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Das Kulturhaus Galvanik feiert zwar erst seinen 20. Geburtstag, doch hat es bereits so viele Geschichten auf dem Buckel, dass einem schwindlig werden kann. Eine davon ist die vom verheerenden Brand. Es ist eine Geschichte davon, wie die Ironie des Schicksals volle Kanne zuschlug und davon, wie sich die Galvanik schlussendlich selber rettete.
7. September 2008: Es ist früher Sonntagmorgen. Die letzten Gäste der Galvanik sind schon zuhause oder zumindest wankend auf dem Weg dahin. Wo vorher noch eine laute Party stattfand, ist mittlerweile Ruhe eingekehrt. Das Lokal ist bereits sauber, staubgesaugt, liegt verlassen da.
Nur im Abstellraum regt sich etwas. Schleichend langsam frisst sich die noch glimmende Asche einer Zigarette durch den Inhalt des Staubsaugers, schwelt vor sich hin, greift über auf gestapeltes WC-Papier, Holz, Plastik. Verwandelt sich zu einer kleinen Flamme, die weiterwandert, wächst und irgendwann, vollkommen unbeobachtet, zu einem Feuer wird. Einem grossen. Einem, dass die ganze Galvanik in sich verschlingt und nur wenig übrig lässt. Der Puls der Galvanik wird in dieser Nacht von 180 auf fast 0 gesetzt.
Gift im Boden – Feuer im Dach
Er geht heute wieder regelmässig. Der Herzschlag ist stark. Das Feuer ist schon fast in Vergessenheit geraten. So auch die Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gab, als von der Galvanik nur noch eine Ruine übrig war.
«Das war alles andere als ein politischer Spaziergang.»
Dolfi Müller, Zuger Stadtpräsident
Dolfi Müller, der damals bereits als Stadtpräsident fungierte, blickt zurück.«Gift im Boden und Feuer im Dach – unter diesen Voraussetzungen war der Baukredit für den Umbau der Galvanik alles andere als ein politischer Spaziergang.» Müller spielt dabei auf die Bodenverunreinigungen an, die in der Zeit entstanden sind, als das Haus noch ein Galvanisierwerk war. Diese Verunreinigungen waren Hauptgrund, warum die Galvanik – lange vor der Feuersbrunst – hätte saniert werden sollen.
(Bild: zvg)
«Der Brand vom 7. September 2008 machte die Sache im Hinblick auf die kommende politische Debatte nicht leichter», erklärt der Stadtpräsident. Ein weiterer Grund für eine Sanierung drängte sich zudem auf: «Bereits vor dem Brand gab es von der Feuerpolizei immer wieder Forderungen, da die Galvanik offenbar den Sicherheitsansprüchen nicht mehr genügte.» Man habe es mit zusätzlichen Notausgängen und sonstigen Anpassungen versucht.
«Auf dieses Referendum reagierte die Zuger Szene, indem sie einig zusammenstand und die Bevölkerung mobilisierte.»
Dolfi Müller, Zuger Stadtpräsident
Der Club sei bei der Feuerpolizei dennoch stets auf dem Radar geblieben, bis der Stadtrat den Entzug der Betriebsbewilligung androhen musste. «Sie können sich vorstellen, dass das die Nutzer der Proberäume überhaupt nicht lustig fanden. Da war ich dann natürlich der ‹Böhlimaa›. Es gab mir aber auch den nötigen Impuls, um das Projekt politisch voranzutreiben.» Und dann, Ironie des Schicksals, sollten die Befürchtungen der Feuerpolizei bestätigt werden. Das Haus brennt, der Betrieb ist zu.
Die SVP findet: Njet!
Der Grosse Gemeinderat sagte daraufhin zwar Ja zum Aufbau der Galvanik. Die SVP fand: Njet! Und bremste das Projekt mit einem Referendum aus. Müller, dem die Galvanik sehr am Herzen liegt, erklärt: «Auf dieses Referendum reagierte die Zuger Szene, indem sie einig zusammenstand und die Bevölkerung mobilisierte.»
«Ich kam während eines spannenden Zeitpunktes dazu. Niemand wusste, wie es weitergeht und ob die Galvanik überhaupt wiedereröffnen würde.»
