Neubau auf dem Kapellplatz

Altes ABM-Gebäude spaltet auch als Neubau noch die Gemüter

Der «Betonklotz» und «Schandfleck» in neuem Gewand. Darüber diskutiert wird aber immer noch. (Bild: chb)

Der Neubau am Kapellplatz 9 in Luzern kommt kaum zur Ruhe. Einst ein historischer Altbau, später der «Schandfleck» der Stadt Luzern und heute ein Versöhnungsversuch im Stadtbild. Trotzdem scheiden sich die Gemüter immer noch an dem Gebäude.

Grossen Teilen der Stadtbevölkerung von Luzern dürfte das ehemalige ABM-Gebäude am Kapellplatz noch ein Begriff sein. Der klobige Betonbau genoss im besten Fall einen zweifelhaften Ruf. Seit 2020 steht an dieser Stelle ein Neubau, der allgemein besser wegkommt, aber immer noch polarisiert (zentralplus berichtete). Während die einen der Meinung sind, ein «Schandfleck» sei lediglich durch einen anderen ersetzt worden, finden andere den modernen Look samt dem an vergangene Zeiten erinnernden Ecktürmchen ansprechend.

Geteilter Meinung sind auch der Luzerner Architekt Andreas Gervasi und der Obwaldner Denkmalpfleger Peter Omachen. In der Architekturzeitschrift «Karton» liefern sie sich einen Diskurs über den Neubau, der aus der Feder der Zürcher Architekten Joos & Mathys stammt. Das Büro hat auch das Gebäude entworfen, das am Pilatusplatz gebaut wird.

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Ewiggestrig oder modern?

Die Streitfrage ist dabei weniger die Raumnutzung am Kapellplatz, sondern vielmehr die optische Gestaltung des Gebäudes. Gervasi, Mitglied der Geschäftsleitung des Architekturbüros Bauconsilium Luzern, bedauert beispielsweise, dass sich der neue Look zu sehr auf das architektur- und kulturhistorische Erbe verlässt und sich kaum traut, sich radikal vom Ballast der Vergangenheit abzusetzen. «Wo steckt die Suche nach gestalterischen Antworten von städtebaulichen und architektonischen Aufgaben von morgen?»

«Ich kann nicht nachvollziehen, worin die Qualität oder auch nur der Reiz bestehen soll, sich heute radikal von der Vergangenheit abzuwenden», kontert Omachen in der Zeitschrift. Er bringt zwar Verständnis dafür auf, wenn man sich bewusst von der Vergangenheit lösen möchte, allerdings nur, wenn dem ein Trauma vorausging, wie beispielsweise nach dem Ersten Weltkrieg, als ein Umdenken stattfand, das in der Architektur gewissermassen die Entwicklung der Moderne vorantrieb.

Fast 500 Jahre bewegte Geschichte

«Als Architekturhistoriker und Denkmalpfleger ist es meine Aufgabe, zu beobachten und zu erhalten», so Omachen weiter. Die Aufgabe eines Architekten hingegen sei es, Antworten auf neue Herausforderungen zu finden, die immer stimmig, nicht aber zwingend neu sein müssen.

Letztlich bleibt der Neubau – im Auge des gemeinen Betrachters – wohl nichts anderes als eine Geschmacksache. Wie sich die Gebäude übrigens im Laufe der Jahrhunderte verändert hat, siehst du in der Bildstrecke:

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