Beat Züsli: «Der heutige Standort ist für ein urbanes Theater der beste»
Am See statt an der Reuss: Zwei Architekten schlagen vor, das neue Luzerner Theater am Kurplatz zu bauen. Damit würde die Stadt einen beliebten Platz am Ufer verlieren, entgegnet Beat Züsli. Im Interview sagt der Stadtpräsident, wieso die Standort-Diskussion zu spät kommt und weshalb der Architekturwettbewerb Verspätung hat.
Wo soll das neue Luzerner Theater gebaut werden? Diese Frage schien eigentlich abgeschlossen, bis am Donnerstag die zwei Architekten Max Germann und Bruno Achermann mit dem Kurplatz am Quai einen neuen Vorschlag präsentierten (zentralplus berichtete).
Ob er zum jetzigen Zeitpunkt noch reale Chancen hat, ist mehr als fraglich. Denn noch dieses Jahr soll der Architekturwettbewerb für ein Haus am jetzigen Standort, dem Theaterplatz, gestartet werden.
Die für das neue Luzerner Theater zuständige Projektierungsgesellschaft will an diesen Plänen festhalten, wie ihr Präsident Beat Züsli sagt. Sie hat genauso wie die Stadt Luzern Ende 2020 vom Vorschlag für ein neues Theater am Kurplatz erfahren. Der SP-Stadtpräsident sagt im Interview, wieso die Idee auf taube Ohren stiess.
zentralplus: Beat Züsli, was halten Sie vom Vorschlag der beiden Architekten Max Germann und Bruno Achermann, das Luzerner Theater am Kurplatz zu errichten?
Beat Züsli: Auf den ersten Blick scheint es ein interessanter und attraktiver Ort. Nach einer Prüfung sind wir aber zum Schluss gekommen, dass wir den Vorschlag nicht weiterverfolgen wollen.
zentralplus: Wieso nicht?
Züsli: Der Kurplatz als wichtiger Teil der Quaianlage ist für die Luzerner Bevölkerung ein attraktiver und sehr beliebter Naherholungs- und Aufenthaltsraum. Diesen Punkt fanden wir von Anfang an zentral bei der Eignungsbeurteilung.
«Ich bin überzeugt, dass das Neubauprojekt den Theaterplatz aufwerten wird.»
zentralplus: Die Architekten argumentieren ähnlich: Mit dem jetzigen Standort verliere Luzern einen zentralen Platz an der Reuss.
Züsli: Da bin ich anderer Meinung. Ich bin überzeugt, dass das Neubauprojekt den Theaterplatz aufwerten wird. Er wird noch stärker einen öffentlichen Charakter erhalten und dadurch attraktiver werden. Was beim Kurplatz nicht der Fall ist, dort würde man eine sehr beliebte Nutzung weitgehend verdrängen.
zentralplus: Aber der Theaterplatz hat unbestritten auch Nachteile – erwähnt sei in erster Linie das rechtliche Risiko, das mit der Kritik am Ortsbildschutz einhergeht.
Züsli: Das ist so. Aber – und da sind wir ebenfalls anderer Meinung als die Architekten hinter der neuen Idee – wir gehen davon aus, dass der vorgeschlagene Standort bezüglich Ortsbildschutz nicht einfacher wäre als der Theaterplatz. Angefangen beim Musikpavillon, der unter Denkmalschutz steht bis hin zur ganzen Umgebung: Das Risiko schätzen wir beim Kurplatz mindestens als gleich hoch ein. Dazu kommt die Frage der Erschliessung: Die Platzverhältnisse am Quai sind bereits jetzt eng, das Verkehrsaufkommen ist gross und die Situation schwierig. Das Theater braucht aber für die Logistik eine Zufahrt für grosse Fahrzeuge.
«Es gibt keinen Grund, in der jetzigen Situation auf den Standort-Entscheid zurückzukommen.»
zentralplus: Ist eine Standort-Diskussion für das Luzerner Theater angesichts des Projektstandes überhaupt noch erwünscht?
Züsli: : Grundsätzlich kann man die immer führen. Aber man muss sich bewusst sein: Wenn man auf einen anderen Standort umschwenken würde, erführe das Projekt eine Verzögerung von mehreren Jahren. Je später neue Ideen aufkommen, desto grösser ist der Zeitverlust. Wir würden das in Kauf nehmen, wenn eine Option äusserst prüfenswert wäre, doch das ist beim Kurplatz nicht der Fall.
zentralplus: Dann ist es aus Ihrer Sicht zu spät, um über den Standort zu reden?
