Ein Hörspiel wie ein Rockkonzert mit dem Kult-Trio

Die drei Fragezeichen gehen in Luzern auf Verbrecherjagd

Die drei Fragezeichen Justus, Peter und Bob (von links) vor ihrer Zentrale, einem ausrangierten Wohnwagen.

(Bild: martin baumgartner)

Als Kind sind wir zu ihren Kassetten eingeschlafen: Die drei Fragezeichen sind seit Jahrzehnten Kult. Drei Luzerner Schauspieler bringen die Detektive nun als Live-Hörspiel ins Kleintheater – und sprechen damit ein Publikum an, mit dem sie selber nicht gerechnet hätten.  

Wenn immer in «Rocky Beach» etwas Rätselhaftes oder Mysteriöses passiert, sind sie zur Stelle: Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews sind die drei Detektive, die drei Fragezeichen. Sie entwirren verschlüsselte Botschaften und überführen Bankräuber, Entführer und Betrüger. Die drei Kalifornier stehen der Polizei seit über einem halben Jahrhundert mit Rat und Tat zur Seite.

Jetzt ermitteln sie auch in Luzern. Fünf Mal lassen die drei Schauspieler Samuel Zumbühl, Patric Gehrig und Hans-Caspar Gattiker die jugendlichen Ermittler auf der Kleintheaterbühne auftreten – als Live-Hörspiel. Am 24. September war Premiere, und dies mit beachtlichem Erfolg: Der Abend war mit 150 abgesetzten Tickets restlos ausverkauft. In der Folge wurden für den zweiten Abend nächsten Montag zusätzliche Plätze auf dem Balkon angeboten – und auch dieser ist bereits ausverkauft.

Format erreicht neues Publikum

Genauer betrachtet handelt es sich beim Projekt um eine Wiederaufnahme. Vor rund sieben Jahren inszenierten Zumbühl und Gattiker zusammen mit Musiker Martin Baumgartner und Schauspieler Hajo Tuschy die Fälle des Ermittlertrios im «UG», der damaligen Kleinbühne des Luzerner Theaters, wo heute im «Winkel» die Jugendintendanz waltet.

«Wir gehen mit einer kindlichen Faszination an das Ganze heran.»
Patric Gehrig

Auch damals hätten sie regelmässig volles Haus gehabt, erzählt Gattiker, als wir ihn, Patric Gehrig und Dramaturgin Carmen Bach zum Interview treffen. «Damals waren es pro Vorstellung vielleicht 60 Leute und wir waren mit den meisten von ihnen befreundet.»

Mit dem jetzigen Erfolg gerechnet hatten sie trotzdem nicht, sagt Gehrig. In der Neuauflage des Live-Hörspiels spielt er an der Stelle von Tuschy, der seit Längerem nicht mehr am Luzerner Theater engagiert ist. Gehrig sagt, die Premiere habe ihn überrascht: «Ich habe kaum ein Gesicht im Publikum wiedererkannt. Wir erreichen mit dem Format Menschen, die man sonst nicht unbedingt im Theater antrifft.»

Ein Hörspiel wie ein Rockkonzert

In den 60ern als Jugendroman in Amerika gestartet, schwappte das Phänomen «Drei Fragezeichen» schnell auf Deutschland über und erreichte regelrechten Kultstatus.

Von links: Patric Gehrig, Carmen Bach und Hans-Caspar Gattiker.

Von links: Patric Gehrig, Carmen Bach und Hans-Caspar Gattiker.

(Bild: pze)

Dies spürte man auch am ersten Abend in Luzern. Eine Zuschauerin trug ein T-Shirt, auf dessen Front drei grosse Fragezeichen prangten und der Schriftzug: «Die drei ??? – Tour 2015». Denn die Originalsprecher bespielen in Deutschland in regelmässigen Abständen riesige Hallen (siehe Video). Live-Auftritte der jugendlichen Ermittler, inszeniert als Rockkonzert.

Nächste Episoden

Die nächsten Fälle der Luzerner Fragezeichen sind:

  • So, 2. Dezember 2018, 11 Uhr (Special): «Die drei ??? Kids: Panik im Paradies»
  • Mo, 21. Januar 2019, 20 Uhr: «Die drei ??? und das Aztekenschwert»
  • Mo, 18. März 2019, 20 Uhr: «Die drei ??? und das Riff der Haie»

Der Vorverkauf für die Episoden im Dezember und Januar startet am 17. Oktober.

Im Gegensatz zu vielen Besuchern ihres Hörspiels waren weder Gattiker noch Gehrig vor dem Projekt mit dem Fragezeichen-Fieber infiziert. «Wir sind nicht mit den Geschichten aufgewachsen. Ich habe inzwischen einige Folgen gelesen und gehört, aber ich kenne lange nicht alle Fälle», sagt Gattiker.

