Der Zuger «Nick Cave» vor seinem Debüt-Album

Atlas Clouds: «Ich habe mich fast zerfleischt vor Selbstzweifeln»

Sieben Jahre hat Christoph Meier alias Atlas Clouds an seinem ersten Album gearbeitet.

 

(Bild: Annette Iten)

Seit 20 Jahren macht der Zuger Christoph Meier alias Atlas Clouds Musik. Und das mittlerweile mit einer Ernsthaftigkeit, die ihm selber nicht nur guttut. Bald erscheint sein erstes Album – nicht zuletzt dank der ihm nachgesagten Ähnlichkeit mit Nick Cave. Doch es war eine anstrengende Geburt.

Leichte Kost ist sie nicht, die Musik von Christoph Meier alias Atlas Clouds. Seine schwermütige Stimme singt melancholische Texte, unterlegt wird das Ganze von Synthesizer, Klavier, elektronischen Beats. Anstrengend zu hören ist das Ganze dennoch nicht. Im Gegenteil.

Christoph Meiers Musik ist eingängig, süffig, durchdringend und schön. «Naja. Schön sind die Lieder nur so lange, bis man auf den Text achtet», relativiert der Zuger, der unter dem Namen Atlas Clouds gerade seine erste Single veröffentlicht hat. «Dann tun sich plötzlich tiefe menschliche Abgründe auf. Und die sind gar nicht schön.» Tatsächlich ist die Musik von Atlas Clouds auf ganzer Linie melancholisch. Eine schwermütige Stimme trifft auf traurige Texte, das Ganze wird von dunklen Klängen untermalt.

Gut für nebenbei, bis man auf den Text hört

Der Zuger sagt: «Mir sind die Liedtexte extrem wichtig – so kann ich über Monate an einem einzigen Text arbeiten. Doch als Hörer kann man selber entscheiden, wie viel Tiefe man zulassen will.» So lasse sich die kürzlich veröffentlichte Single «You Should Know» ganz gut nebenbei hören, etwa am Radio. Solange man nicht zu genau auf den Text hört. Tatsächlich wurde das Lied noch am Tag der Veröffentlichung im «Sounds» auf SRF3 gespielt. Und erhielt lobende Worte vom Moderator.

Dass Meier überhaupt mit dem Musikmachen begonnen hat, bezeichnet er als Akt der Rebellion. Seine Eltern seien nicht sehr musikalisch, er selber kaufte sich als Jugendlicher eine Gitarre für 50 Franken bei Musik Schmitz in Zug. Heute spielt der Multiinstrumentalist unter anderem Kontrabass, Gitarre, Querflöte, Klavier, Schlagzeug und Akkordeon. Als Autodidakt hat er sich das Spielen der Instrumente selbst beigebracht.

«Ich kann heute nur noch Musik machen, die genau so intensiv ist wie Flamenco.»

Christoph Meier, Zuger Musiker

Vor 20 Jahren, als Meier das Lehrerseminar St. Michael in Zug besuchte, gründete der heutige Primarlehrer mit Freunden die Band Dirty Black Fish, eine «Rumpelband, mit der wir recht erfolgreich unterwegs waren». Dieses «nebenbei noch etwas Musik machen» genügte ihm bald nicht mehr. Er machte sich auf die Suche, reiste umher, verbrachte Zeit in Ägypten, Argentinien und Spanien, wo er sich intensiv mit Flamencomusik zu befassen begann.

«Diese Zeit war für mich enorm prägend. Nicht aus musikalischer Perspektive. Vielmehr, weil Flamenco so intensiv ist. Ich kann heute nur noch Musik machen, die genau so intensiv ist», sagt Meier. «Eine Journalistin hat einmal geschrieben, dass meine Musik beinah physisch schmerze. Das hat mich sehr erstaunt. Denn wohl geht es mir selber so, doch wusste ich nicht, dass auch die Zuhörer so empfinden.»

Sieben Jahre Arbeit für ein Album

Voraussichtlich im Februar erscheint das erste Album von Atlas Clouds. Es ist keines, das Christoph Meier schnell aus dem Ärmel geschüttelt hat. «In diesem Album stecken sieben Jahre Arbeit», sagt er lächelnd. Und sehr viel Energie: «Oft genug wollte ich alles verbrennen. Ich habe mich zeitweise fast selber zerfleischt vor lauter Selbstzweifel.» Doch diese vielen Jahre seien nötig gewesen, reflektiert Meier, um zu dem Punkt zu gelangen, wo er habe sagen konnen: «Das ist es! Genau das will ich vermitteln.» Und nun, nach sieben intensiven Jahren, sei dafür genügend Material vorhanden für noch zwei weitere Alben.

Meiers Liedtexte offenbaren häufig tiefe menschliche Abgründe.

Meiers Liedtexte offenbaren häufig tiefe menschliche Abgründe.

(Bild: Annette Iten)

Letzten Frühling ist das Plattenlabel Waterfall of Colours auf den Zuger zugekommen. «Die waren begeistert und fanden, ich klinge wie Nick Cave. Ein Vergleich, den ich interessanterweise immer wieder höre. Auch wenn ich überhaupt nicht versuche, nach jemand anderem zu klingen», so Meier.

Im Sommer folgten die Aufnahmen im Studio von Produzent Luk Zimmermann (ehemals Lunik) in Bern. «Und auch dieser fand grossen Gefallen an meiner Musik», erklärt Meier. «So sehr, dass er mir bei der Produktion enorm geholfen hat. Das war eine riesige Ehre, dass sich jemand mit solch grosser Erfahrung derart einsetzt für das Album», so der Multiinstrumentalist.

Christoph Meier macht also schon lange Musik. Doch Konzerte spielt er praktisch keine. Den letzten offiziellen Auftritt hatte der Zuger im «Schabernack … partout Variété» vor eineinhalb Jahren.

Die Schwierigkeit der Live-Auftritte

Seine lange Bühnenabsenz erklärt Meier so: «Mein Anspruch an mich selber ist sehr hoch. Ich will nicht zu früh spielen, bevor ich meine Musik beherrsche. Und die alleine live zu spielen ist etwas tricky.» Er spricht dabei die verschiedenen Komponenten seiner Musik an.

Neben Gesang und Instrumenten sind da noch elektronische Elemente, die über einen Laptop und verschiedene Pedals gesteuert werden müssen. Bis zur Perfektion brauche es noch etwas Übung. Doch es bleibt genügend Zeit. Die vom Plattenlabel angesetzte Deutschlandtournee findet erst im Herbst statt.

«Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass der Albumrelease keine grosse Bedeutung für mich hat.»

Christoph Meier, Zuger Musiker

Nun aber dreht sich erst mal alles um das bevorstehende Album. Wie viel Bedeutung misst Meier diesem Release zu? «Hm. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass er für mich keine grosse Bedeutung hat.» Meier überlegt kurz und ergänzt: «Meine Musik gibt es ja eigentlich gar noch nicht. Erst wenn sie jemand hört, beginnt sie zu existieren. Deshalb hat dieses Album für mich durchaus Bedeutung.» Was, wenn es nicht die gewünschte Beachtung erhält? «Dann mache ich weiter wie bisher», sagt Meier stoisch.

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