelne Positionen. Das dürfte für viele Stimmende am 28. Februar zu einer förmlichen Zerreissprobe werden.

Fumetto: «Ein schwieriger Zustand»

Die Gelder sind gesprochen, sie «gehören» der Kultur – und sie werden fliessen, nur halt viel später. Die Kosten bei den Kulturhäusern aber fallen jetzt an. Etwa beim Fumetto, das im April stattfindet. Sagt das Volk Ja zum Budget, kommt das wichtige Comixfestival mit internationaler Ausstrahlung noch glimpflich davon. Der Beitrag über 210’000 Franken der Stadt kann im März ausbezahlt werden, noch vor dem Festival.

«Es ist eine unschöne Situation, wir brauchen Planungssicherheit.»

Sonja Eisl, Kleintheater

Budgetabstimmung am 28. Februar

Ein Komitee mit Vertreterinnen und Vertretern aus der SP, von den Grünen und 15 weiteren Organisationen hat 1616 Unterschriften gegen das Budget 2016 der Stadt Luzern eingereicht. Das Komittee fordert, dass auf drei Sparmassnahmen, die vor allem Kinder und Jugendliche betreffen, verzichtet wird. Namentlich sind das weniger Lektionen bei der integrativen Förderung, grössere Klassen bei Deutsch als Zweitsprache und ein Abbau der Quartierarbeit. Die Abstimmung findet am 28. Februar statt.

Bei einem Budget-Nein jedoch ist viel Improvisation gefragt. «Bis März können wir gut ohne das Geld der Stadt überbrücken, aber danach wird es eng», sagt Andrea Leardi vom Fumetto. «Es ist ein schwieriger Zustand und es herrscht Unsicherheit, denn wir sind angewiesen auf die Gelder der Stadt.»

Das Fumetto ist für alle Szenarien gewappnet – und hat immerhin auch schon Erfahrung von der leidlichen Situation von 2012: «Wir sind im Gespräch mit dem Vorstand und bereiten uns darauf vor», sagt Leardi.

Kleintheater: «Müssten uns etwas einfallen lassen»

Ähnlich beim Kleintheater, das jährlich 270’000 Franken von der Stadt erhält. Bis März hat das Haus am Bundesplatz noch Reserven, um über die Runden zu kommen. Darüber hinaus wird es aber eng: «Dann müssten wir uns etwas einfallen lassen», sagt Co-Leiterin Sonja Eisl. Und weiter: «Es ist eine unschöne Situation, wir brauchen Planungssicherheit, um den Betrieb sicherzustellen.»

Auch wenn letztlich hoffentlich alle irgendwie über die Runde kommen werden: Es zehrt an den Nerven und verursacht viel unnötige Arbeit. Und das nächste Budgetreferendum ist gewiss – von welcher Partei auch immer.

«Wir erhoffen uns viel vom neuen Vorstand der IG Kultur.»

Andrea Leardi, Fumetto

Was muss also passieren, damit es nicht wieder so weit kommt? Andrea Leardi vom Fumetto sagt: «Wir lobbyieren viel und machen immer wieder darauf aufmerksam, welchen Mehrwert wir bieten, mehr können wir nicht tun.» Sie hofft auf die IG Kultur: Dass der Kultur-Dachverband die Kräfte der Kultur gebündelt in die Politik trägt – und jetzt mit dem neuen Vorstand wieder mehr nach aussen handelt als nach innen (zentral+ berichtete). «Wir haben ein gutes Gefühl und erhoffen uns viel vom neuen Vorstand für die Zukunft», sagt Andrea Leardi. Und Sonja Eisl vom Kleintheater sagt: «Es kommt Bewegung in die Kulturszene, das führt zu einem Zusammenrücken in der IG Kultur, davon bin ich überzeugt.»

Ursula Stämmer: «Es gibt keine Notlösung für Beiträge»

Von Referendumsseite ist man sich bewusst, dass man die Kultur in eine ungemütliche Situation bringt. «Wir machten eine Güterabwägung: Ist es das wert? Doch wir mussten dieses Referendum ergreifen», so Claudio Soldati, Präsident der SP Stadt Luzern. Ihm geht es um eine längerfristige Sicht – gegen Leistungsabbau generell, auch wenn er diesmal nicht die Kultur, sondern die Bildung betrifft. «Wir dürfen das nicht einfach hinnehmen, denn irgendwann fällt es auch auf die Kultur zurück», sagt er.

«Wir mussten das Referendum ergreifen. Wir dürfen diesen Leistungsabbau nicht einfach hinnehmen.»

Claudio Soldati, Präsident SP Stadt Luzern

Verantwortung schiebt Soldati auch auf die bürgerliche Seite: «Wir haben im Parlament viel versucht, dass es gar nicht erst so weit kommt – doch alle unsere Kompromissvorschläge sind gescheitert», so Soldati. Zudem seien sie nach einem allfälligen Nein bei der Budgetabstimmung bemüht, möglichst schnell zu einem gültigen Budget zu kommen.

Von der Stadt selbst ist keine Hilfe zu erwarten in diesem harten, budgetlosen Winter. Die Kulturhäuser müssen selber über die Runde kommen. «Es sind diese Woche schriftliche Informationen an die Institutionen gegangen. Es gibt – weil eben kein Budget da ist – keine Notlösungen für Beiträge aus der Stadt Luzern», sagt die abtretende SP-Bildungsdirektorin Ursula Stämmer.

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