Ausstellung im Kunstmuseum Luzern: Andreas Züst

So atemberaubend sehen die Kälte, der Schnee und das Eis aus

(Bild: Andreas Züst/Kunstmuseum Luzern)

Wer Andreas Züst (1947–2000) noch nicht kennt, wird im Kunstmuseum Luzern angenehme Überraschungen erleben. Und zwar in der Ausstellung von Eveline Suter und Züsts Tochter Mara, welche die Ausstellung eloquent und perfekt kuratierten.

Ja, es überrascht nicht wenig, dass wunderbare Arbeiten wie diejenigen des Schweizer Geologen, Naturwissenschaftlers, Photografen, Malers, Verlegers, Filmproduzenten, Mäzens, Bibliomanen und Sammlers Andreas Züst nicht einem noch breiteren Publikum bekannt sind. Und dass eine solche legendäre Figur nicht in der ganzen Welt ein Star ist.

Wenn man die in Luzern ausgestellten Werke betrachtet, merkt man schnell, wie der Künstler und der Wissenschaftler immer Hand in Hand arbeiteten. Züsts Interesse an Naturphänomenen, an der Welt und der Gesellschaft, aber auch an der Kunst war unendlich.

Unendlicher Wissensdrang

Sein Interesse wandte sich an molekulare Strukturen, grossartige Sonnenuntergänge, Naturereignisse und wunderschöne, schneebedeckte Wiesen. Aber auch an Forschungsstationen und aussergewöhnliche Strände, an die Struktur winziger Kristalle und melancholische Mondlandschaften.

Seine neugierige Natur und seinen unendlichen Wissensdrang faszinierten also glaziologische Phänomene nicht weniger als schöne, makellose Ebenen. Und Kunst selber auch nicht weniger: Wir wissen, wie Andreas Züst schon in den 1970er-Jahren die Kunst- und Kulturszene in Zürich dokumentierte und das schweizerische und europäische Kunstleben mit grosser Aufmerksamkeit verfolgte.

Wissenschaft, Schönheit in deren verschiedensten Aspekten und Kunst. Mit seiner Kleinbildkamera, die ihn wie eine feste Freundin überallhin begleitete, erfasste und ordnete Andreas Züst all dies unermüdlich und akribisch. Ob er vielleicht ahnte, dass er kein langes Leben haben würde?  

Diakarusselle mit Bildern von besonderer Schönheit

Die zahlreichen unbetitelten und undatierten Fotografien werden durch Gemälde an der Wand ergänzt. Diese sind immer mit Naturfarben kreiert – aus Pilzen und Pflanzen. Und das auf eine besonders attraktive Weise, mit einem Diakarussell, das im Zentrum der Ausstellung zu finden ist.

Es handelt sich hier um eine Vierfachprojektion in einem separaten kleinen Raum. Für uns wohl der absolute Clou der Ausstellung. «Eis» war für Züst ein besonders faszinierendes Sujet – die Fotografien an der Wand, besonders die Winterserie, bezeugen dies schon. Aber «Eis» ist für uns alle heute ein sehr aktuelles Thema, das an die für Mensch und Tier verheerenden Folgen der Klimaveränderungen und an die schon ablaufenden Umweltkatastrophen im weitentfernten Norden sowie auch in unseren Bergen denken lässt.

Dias mit Eis in seinen unterschiedlichsten Formen und Farben, aber auch in seiner Funktion und hauptsächlich in seiner unglaublichen Zerbrechlichkeit werden fast kaleidoskopisch empfunden. Frischer und alter Schnee, unendliche Eislandschaften. Mal als ewige Berge und Dünen, mal als sich ständig entwickelnde Materie. Mal vergrössert als Forschungsobjekte. Züst forschte mit Begeisterung bereits als Student der Glaziologie mehrere Monate in Grönland. Mal auch, mindestens für jene, die das sehen wollen, als grossartige, sehr expressive, abstrakte Kunst. Eine Sache ist sicher: Man könnte vor diesen Bildern stundenlang verweilen.

Die Büchersammlung

Auch Züsts umfangreiche Büchersammlung lässt ihn als legendäre, an allem interessierte Sammlerfigur erkennen. In Luzern ist die Abteilung «Naturwissenschaften» zu sehen und zu konsultieren, darunter auch ein Buch zum Färben mit Pilzen.

Die Privatbibliothek, zum Zeitpunkt von Züsts Tod rund 10’400 Bücher umfassend, ist seit 2010 im Alpenhof auf dem St. Anton, Oberegg/AI, öffentlich zugänglich.

«Picture of Light» und «Pursuits of Wonders»

Zwei Titel fassen die phantastische Persönlichkeit von Andreas Züst in wenigen Worten zusammen: «Picture of Light», der 1991–94 koproduzierte Film von Peter Mettler sowie «Pursuits of Wonders», das gleichzeitig zur Ausstellung erschienene und von Mara Züst herausgegebene Buch mit Beiträgen auf Englisch und Spanisch von Peter Mettler, Verena Kuni, Jimena Croceri und Sharina Scheidegger, Edition Patrick Frey.

Die Ausstellung im Kunstmuseum Luzern zeigt auch interessante Objekte aus Züsts Privatsammlung, darunter sogar einen kuriosen und nicht schnell erkennbaren Narwalzahn.

Die Ausstellung «Andreas Züst. Eis» ist bis am 22. November im Kunstmuseum Luzern zu besuchen.

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