Crimer in der Luzerner Schüür

Die Inkarnation der Ekstase – und was Fussballstar Alex Frei damit zu tun hat

Crimer mit seiner Gitarre auf der Schüür-Bühne.

(Bild: Marcel Hörler)

Er zierte das Titelblatt des «Friday», spielt an der Zurich Pride und sein Sound wird gegenwärtig ständig im Radio gespielt. Am Samstagabend machte Crimer, der designierte Stern am Schweizer Popmusikhimmel, halt in der Konzertstätte Schüür und liess die Zuhörerschaft zu seiner stimulierenden Hymne «Brotherlove» im Chorus mitsingen.

Früher kannte man Crimer, damals noch Batman, vor allem in der Ostschweiz. Anderweitig wusste lediglich der hingebungsvolle Connaisseur der hiesigen Musikszene sich einen Reim auf Batman zu machen. Gelegentlich bespielte er das Provinznest Rorschach, figurierte auf der Bühne des Diogenes-Theater in Altstätten oder performte anlässlich städtischer Lustbarkeiten in St. Gallen.

Damals wie heute lässt sich seine Bühnenausstattung auf eine Gitarre, einen Mac – einen treuen Begleiter und Backup in Zeiten der digitalen Drumschläge und cleanen Synthesizerwellen – und sein erquickliches Charisma reduzieren.

Der anmutende Mittelscheitel von Crimer scheint eine Hommage an Nick Carter zu sein. In den 90er-Jahren war dieser der Jungspross der Backstreet Boys, der mit mehr als 130 Millionen verkauften Tonträgern erfolgreichsten Boygroup aller Zeiten. Doch Crimer, der mit bürgerlichem Namen Alexander Frei heisst und somit seinen Namen gänzlich mit dem ehemaligen Torgarant der Schweizer Nati teilt, tanzt besser als Nick.

Crazy Dancemoves

Crimer, dessen kurzer und düsterer Name gemäss seinen eigenen Angaben einen Ausgleich zu seinen Discosongs bildet, performt an diesem Abend elf Songs. Die Wärmefolie – eine clevere Budgetversion eines Bühnenbilds, das sich leicht in der Handtasche verstauen lässt – schmückt dabei die Bühne und pointiert zugleich Crimers ekstatische Ausstrahlungskraft. Mit «Brotherlove» hat er seine erste Single aus seiner EP «Preach», welche am 28. April erscheint, veröffentlicht, die gleichsam Ohrwurmpotenzial hat wie der Song «Follower».

Crimers Präsenz überzeugt und das obwohl seine radiotauglichen Songs zum Teil etwas platt daherkommen. Das hat auf der einen Seite mit seinen crazy Dancemoves, die an Mick Jaggers Tanzstil erinnern, und auf der anderen Seite mit seiner Stimme zu tun, die seiner cleanen Popmusik eine eigene dynamische und unverwechselbare Note verleiht. Seine Musik erinnert an den Wavepop von Depeche Mode in den 80er-Jahren.

Erinnert an Depeche Mode: Crimer.

Erinnert an Depeche Mode: Crimer.

(Bild: Marcel Hörler)

Crimers rot lackierte Fingernägel

Das Publikum findet sichtlich Gefallen an Crimer und tanzt mit ihm. Sein mangelndes Musikkönnen kaschiert er durch Tanzen, wie er selbst sagt. Dass er dabei die musikalischen Fähigkeiten von Ikan Hyu, der Vorband, akzentuiert, ist keinesfalls ein billiger Performanceakt. Vielmehr ist es ein bewusstes Stilelement und gehört zu Crimer wie der Fussball zu Alex Frei.

Durch seine rot lackierten Fingernägel fällt er in den Strassen der Schweiz noch immer auf und schafft es, ein gendersensibles Publikum anzusprechen. Nicht zuletzt hat er für den Videodreh von «Brotherlove» mit der Performancekünstlerin Milky Diamond zusammengespannt. Crimer spielt somit mit vorgefertigten Bildern und hat das Potenzial, diese zu dekonstruieren.

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