Luzerner Band tauft ihr zweites Album im Sedel

Blind Butcher: Schweben zwischen Ernst und Ironie

Blind Butcher sind Christian Aregger (links) und Roland Bucher.

(Bild: zvg)

Sie ist die erste Band, die in den Genuss der Luzerner Spitzenförderung kam: Blind Butcher. Am Samstag taufen die Luzerner das so entstandene Album «Alawalawa» im Sedel. Nun wollen sich die zwei Herren in Glitzeroutfit und Bodysuit in Europa einen Namen machen.

Blind Butcher, das sind Christian «Blind Banjo» Aregger und Roland «Oklahoma Butcher» Bucher. Die beiden Musiker sind in der Musikszene Luzern seit etlichen Jahren dabei und haben die Szene merklich mitgeprägt. Heute wohnen und arbeiten beide in der Künstlergemeinschaft «Gelbes Haus» am Reussport. Jetzt steht der nächste grosse Schritt für die Band an: Das zweite Album «Alawalawa» wird am 15. April im Sedel getauft. Die LP soll der Band Tür und Tor öffnen für Grösseres – auch im Ausland.

Planung ging nicht ganz auf

Die Band scheint alles etwas anders zu machen, als man eigentlich sollte. Der normale Ablauf eines Albumreleases: Aufnehmen, Veröffentlichen, Plattentaufe, Tour. Blind Butcher aber tourt seit Anfang Jahr, bringt anschliessend das Album raus, tauft es einen Monat später und tourt dann gleich weiter. «Wir hatten zwar einen Plan, der ging nur nicht ganz auf», sagt Schlagzeuger Roland Bucher lachend.

«Wir haben neue Kostüme, die sind extra für die Release-Show gekommen.»

Christian Aregger, Gitarrist Blind Butcher

Man habe lange nicht gewusst, wann die Platte erscheinen soll. Zuerst wäre Weihnachten das Ziel gewesen, doch es gab Verzögerungen. In Absprache mit dem Team im Hintergrund entschied man sich, das Album im März auf den Markt zu bringen – und im April zu taufen. Das passt irgendwie zu Blind Butcher – wo nichts so richtig normal ist.

Von Krautrock bis Dadaismus

Denn Blind Butcher sind auch musikalisch schwer festzumachen. Der Sound pendelt irgendwo zwischen Wave, Punk, Neue Deutsche Welle, Krautrock und Disco. Die Musiker treten in Glamour-Glitzer-Anzügen und Bodysuits auf, die Texte kratzen am Dadaistischen oder triefen vor Ironie. Das zeigt das neue Album: Der Titelsong «Alawalawa» besteht aus Silben, welche nichts bedeuten, aber dennoch komponiert sind.

So klingt Blind Butchers Titletrack «Alawalawa»:

Aber wo hört bei Blind Butcher die Ironie auf und wo beginnt der Ernst? Bucher: «Diese Unsicherheit ist genau der Zustand, den wir erreichen wollen. Wenn Leute sich diese Frage stellen, haben wir unser Ziel erreicht.» Das Duo wagt eine Gratwanderung zwischen Humor, Kunst und Rockmusik, die auf erstaunliche Art und Weise gelingt. Die Band bleibt nicht ganz greifbar – und scheint dies zu geniessen.

Durch Deutschland mit Wolf People

Die Band tourte Anfang Jahr quer durch ganz Deutschland. Zu Beginn des Jahres gab’s ein Konzert mit Wolf People aus London. Die Kollaboration mit den Briten kam nicht zufällig zustande: «Wir haben den gleichen Booker», erklärt Schlagzeuger Roland Bucher.

Das Berliner Kollektiv «Pojpoj» ist verantwortlich für die Shows von Blind Butcher, speziell um die Luzerner kümmert sich Friedhelm Hofmann. Dass die Organisation von Deutschland aus geschieht, ist neu – und bringt Vor- wie Nachteile. «Wir mussten abwägen», sagt Bucher, «aber in der Schweiz sind wir selber gut vernetzt. Die Kontakte nach Deutschland sind für uns sehr wichtig und diese kann Friedhelm uns bieten.» Es sei ein Ausprobieren, denn bis dato machte Blind Butcher alles selber. Bisher ist die Band zufrieden: «Mit den Konzerten läuft es sehr gut», so Bucher.

«In Deutschland und in Osteuropa denke ich, gibt es ein grosses Interesse für unsere Art von Musik.»

Roland Bucher, Schlagzeuger Blind Butcher

Und wie: Die Band spielt sich momentan die Finger wund. Kaum war die Pre-Release-Tour durch Deutschland abgeschlossen, folgte eine Minitour von Prag nach Wien und München. Jetzt folgt die Albumtaufe. «Und dann geht es nahtlos weiter, wir touren erst durch die Schweiz und Ende Sommer wieder durch Deutschland», sagt Gitarrist und Sänger Christian Aregger.

