Fast 13 Millionen Franken Unterstützung

Kulturförderung Zug: Corona hat den Nachwuchs dauerhaft ausgebremst

Aldo Caviezel ist besorgt. Der Kulturbeauftragte des Kantons Zug erwartet, dass die Kulturszene noch lange an den Nachwirkungen von Corona zu beissen hat. (Bild: Andreas Busslinger / zvg)

Publikumsschwund, Berufsaufgaben und zwei Studienjahrgänge ohne Auftrittspraxis. Aldo Caviezel, Leiter Amt für Kultur des Kantons Zug, ist über den Folgen der Coronakrise. Kulturförderung brauche es jetzt mehr denn je.

12'872'806 Franken. Diese Summe hat der Kanton Zug 2021 insgesamt für die Kulturförderung ausgegeben. Unterstützung erhalten verschiedene Kulturinstitutionen und Vereine für ihr Betriebsjahr. In diesem Betrag sind auch Veranstaltungen oder die Ausrichtung des Zuger Werkjahrs enthalten sowie die Finanzierung von Atelieraufenthalten im Ausland, für die sich einzelne Kunstschaffende bewerben können (zentralplus berichtete). Auch integriert ist ein Beitrag über 90'000 Franken für die Kunstsammlung des Kantons Zug.

Eben erst hat der Zuger Regierungsrat bekannt gegeben, dass er eine Erhöhung der Förderbeiträge für Kultur aus dem Lotteriefonds bewilligt hat. Neu kann die Ausschreibung der Förderbeiträge, welche durch spartenspezifische und ausserkantonale Fachjurys ausgewertet wird, gemeinsam mit der paritätisch zusammengesetzten kantonalen Kulturkommission über 150'000 statt 120'000 Franken verfügen (zentralplus berichtete).

Förderungsbedarf ist gestiegen

Der Betrag ist über lange Zeit gleichgeblieben. Gleichzeitig sei der finanzielle Bedarf für Förderprojekte stetig gestiegen, meint Aldo Caviezel. Er ist Beisitzer ohne Stimmrecht in dieser von Regierungsrat Stephan Schleiss präsidierten Kommission. Sie tagt sechs bis sieben Mal im Jahr. «Mit den zusätzlichen Mitteln können wir auch den Ansprüchen für kostenintensivere digitale Projekte besser entsprechen», freut er sich.

Jedoch ergänzt er, dass Zug den Kantonen Luzern, Aargau und Zürich bei der Kulturvermittlung noch hinterherhinkt. «Bei der wichtigen gesellschaftlichen Aufgabe, Kindern und Jugendlichen Kultur nahezubringen, liegt im Kanton Zug noch einiges Potential», sagt er. Kulturvermittlung durch geschulte Fachleute bringe Aufwände mit sich. «Diese Lücke wollen wir in den kommenden Jahren nun schliessen. Der Prozess dazu ist im Gang.»

«Jetzt verstopfen die nachgeholten Auftritte die Bühnen. Der Nachwuchs muss weiter hinten anstehen.»

Aldo Caviezel, Leiter Amt für Kultur des Kantons Zug

Wenn es auch im Kleinen gute Nachrichten zu vermelden gibt: Dem kantonalen Kulturförderer machen die aktuellen Entwicklungen und die nahe Zukunft Sorgen. Denn die Coronakrise hat im Schweizer und damit auch im Zuger Kulturschaffen nachhaltige Flurschäden angerichtet. «Wir werden die Folgen der Pandemie noch in zehn Jahren spüren», meint er.

Publikumsschwund von 30 Prozent

Das Publikum für Kulturveranstaltungen kehrt nur zögerlich und zum Teil gar nicht wieder zurück. Drei von bisher zehn besetzten Plätzen bleiben unbesetzt, worunter Kulturhäuser und -institutionen landauf und landab stöhnen. Denn viele von ihnen konnten ihre Aktivitäten schon vor der Coronapandemie nur mithilfe öffentlicher Unterstützungsgelder und Stiftungen ausreichend finanzieren. Das Verhältnis zwischen erwirtschafteten Einnahmen und benötigten Fördergeldern hat sich nun noch mehr verschoben.

Eine Umfrage von «L'Oeil du public» im Auftrag des Bundesamtes für Kultur (BAK) und der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) hat im Oktober 2022 folgendes ergeben: 18 Prozent der Kulturschaffenden haben ihre Tätigkeit infolge Corona aufgegeben. 50 Prozent des befragten Kulturpublikums gibt an, sich an zu Hause gewöhnt zu haben und inzwischen weniger Kulturveranstaltungen zu besuchen.

