White Lies und Wild Beasts lassen Luzern tanzen

80er-Disco und Strobo-Gewitter am Blue Balls Festival

White-Lies-Bassist Charles Cave.

(Bild: pze)

Die Londoner White Lies sorgten am Blue Balls beim spärlich vorhandenen Publikum für Begeisterung. Sie setzten dabei auf einen Mix aus ganz neu und ganz alt. Nur Sänger McVeigh hatte mit Problemen zu kämpfen.

Selten hat man an Konzerten wenige Schritte vor der Bühne noch rund zwei Quadratmeter Platz für sich selbst. Oft herrscht an den begehrten Plätzen ein Gedränge und Geschubse, Bier wird einem über die Schuhe geleert. Im Luzerner Saal des KKL hätte man am Freitagabend aber beinahe eine Picknick-Decke ausbreiten können. Kaum halbvoll war die Halle, als die Wild Beasts pünktlich die Bühne betraten.

Exakt und schnörkellos

Die Synth-Pop-Band hat sich bei Grössen des Genres, allen voran Depeche Mode, eine Menge abgeschaut und die Londoner setzten es auf der Bühne (dank Backing Track per Laptop) punktgenau um. Der Falsettgesang des Sängers Hayden Thorpe, welcher den Sound der Wild Beasts prägt, ist gewöhnungsbedürftig – dafür absolut tadellos. Nur führte diese Exaktheit, die eben auch der Backing Track vorgibt und unterstützt, dazu, dass die Show teilweise fast langweilig wurde.

Ausserdem passierte wenig auf der Bühne. Sowohl während wie auch zwischen den Songs gab es kaum Spontanität. Das Quartett vermochte, trotz einiger guter Songs, die grosse Blue-Balls-Bühne nicht ganz auszufüllen.

80er-Jahre-Disco 

Als schliesslich die White Lies, von Festivaldirektor Urs Leierer höflich angekündigt, hinter dem Vorhang hervortraten, war noch einmal gefühlt die Hälfte des ansonsten schon spärlichen Publikums in einer Rauchpause. Den ersten Song «Take it out on me» stimmten sie vor praktisch leerem Saal an.

Doch die Londoner wussten auf sich aufmerksam zu machen. Sie begannen ihr Set gleich mit drei hoch-energetischen Songs – mit einer frenetischen Strobo-Lichtshow, welche auch den letzten Päuseler dazu brachte, sich schnellstens zurück in die Halle zu bewegen.

Die drei Engländer waren in Spiellaune. Die 80er-Jahre-Disco-Synths und die geschrammten Akkorde erfüllten den ganzen Luzerner Saal und luden zum Tanz – stets angereichert mit einer grossen Portion Melancholie. Immer wieder blitzte selbst bei traurigen oder nachdenklichen Songtexten ein schelmisches Lächeln über das Gesicht von Sänger Harry McVeigh.

White-Lies-Sänger Harry McVeigh im KKL.

White-Lies-Sänger Harry McVeigh im KKL.

(Bild: pze)

Die Show hätte zentralplus-Kulturblogger Mario Stübi gefallen, denn die vier Engländer spielten (grösstenteils) ohne Laptop oder technische Hilfsmittel: Zu viert performten sie die Songs live und roh, ab und zu mit Temposchwankungen, dafür mit Dynamik, voluminös und ehrlich. Wie eine Band klingen soll und klingen darf. 

Allen voran zeigte Bassist Charles Cave seine Qualität: Die Basslines bei den White Lies sind simpel, rhythmisch oft monoton und schnell. Sie sind dabei aber in ihrer Schlichtheit genial – und werden sie exakt gespielt, geben sie dem Sound eine wahnsinnig treibende Kraft. So legten er und Drummer Jack Lawrence-Brown auch am Freitagabend die Basis für die mitreissenden Songs.

Einzig die Stimme von Sänger Harry McVeigh spielte der Band einen kleinen Streich: Eine Erkältung, wie er selbst erklärte, liess den Frontmann die hohen Töne nicht immer in gewohnter Qualität treffen. Dadurch klang die Stimme hörbar rauher als sonst. Zur Erfrischung und Ölung der Stimmbänder genehmigte sich McVeigh ein Guinness – naja, wenn’s hilft …

Alte Songs kamen gut an 

Der Setlist war anzumerken, dass die Band auf sehr alte Werte vertraute: Neben Songs des neusten Albums «Friends», mit welchem sie auf Tour sind, beschränkten sich die White Lies fast ausschliesslich auf Songs ihres Debut-Albums «To Lose My Life» (2009). Songs ab dem zweiten und dritten Langspieler suchte man lange Zeit vergeblich.

Die Lichtshow der White Lies im KKL war beeindruckend.

Die Lichtshow der White Lies im KKL war beeindruckend.

(Bild: pze)

Eine Entscheidung, die das Publikum honorierte: Die bekannten Klassiker wurden mitgesungen, mitgetanzt und mitgefeiert – während die neuen eher bewundernd und neugierig zur Kenntnis genommen wurden. Scheinbar kannte das Luzerner Publikum die neuste Platte der Band kaum. Dass das neue Album im letzten Jahr so wirkungslos blieb, könnte auch der Grund sein, warum so wenige Leute den Weg hierher gefunden haben. Leider, ist man versucht zu sagen, denn das Konzert hätte ein grösseres Publikum verdient.

Zum Schluss gab McVeigh ein kurzes «We’ve been White Lies» von sich, mit welchem er den letzten Song einläutete: ihren grössten Hit «Bigger Than Us». Und tatsächlich: Die Halle sang mit und feierte die Band für den gelungenen Auftritt. Die Dankesrede von Urs Leierer unmittelbar nach der Show ging in begeisterten (aber unerhörten) «Zugabe»-Rufen unter.

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