Luzerner Musik-Festival findet auch 2021 nicht statt

Blue-Balls-Direktor: «Kleinere Konzerte machen für uns schlicht keinen Sinn»

In seinem Element: Urs Leierer – Kopf, Herz und Seele des Blue Balls Festivals. (Bild: zvg)

Zu viele Risiken, zu wenig Sicherheit. Das Blue Balls Festival geht auch dieses Jahr nicht über die Bühne. Festivaldirektor Urs Leierer erklärt gegenüber zentralplus, wie diese Entscheidung entstanden ist und warum er sich vom Bundesrat eine ehrlichere Kommunikation gewünscht hätte.

Noch im Dezember letzten Jahres klang es anders. Damals planten die Macher des Blue Balls Festivals, den Anlass in etwas anderer Form durchzuführen, nämlich mit neun Konzerten, die im Luzerner KKL stattfinden sollten (zentralplus berichtete). Nun die ernüchternde Nachricht: «Für das Blue Balls Festival 21 ist es diesen Sommer leider noch nicht so weit». zentralplus hat mit dem Festivaldirektor Urs Leierer gesprochen.

zentralplus: Urs Leierer, der Entscheid, dass heuer kein Blue Balls stattfinden wird, wurde vermutlich nicht von heute auf morgen gefällt.

Urs Leierer: Nein. Wir brauchten mindestens zehn Monate Vorlaufzeit. Zu merken, dass ein Blue Balls Festival auch in abgewandelter Form nicht möglich sein wird, war ein Prozess. Im März bereits kamen zwei, drei internationale Acts auf uns zu, die ankündigten, dass es für sie schwierig würde. Weitere begannen ihre Auftritte zu verschieben. Irgendwann hofften wir zumindest noch auf nationale Künstler.

«Schnelltests für alle Konzertbesucher durchzuführen wäre für uns nicht sinnvoll.»

Urs Leierer, Festivaldirektor des Blue Balls Festival

zentralplus: Doch auch das geht nicht?

Leierer: Das Problem mit diesen Shows im KKL ist, dass selbst das KKL heute nicht sagen kann, inwiefern ein Konzert am 23. Juli durchführbar ist. Noch immer laufen die Vernehmlassungen zum Covid-Zertifikat. Wir wissen nicht, wie dieses gespiesen wird. Die Ticketing-Firmen müssten involviert sein. Man braucht ein System, das dann auch funktioniert. Schnelltests für alle Konzertbesucher durchzuführen wäre für uns nicht sinnvoll. Das Risiko ist für uns deshalb zu gross.

zentralplus: Das Lucerne Festival soll diesen Sommer stattfinden. Was ist der Unterschied zu Ihrem Format?

Leierer: Bis jetzt rechnen die Organisatoren tatsächlich mit einer Durchführung des Lucerne Festivals. Doch gibt es zwei Unterschiede zum Blue Balls: Das Lucerne Festival findet im August statt, unser Festival würde bereits im Juli durchgeführt werden. Und ob die nötigen Öffnungsschritte im Juli tatsächlich erfolgen, ist bis jetzt unklar.

zentralplus: Und der zweite Unterschied?

Leierer: Logistisch sind unsere Veranstaltungen viel aufwendiger als solche in der klassischen Musik. Dort braucht es praktisch nichts ausser Notenständer und Stühle. Die Musikerinnen und Musiker nehmen ihre Instrumente ja selber mit. Das ist bei uns natürlich ganz anders.

Zur Blue-Balls-Zeit zeigt sich jeweils ein buntes Treiben rund um das Luzerner Seebecken. Hier im Bild James Levaux & Co. beim Blue Balls 2017. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

zentralplus: Ihr Team hat neben den KKL-Konzerten Alternativen erarbeitet, wie das Blue Balls dieses Jahr hätte stattfinden können. Warum sind diese nun keine Option mehr?

Leierer: Das Risiko, neben den bestehenden Ausfallkosten noch zusätzliche Kosten tragen zu müssen, wäre zu gross gewesen. Kleinere Konzerte wie jene, die im KKL geplant gewesen wären, machen für uns schlicht keinen Sinn. Das können wir nicht finanzieren. Warum ein Risiko von über 100'000 Franken eingehen, wenn wir diese Mittel für nächstes Jahr besser verwenden können?

«Dass die Pandemie quasi vorbei ist, ist ein Trugschluss.»

zentralplus: Sind Sie verärgert über das Vorgehen des Bundes?

Leierer: Nein, verärgert nicht. Es ist nicht meine Aufgabe, diese Arbeit zu beurteilen, zumal es eine sehr schwierige ist. Was ich jedoch besser gefunden hätte, wäre eine ehrlichere Kommunikation des Bundesrates. Dass dieser klar gesagt hätte, dass die Schweiz 2021 noch nicht so weit ist, grosse Events durchzuführen. So lebt die Bevölkerung lange im Glauben, dass die Pandemie quasi vorbei ist. Das ist jedoch ein Trugschluss.

zentralplus: Der heutigen Medienmitteilung entnimmt man, dass am 23. Juli 2021 der Vorverkauf für das Blue Balls Festival 22 startet. Sie sind demnach guter Dinge, dass sich die Situation bis in einem Jahr beruhigt hat?

Leierer: Wir hoffen es sehr, dass die Schweiz in einem Jahr so weit ist. Zunächst hoffe ich, dass es dieses Jahr eine Herbstmesse geben darf. Falls dem nicht so ist, dann hoffe ich auf die Fasnacht und ansonsten aufs Blue Balls. Die Leute müssen sich irgendwann wieder auf öffentlichem Grund ungezwungen in Massen treffen können und spontan zusammen Zeit verbringen dürfen. Ist das nicht mehr möglich, finden Veranstaltungen dieser Art nicht mehr statt. Das wäre sehr bedauerlich.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Joseph de Mol
    Joseph de Mol, 21.06.2021, 13:07 Uhr

    Kleinere Brötchen backen. Und kostendeckende Ticketeinnahmen. Ende der Geschichte!

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