Julia Häcki, ehemalige Präsidentin der Galvanik
Zwei der Zugpferde der Galvanik-Kampagne sind Julia Häcki und Claudia Weibel. Häcki stiess Mitte 2009 zum Vorstand der Galvanik und wurde wenig später zur Präsidentin gewählt. Die Zugerin, die damals noch mitten im Studium war, sagt zu ihrer Anfangszeit: «Ich kam während eines spannenden Zeitpunktes dazu. Niemand wusste, wie es weitergeht und ob die Galvanik überhaupt wiedereröffnen würde. Deshalb hat es mir ‹den Ärmel reingenommen›».
Als Häcki dazukam, hatte der Vorstand bereits Ideen aufgegleist, wie das Lokal temporär und ausserhalb der Galvanik weitermachen konnte. «Wir begannen, Anlässe unter dem Label «Galvanik on Tour» an anderen Orten zu veranstalten und führten regelmässig eine Galvanik-Bar in der Industrie 45. Das haben wir gemacht, damit wir unser Haus und vor allem unseren Namen am Leben halten konnten. Die Leute wussten, dass es uns noch gab», sagt Häcki.
Und plötzlich wird alles politisch
Etwas später kam die Frage nach dem Baukredit, wogegen die SVP ihr Referendum einlegte. «Das war zunächst ein Rückschlag. Damit wurde alles plötzlich politisch, wir mussten unsere Anstrengungen verdoppeln, mussten überzeugen und Vertrauen schaffen. Und natürlich mussten wir die Legitimation dafür schaffen, dass es dieses Haus braucht.»
Der Verein Galvanik hat sich mit lautem Säbelrasseln auf den politischen Kampf eingelassen. «Wir sind in den Dialog getreten mit der Bevölkerung und der Politik, haben eine Kunstbenefiz-Veranstaltung organisiert, wo Künstler ihre Werke spendeten, und haben die Aktion ‹Wir bauen die Galvanik selbst› ins Leben gerufen, bei der Leute Arbeitsstunden für den Umbau schenken konnten.»
«Es war eine Zeit, in der ich morgens in meinem Büro aufwachte mit dem Tastaturabdruck im Gesicht.»
Claudia Weibel, ehemalige Galvanik-Angestellte
Häcki schaukelte das Kind nicht allein. Der ganze Vorstand packte mit an, Dutzende Freiwillige machten mobil und mit Claudia Weibel setzte die Galvanik gar auf eine Vollzeit-Bürokraft. Es galt, eine Abstimmung zu gewinnen. «Das war die strengste Zeit in meinem Leben», stellt Weibel rückblickend fest. «Eine Zeit, in der ich morgens in meinem Büro aufwachte mit dem Tastaturabdruck im Gesicht.» Streng, aber auch schön sei es gewesen, findet die 31-Jährige, die ihr temporäres Büro in den Räumlichkeiten der Industrie 45 hatte.
Ein hartnäckiger Wahlkampf wird ausgefochten
«Wir haben damals unter der Regie von Häcki die ganze Kampagne aufgestellt», so Weibel. Und das, ohne je daran zu zweifeln, ob sich der Effort im Endeffekt lohnen würde. «Ich habe mich zwar aufgeregt über die Ansichten gewisser Leute, doch das hat uns nicht eingeschüchtert. Zug war damals kulturell ausgetrocknet. Es war klar, dass die Galvanik wieder aufgebaut werden muss.»
Entsprechend hartnäckig machte man sich an den Wahlkampf. «Wir waren ziemliche Wadenbeisser. Haben überall angedockt, wo wir eine Möglichkeit gewittert haben», sagt Weibel heute.
Und dann kam er, der 8. März 2010. Die emotionale Abstimmung, die als glatter Erfolg für die Galvanik-Unterstützer verbucht werden sollte. Mit 61,8 Prozent Ja-Stimmen setzte die Zuger Bevölkerung ein klares Zeichen. Der Zuger Stadtpräsident Dolfi Müller sagt heute dazu: «Die Galvanik hat sich in dieser Abstimmung selber gerettet.»
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