B-Sides wird auch 2023 divers – und experimentell
Das B-Sides auf dem Krienser Sonnenberg gilt als alternativ-kultureller Höhepunkt im Zentralschweizer Festivalsommer. zentralplus hat mit dem Gesamtkoordinator des B-Sides über kritische Stimmen zum Line-up und den schmalen Grat zwischen Anti-Mainstream und ausverkauftem Festival gesprochen.
«Es gab sehr viele Rückmeldungen zum letztjährigen Line-up», sagt Dominik Unternährer. Als Gesamtkoordinator des B-Sides laufen bei ihm die Fäden zusammen. So hat er auch mitgekriegt, dass die beiden Bookerinnen des B-Sides Jennifer Jans und Dominika Jarotta einiges an Kritik einstecken mussten. «Wir hatten viele, die sagten, ‹Wow, so mutig war das Line-up noch nie› und andere, die eher kritisch waren und sich tanzbarere, freudvollere Musik gewünscht hätten.»
Auch das diesjährige Line-up wird nicht allen gleichermassen gefallen. «Wir sind unserer Philosophie treu geblieben: vielfältig, kein Mainstream, Musik, die auch anecken darf», sagt Unternährer gegenüber zentralplus. Das Bookerinnen-Team sei aber auf die Kritik des Publikums eingegangen. Dieses Jahr werde es vom 15. bis 17. Juni wieder mehr tanzbare, freudvolle Musik geben. Zudem sei das neue Line-up melodiöser, teilweise auch poppiger.
Auf dem Sonnenberg wird's wieder divers
Auch dieses Jahr fällt im Line-up des B-Sides auf: Weniger als 50 Prozent der Acts sind männlich. Das Line-up habe schon immer auch viele weibliche und queere Acts umfasst, ordnet Dominik Unternährer ein. Dieser Fokus sei beim B-Sides kein neuer. Doch bei aller Liebe zur Diversität: Musikalische Kompromisse sei man ihretwegen keine eingegangen. «Wir sind von der Qualität all unserer Acts zu 100 Prozent überzeugt.»
Mit Japanese Breakfast konnte das B-Sides denn auch eine international bekannte Band für ihre erste Schweizer Show gewinnen. Für die Bekanntheit spricht unter anderem ihr Auftritt beim Format «Tiny Desk», wo auch Musikgrössen wie Coldplay aufgetreten sind. Japanese Breakfast spielen im Juni exklusiv auf dem Sonnenberg – und sonst nirgends im Lande. «Wir freuen uns, dass mit Japanese Breakfast der Mainact am Donnerstag eine gewisse Reichweite hat», sagt Unternährer.
Die iranische Revolution erhält eine Plattform am B-Sides
Japanese Breakfast ist das Projekt der koreanisch-US-amerikanischen Musikerin Michelle Zauner. Internationale Bedeutung hat auch der Auftritt von Maral. «Primär haben wir sie wegen ihrer Musik gebucht, weil sie super ins Programm passt. Gleichzeitig ist ihre iranische Herkunft ein Plus, weil wir es wichtig finden, gerade auch Künstlerinnen aus einem Kontext wie diesem eine Plattform zu geben», so Dominik Unternährer.
Marals Sound darf als experimentell bezeichnet werden. Ähnlich die Musik der Band Film 2, die in Luzern gegründet wurde. Letztes Jahr spielte sie an der Bad Bonn Kilbi, einem Festival, mit dem das B-Sides ein freundschaftliches Verhältnis pflegt. «Natürlich inspirieren sich die Booking-Teams des B-Sides und der Bad Bonn Kilbi gegenseitig», sagt Unternährer.
Luzerner Acts ganz unbekannt oder bereits etabliert
Im Line-up finden sich weitere Acts mit Regionalbezug wieder. So wurde mit Chewlie die Gewinnerin des «Kick Ass Award» von Radio «3fach» in der Kategorie «Bestes Album» gebucht. Etwas länger dabei und gemäss Dominik Unternährer definitiv bereit für die Hauptbühne sind Yet No Yokai.
Für Heidi Happy hat es dieses Jahr nicht gereicht – auch wenn Unternährer einen Auftritt von ihr am B-Sides per se nicht ausschliessen würde. Allzu berühmt dürfen die Acts aber nicht sein. «Wer im «Radio Pilatus» gespielt wird, hat es eher schwierig, ins B-Sides-Programm zu kommen», so Unternährer.
Eine Party verbindet Rück- und Ausblick
Die Vorfreude auf das diesjährige B-Sides ist bei ihm spürbar. Um diese beim Publikum zu wecken, schmeisst das Festival an diesem Freitag eine Party im Neubad. Während im Bistro das neue Programm vorgestellt wird, steigt später im Club die Party mit allen Schweizer DJs der letztjährigen Line-ups.
«Wir finden es eine schöne Idee, Ausblick und Rückblick zu verbinden», sagt Unternährer. Ob er und die beiden Bookerinnen Jennifer Jans und Dominika Jarotta sich bereits am Freitag neuerlicher Kritik stellen müssen? Eines steht fest: Dafür müssten sich die Kritiker wohl noch fleissig in den diesjährigen B-Sides-Sound reinhören. Denn der driftet definitiv am Mainstream vorbei.
- Telefonat mit Dominik Unternährer, Gesamtkoordinator des B-Sides