20’000 Franken vom Kanton Luzern

Und in Europa will man sich denn auch etablieren: «In Deutschland und in Osteuropa gibt es ein grosses Interesse für unsere Art von Musik. Ich glaube nicht, dass das Publikum für unsere Musik limitiert ist», sagt Roland Bucher. Man müsse sich aber in Richtung Ausland konzentrieren, dort gebe es einen Markt für Nischenmusik. Aregger sagt: «In Köln spielten wir in einem Club vor 400 Leuten.»

Auch wenn man in ganz Europa auftritt: Spielen sie in der Schweiz, so sind Blind Butcher glücklich, wenn 50 Leute auftauchen. Dass die Konzerte hier so tiefe Besucherzahlen haben (oder die Musiker so bescheiden sind), erstaunt, denn die Relevanz der beiden Musiker ist unbestritten, gerade für Luzern. Dies zeigte sich Ende des letzten Jahres: Blind Butcher war die erste Band überhaupt, die in den Genuss der neuen Kulturförderung des Kantons Luzern kam. Die «selektive Produktionsförderung» schüttete 20’000 Franken aus, für Album, Tour, Videos, Bühnenshow, einen eigenen Tontechniker an den Konzerten und die Musiker selber (zentralplus berichtete).

So klingen Blind Butcher live:

 

«Das Geld ist gänzlich verplant, aber noch nicht komplett ausgegeben», sagt Schlagzeuger Roland Bucher. Mit der Produktion – und der damit zusammenhängenden Förderung – habe sich viel verändert: «Wir sind viel besser aufgestellt als je zuvor», so Bucher. Das Album erscheint auf dem Berner Label «Voodoo Records». Dahinter steckt einer, der auch in Luzern Bekanntheitsgrad erworben hat: Beat Zeller alias Reverend Beat-Man. «Bisher haben wir alles selber gemacht. Mit ihm haben wir jemanden, der uns unterstützt und dennoch viele Freiheiten lässt», sagt Bucher.

Neue Kostüme für Albumtaufe

Am Samstag steht die Plattentaufe im Sedel an. Und es soll ein spezieller Abend werden: «Wir haben extra neue Kostüme für die Release-Show, von Corinne Odermatt und Anita Zumbühl gefertigt», verrät Aregger. Zum Sedel hätten sie eine lange, persönliche Beziehung: «Wir lieben es, im alten Gefängnis aufzutreten. Ausserdem passen wir musikalisch sehr gut dahin», so Aregger mit einem Lächeln.

So sieht das Albumcover aus:

Das Albumcover von Blind Butchers «Alawalawa»

Das Albumcover von Blind Butchers «Alawalawa»

(Bild: Facebook)

Es ist der zweite Langspieler, den die Band tauft, nachdem 2014 ihr Debut «Albino» erschien. Damals ging man extra nach Chicago, um das Album aufzunehmen. Bei der Folgeplatte «Alawalawa» blieb man im eigenen Bandraum. «Wir haben alles selber aufgenommen. Gemischt haben wir im Gelben Haus, gemeinsam mit Daniel Wehrlin, der dort auch ein Atelier hat», führt Bucher aus. «Es ist vieles anders als beim ersten Album, wir haben uns mehr Zeit genommen für die Aufnahmen.» 

Und viel verworfen, sagt Bucher: «Anfänglich hatten wir 20 Songs. Umso länger wir daran schraubten, desto mehr sortierten wir aus. Mit den zehn Verbliebenen sind wir dafür hundertprozentig glücklich. Das war uns sehr wichtig.»

Offen für neue Konzepte

Das Projekt Blind Butcher soll weitergehen, auch soll irgendwann eine dritte Platte folgen. Nur: «Wir haben noch keine Vorstellung, wie das nächste Album sein wird und wann es kommt», sagt Sänger Aregger. «Bisher haben wir immer geschrieben, bis wir eine ganze Palette an neuen Liedern hatten, und dann haben wir sie auf eine Platte gepresst.»

Und Blind Butcher so:

Man könne sich aber vorstellen, für ein nächstes Projekt mit einem Konzept an ein Album heranzugehen. Bucher: «Wir sind offen für alles. Wir könnten ein reines Wave-Album machen. Oder etwas ganz anderes. Es wird sich zeigen, worauf wir Lust haben.»

Was es auch wird, es wird kaum etwas wirklich Erklärbares sein – weil Blind Butcher das gar nicht sein wollen.

Beide mit diversen Projekten

Blind Butcher ist nicht das einzige Projekt der beiden Künstler. Sowohl Christian Aregger wie auch Roland Bucher sind Vollblutmusiker. Sie scheinen kaum ohne einander zu können: Sie spielen gemeinsam in etlichen Formationen, beispielsweise mit dem Genfer Musiker Pierre Omer oder in der Rock ’n› Roll-Band The Shit.

Beide arbeiten zusätzlich zu den Bandprojekten: Roland Bucher unterrichtet Schlagzeug an der Musikschule Küssnacht, Christian Aregger hat eine Anstellung als Art-Handler im Kunstmuseum Luzern.

Bucher entwickelt weiter Instrumente im Bereich der Live-Elektronik, den «Noise Table», und er baut Klanginstallationen.

Das klingt dann so:

 

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