Züsli: Aus Sicht des Stadtrates und der Projektierungsgesellschaft gibt es keinen Grund, in der jetzigen Situation auf den Standort-Entscheid für den Theaterplatz zurückzukommen. Zudem stellt sich bei jeder Alternative die Frage, was mit dem jetzigen Gebäude am Theaterplatz passieren soll.
zentralplus: Dafür gäbe es an diesem zentralen Ort sicher Interessenten.
Züsli: Ich bin überzeugt, dass schnell viele Ideen für die Nutzung des Hauses vorhanden wären. Aber es wäre nicht einfach, eine tragfähige Lösung zu finden. Einerseits vom Gebäude her, andererseits finanziell. Wir sehen das bei anderen Projekten, für die wir eine andere Nutzung gesucht haben, beispielsweise beim «Konsi» im Dreilindenpark oder bei der Villa auf Musegg 1: Es gibt jeweils viele Vorschläge, aber wenn es konkret wird, ist es jedes Mal eine grosse Herausforderung.
zentralplus: Die Grünen haben im Herbst den Kasernenplatz oder den Südpol als Standorte für das Luzerner Theater ins Gespräch gebracht. Wurden überhaupt Alternativen geprüft?
Züsli: Wir haben uns grundsätzlich auf die Abklärungen im Zusammenhang mit der Salle Modulable abgestützt. Damals gab es ja eine umfassende Prüfung von rund 20 Standorten. Am Ende entschied man sich damals für das Inseli – das ist nach dem Ja der Bevölkerung zur Inseli-Initiative inzwischen keine Option mehr.
zentralplus: Das heisst, seither gab es keine vertiefte Prüfung mehr?
Züsli: Wir haben die Standort-Diskussion zu Beginn der Planung nochmals geführt und verschiedene Alternativen geprüft. Aber bei allen Nachteilen des Theaterplatzes: Es gibt keinen besseren Standort, an dem sich das Luzerner Theater in einem vernünftigen Zeitraum realisieren lässt. Der heutige Standort ist für ein urbanes Theater der beste. Die Unterstützung, die wir seit unserem Bekenntnis dazu – aus der Bevölkerung, aber auch aus Planerkreisen und Fachverbänden – erfahren, bestärkt uns darin.
- Ja, das sollte ernsthaft diskutiert werden.
- Nein, der Platz sollte nicht überbaut werden.
- Gute Idee, aber sie kommt leider zu spät.
zentralplus: Eigentlich wollten Sie dem Luzerner Stadtparlament diesen Winter den Bericht und Antrag zum Architekturwettbewerb vorlegen. Wieso kam es bislang nicht dazu?
Züsli: Die Arbeiten zur Vorbereitung des Wettbewerbs laufen intensiv. Es hat sich auch da gezeigt, dass die Aufgabe komplex ist. Wir mussten insbesondere nochmals genau prüfen, wie wir das Volumen reduzieren können, ohne dass der Neubau betrieblich unbefriedigend ausfällt.
«Wir gehen davon aus, dass wir Ende 2022 das konkrete Projekt haben.»
zentralplus: Was heisst das konkret?
Züsli: Wir haben versucht, alle Bereiche «herauszunehmen», die man allenfalls auch in der Umgebung realisieren könnte. Nehmen wir als Beispiel den administrativen Teil: Die meisten Büroflächen müssen nicht zwingend nahe bei der Produktion oder Aufführung sein. Auch Kostümateliers kann man teilweise woanders platzieren. Auch der Südpol mit den bereits dort bestehenden Proberäumen kann dabei eine Rolle spielen.
zentralplus: Wie sieht der weitere Fahrplan aus?
Züsli: Wir wollen den Bericht und Antrag zum Architekturwettbewerb im Sommer dem Stadtparlament vorlegen.
zentralplus: Der Zeitplan ist eng – kann er trotz dieser Verzögerung eingehalten werden?
Züsli: Wir planen jetzt den nächsten Schritt. Wenn das Parlament im Sommer zustimmt, kann der zweistufige Architekturwettbewerb im Herbst starten. Wir gehen davon aus, dass wir Ende 2022 ein konkretes Projekt haben. Dann wird es wieder eine öffentliche und politische Debatte geben. Anschliessend ist das Umzonungsverfahren vorgesehen und dort kann es Einsprachen geben. Klar ist: Alles, was nach dem Wettbewerb kommt, ist im Moment noch mit einer gewissen zeitlichen Unsicherheit behaftet.