Imperfektion als Konzept

Spass soll es machen, sagen die drei, ihnen wie auch dem Publikum. Dies, obwohl «oder gerade weil die Geschichten nicht von Schiller geschrieben sind», so Gattiker lachend. Das Rezept des Abends klingt einfach: Holpernde Dramaturgie in den Storylines und spärlich gesäte Proben der Schauspieler ergeben die Situationskomik, welche die Live-Lesung vom Hörspiel auf Kassette abhebt. Imperfektion als Konzept.

Doch zu viel Schalk und Ironie birgt die Gefahr, die Kult-Fans vor den Kopf zu stossen. Die drei winken ab. Trotz Lachern: «Wir wollen uns keinesfalls über die Geschichten lustig machen», sagt Bach. «Wir gehen mit einer kindlichen Faszination an das Ganze heran», ergänzt Patric Gehrig.

Die Originalsprecher bei ihrer Riesenshow:

 

«In seiner ganzen Unfertigkeit entstehen an den Abenden spontane Momente», sagt Gattiker. Die Geschichten hätten den Charakter von Improvisationen. Bach und Gehrig nicken zustimmend.

Mehr Zeit als die Proben brauchen die Vorbereitungen: die Wahl der Stücke oder die Organisation der Erzählerstimmen. Diese sind nämlich stets befreundete Schweizer Kulturschaffende. Am ersten Abend wurde ein amüsierter Beat Schlatter via Videotelefonie zugeschaltet, beim zweiten Mal – so viel verraten sie – wird es eine Frau sein. Wer genau, das müssen die Zuschauer vor Ort selber erraten.

Das Ende der Geschichte wird oft verschlafen

Der Dritte im Bunde und Initiator Samuel Zumbühl weilt gerade in den Ferien. Wir erreichen ihn dennoch. Zumbühl hatte sich vor geraumer Zeit von der Bühne verabschiedet, jetzt ist er zurück. «Es ist kein Comeback als Schauspieler», sagt er aber, «ich habe immer wieder Sprecherjobs und Werbeaufträge gemacht.» Die Auftritte auf Theaterbühnen versiegten aber – wegen des Probeaufwandes. Die Spontaneität der Luzerner «Drei Fragezeichen» erlauben es ihm jetzt, die Auftritte mit seinem neuen Beruf als Berufsintegrationscoach zu vereinbaren.

«Mit dem Wechsel von Hajo Tuschy zu Patric Gehrig haben wir den wirklichen Freak verloren.»

Samuel Zumbühl, Mitbegründer der Luzerner Fragezeichen

Zumbühl verrät, weshalb er die drei Fragezeichen auf diese Spielzeit hin wieder ins Leben gerufen hat: «Wir mussten damals im UG aus zeitlichen und organisatorischen Gründen aufhören. Martin Baumgartner und ich hegten aber weiterhin den Wunsch, die Reihe fortzuführen.» Bald folgten Gespräche mit Gehrig, Gattiker und dem Kleintheater. Schnell war alles aufgegleist.

Die Luzerner drei Fragezeichen (von links): Patric Gehrig, Samuel Zumbühl und Hans-Caspar Gattiker. 

Die Luzerner drei Fragezeichen (von links): Patric Gehrig, Samuel Zumbühl und Hans-Caspar Gattiker. 

(Bild: martin baumgartner)

«Mit dem Wechsel von Hajo Tuschy zu Patric Gehrig haben wir den wirklichen Freak verloren.» Er selbst sei, wie Gehrig und Gattiker, kein «Kultfan». «Oft kenne ich die Enden der Geschichten nicht, weil ich vorher einschlafe», sagt Zumbühl.

So dürfte es einigen Hörern der drei Fragezeichen gehen. Die Detektive sind als Gutenachtgeschichte bekannt. «Viele liessen als Kind den Kassettenrekorder laufen, um einschlafen zu können. Deshalb löst das Format wohl bei vielen behagliche Gefühle aus», sagt Hans-Caspar Gattiker schmunzelnd. 

Fortsetzung in nächster Spielzeit möglich

Die gewählten Stücke stammen alle aus den ersten fünfzig Fällen – also aus ganz frühen Zeiten. Ausgenommen davon ist die Spezialvorstellung im Dezember, wo ein «Die Drei ??? – Kids»-Hörspiel ansteht.

«Wir hätten die Geschichten problemlos auch nach anderen Gesichtspunkten wählen können», sagt Dramaturgin Carmen Bach. Beispielsweise nur Geschichten, in denen der Erzfeind der Detektive, Skinny Norris, vorkommt. Oder nur Bankraub-Fälle. Oder bloss Aufträge, bei denen es um Geister und Übernatürliches geht.

Plötzlich spielen die Ideen am Tisch Ping Pong. Die Augen der drei Theatermacher leuchten auf. Unser Treffen fühlt sich nicht mehr wie ein Interview, sondern wie ein Brainstorming für die nächste Staffel an. «Dieses Format gibt so viele tolle Möglichkeiten her», sagt Bach lachend. Die Hoffnung auf mehr Fälle der drei Fragezeichen in Luzern bleibt also vorerst bestehen. Das Publikum würd’s sicher freuen.

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