Ein Ateliergespräch mit Louis Brem

«Die Bildhauerei prägte meine Bilder stark»

Der Fotograf Louis Brem (61) im Atelier seines Vaters Rolf Brem (1926–2014) (Bild: Caroline Mohnke)

Es ist einer der ersten kühlen Septembermorgen, als Louis Brem die Tür öffnet in die einstige Schaffenswelt seines Vaters Rolf Brem (1926–2014). Unzählige Kunstwerke hat sein Vater, der zu den bedeutendsten Bildhauern der Schweiz zählt, hier geschaffen. Wie hat das Kunstschaffen des Vaters den heute 61-jährigen Fotografen geprägt?

«Meine Schwester und ich konnten uns im Gebüsch unseres grossen Gartens verlaufen», erinnert sich Louis Brem an seine Kindertage und fügt an: «Die alte Villa an der Luzerner Maihofstrasse stand in einem riesigen Park, in welchem wir im Winter sogar schlitteln konnten».  Wer jetzt denke, er und seine Schwester Lucie kämen aus wohlhabendem Elternhaus, täusche sich. «Wir waren nicht auf Rosen gebettet, das Geld reichte gerade so. Die Villa war ein Abbruchobjekt.»

Seine Mutter unterrichtete Französisch und sein Vater ging seiner künstlerischen Tätigkeit nach. 1957 bezog er das Atelier in Meggen. «Wir hatten oft italienische Kindermädchen, die meine Mutter am Bahnhof ansprach.» Diese wohnten ohne Miete bei der Familie Brem im sogenannten Abschlusszimmer. «Meine Eltern gingen der Arbeit nach und die Mädchen aus Italien schauten zu uns. Meist ohne ein Wort Deutsch zu verstehen», erzählt Louis Brem, der heute auch Führungen im Atelier seines verstorbenen Vaters macht.

Holzschuhe, bis die Funken sprühen

«Meine Mutter stammte aus einer belgischen Künstlerfamilie und war sehr kreativ», erzählt Brem: Sie hielt sich oft in Brockenhäusern auf und eines Tages kam sie mit Holzschuhen nach Hause. «Diese Zoggeli mit Eisen an der Sohle. Wenn ich sie auf dem Fahrrad trug und mit den Füssen gebremst habe, sprühten die Funken». Kleider habe er immer nachgetragen. Das alles sei bei den anderen Kindern nicht immer gut angekommen. Das Zugehörigkeitsgefühl habe oft gefehlt. Trotzdem habe er seine Kindheit als schön empfunden.

Zeugniseintrag «Verträumt»

«Follow the money» sei nie sein Leitsatz gewesen, er sei als Kind schon ein Träumer gewesen. So sehr, dass es sogar einst zu einem «Verträumt»-Zeugniseintrag gereicht habe. Sein Vater hatte ab 1972 ein zweites Atelier in Morbio Superiore. Brem erinnert sich gerne an die Ferien, die sie als Kinder im Tessin verbracht haben. Mit zwölf Jahren habe er die Breggia-Schlucht entdeckt. Rund drei Jahre später schenkte ihm sein Vater seine erste 6x6-Kamera: eine Lubitel 2. Damit entstanden die ersten Bilder in der Breggia. Doch bevor er sich ganz der Fotografie widmete, machte er eine Lehre als Werkzeugmacher.

Erste Ausstellung

Reisen gehört zu Louis Brems Leben. Nach der Lehre zog er durch Europa und die USA und hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Danach absolvierte er eine fotografische Ausbildung bei Rolf Willimann in Kriens. Nach einer Ausbildung an der ETH Zürich folgten Studienaufenthalte und Studienreisen nach Sibirien, Dänemark, Südamerika. «Ich führte lange ein Singleleben und lebte gerne in Abbruchhäusern», erzählt Brem.

1993 realisierte er seine erste grosse Ausstellung «La Breggia» in Meggen. Der Bildband dazu, den er seinen Eltern widmete, erschien 2001. Das Buch enthält gestochen scharfe Schwarzweiss-Aufnahmen von mannigfaltigen Felsstrukturen, Steinvielfalten, Lichtspielen an Felsen und Bäumen. «Die Bildhauerei prägte meine Bilder stark», sagt er. «Ich versuche in meinen künstlerischen Fotos mehr einzufangen als es von blossem Auge zu sehen gibt.» 

Die Dinge zeigen, wie sie sind

Heute lebt Louis Brem mit seiner Frau und seinem Sohn (15) am Rotsee im ehemaligen Elternhaus. «Es ist nicht mehr das an der Maihofstrasse. Meine Eltern konnten, als die Villa abgerissen wurde, durch Glück ein Haus in der Nähe erwerben.» Apfelbäume, Zwetschgenbäume, Birnbäume, Tomaten und Rosen gedeihen im Garten. Brem ist gerne Teilzeit-Hausmann, wenn seine Frau, eine Ärztin, arbeitet. «Zwei bis drei Stunden im Garten vergehen wie im Flug.» Wenn er unterwegs ist auf Auftragsfotografie, sieht man ihn mit seiner Hasselblad. Er sei oft für die Denkmalpflege unterwegs als Dokumentarist. «Ich mag die Objektivität bei der Fotografie und zeige Dinge gerne, wie sie sind.»

An einen Auftrag erinnert er sich sehr gerne zurück: Für die Denkmalpflege habe er kürzlich die Orgeln im Kanton Luzern fotografiert. «Eine sehr schöne Arbeit», erzählt er. Er freut sich auf die Zeit, wenn er nebst der Familie wieder etwas mehr Freiraum haben wird und mit seiner Grossbildkamera und dem Entwicklungszelt auf Fotoreise gehen kann: «Wieder einmal mit Haut und Haar in ein Fotoprojekt eintauchen, das wär's», lacht er und schaut zufrieden auf eine Bronzefigur seines Vaters. 

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