Das hat direkte Auswirkungen auf die Budgets der Kulturveranstalter. In der Kulturszene ist zudem zu hören, dass die Gagen, so etwa auf Kleinkunstbühnen, nicht zu-, sondern eher etwas abgenommen haben. Das Geschäft ist schwieriger geworden.

Nachwuchs ist dauerhaft ausgebremst

Skeptisch sieht Aldo Caviezel die Zukunft des Nachwuchses. Denn von 2020 bis 2022 konnten zwei Jahrgänge aller Bühnenkünste keine Auftrittserfahrungen sammeln. «Das wirkt jetzt wie ein Schneepflug, jetzt verstopfen die nachgeholten Auftritte die Bühnen. Der Nachwuchs muss weiter hinten anstehen.»

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Dass die Kulturförderung im Zug dieser Entwicklung noch wichtiger wird als bis anhin, liegt auf der Hand. Den Ausfällen während der Pandemie hat der Bundesrat am 14. Oktober 2020 mit dem Erlass der Covid-19-Kulturverordnung Rechnung getragen. Sie ermöglicht nicht nur die Ausrichtung von Ausfallentschädigungen, sondern auch die Freigabe von Geldern für Transformationsprojekte.

Bisher rund 1,2 Millionen Franken für 15 Transformationsprojekte

Letztere können Kulturschaffende und Kulturunternehmen für die Covid-19-bedingte strukturelle Neuausrichtung ihrer Tätigkeit in Anspruch nehmen. Unter das Stichwort Transformationsprojekt fällt auch das Wiedergewinnen oder Neuerschliessen von Publikum. Finanziert werden diese je zur Hälfte durch den Bund und die Kantone.

Die Bedingungen für Projektanträge: Sie dürfen höchstens 80 Prozent der Kosten eines Projekts und maximal 300 000 Franken pro Kulturunternehmen oder -institution umfassen. Bis anhin hat das Amt für Kultur in 157 Fällen Ausfallentschädigungen in der Höhe von 5,4 Millionen ausgerichtet.

Für neun Transformationsprojekte wurden im Jahr 2021 rund 671'000 Franken ausgeschüttet. Eines ist abgelehnt worden. Im Jahr 2022 sind für weitere sieben Gesuchstellende bei sechs Ablehnungen insgesamt 610'000 Franken ausgezahlt worden. Eines der abgelehnten Projekte ist der Umbau der Lesebühne Satz & Pfeffer, was das Kulturhaus in finanzielles Bedrängnis gebracht hat (zentralplus berichtete).

Letzte Projekte, doch Normalbetrieb kommt nicht wieder

Nun folgt noch die Bearbeitung der letzten Gesuche. Die Frist für die Transformationsprojekte ist Ende November 2022 abgelaufen. Aldo Caviezel erklärt: «Wir haben derzeit noch eine Handvoll Projekte in Bearbeitung, bis spätestens Ende März fällen wir die übrigen Entscheide.» Bis Ende Oktober dieses Jahres müssen die Projekte gemäss Bundesratsvorgabe mitsamt Rechenschaftsberichten abgeschlossen sein.

Jetzt zu glauben, dass dann wieder Normalbetrieb herrscht im Kulturbereich, ist naiv. «Der Schaden ist angerichtet, Corona war eine Zäsur für die Kulturinstitutionen und Kulturschaffenden», sagt Aldo Caviezel.

Sie müssen sich nolens volens auf erschwerte Produktionsbedingungen wie vielleicht auch dauerhaft weniger Publikum einstellen. Wie sich die Kulturförderung in Zukunft auf diese Situation einstellt, muss sich zeigen.

Verwendete Quellen
  • Telefon mit Aldo Caviezel, Leiter des Zuger Amts für Kultur
  • Website Kulturförderung Kanton Zug
  • Medienmitteilung Kanton Zug
  • Umfrage zu Kulturbesuchen vom Oktober 2022
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3 Kommentare
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 09.01.2023, 17:40 Uhr

    Diese Politik, welche nur geschadet hat und einzig den Konzernen diente hat einen Schade hinterlassen, dessen Ausmass uns erst nach bewusst werden wird.

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    Roli Greter, 09.01.2023, 12:38 Uhr

    Die Massnahmen haben den Nachwuchs ausgebremst, nicht das Virus.

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  • Profilfoto von Sandy
    Sandy, 09.01.2023, 10:44 Uhr

    Corona ist schon gäbig. Funktioniert etwas nicht (mehr), schüttet man einfach mehr Geld ein, man hats ja. Nachfrage nach Kulturleistungen ist Nebensache, wenn überhaupt.

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