Reaktionen zum abrupten Leitungswechsel

Künftige Ausrichtung des Theater Casino Zug steht in den Sternen

Theater Casino Zug: Die Vorgänge hinter den Kulissen bleiben im Dunkeln. (Bild: Laura Hürlimann)

Zuger Kulturszene und -interessierte sind vom Abgang der Intendantin des Theater Casino überrascht worden. Lobend wird Katrin Kolos künstlerisches Wirken während der kurzen Amtszeit kommentiert. Die im Unklaren gelassenen Umstände ihres Wegzuges und die Freistellung durch die Theater- und Musikgesellschaft Zug werfen Fragen auf.

Das Theater Casino ist einer der wichtigsten kulturellen Institutionen in der Stadt Zug und eine der höchstsubventionierten. Im Moment erhält der Betrieb städtische Beiträge von jährlich 700'000 Franken, die Theater- und Musikgesellschaft (TMGZ) für das Programm 500'000 Franken (zentralplus berichtete).

Die sofortige Freistellung der verantwortlichen Intendantin, welche laut TMGZ möglicherweise Zusatzkosten verursacht, ist deshalb auch dem Stadtpräsidenten nicht gleichgültig.

«Eine schwierige Situation für das Theater Casino, gerade während den aktuellen, Covid-bedingten erschwerten Rahmenbedingungen», sagt Karl Kobelt (FDP). «Wir vertrauen darauf und hoffen, dass der Neustart des Theaters Casino nach der Corona-Krise gelingt.» Als Präsident der Stiftung ist er letztlich der oberste Hausherr, auch wenn die Intendantin vom Verein TMGZ angestellt ist.

Irritierender Strategieprozess

Unterschiedliche Auffassungen über die Strategie waren laut den Verantwortlichen der Grund für die Trennung von Katrin Kolo (zentralplus berichtete). Was das im Detail heisst, wird nicht erläutert, die künftige Ausrichtung des Hauses steht noch in den Sternen. Kulturinteressierte sind über diese diffuse Situation in einer so bedeutenden Institution irritiert.

«Ich finde es eigenartig, dass man die Zusammenarbeit nach so kurzer Zeit, aufgrund von Corona zwangsläufig ohne Bewertung durch das Publikum, auflöst», sagt Martin Himmelsbach, Organisator und Booker verschiedener Grossanlässe in Zug. «Vielleicht war die Strategie unklar formuliert oder sie ändert sich wie die Fahne im Wind.» Ihre konkreten Vorstellungen, wie es mit dem Theater Casino weitergehen soll, können die Verantwortlichen erst in einigen Monaten präsentieren.

«So etwas macht man nicht.»

Roland Schlumpf, Ex-Leiter Burgbachkeller

Für den früheren und langjährigen Leiter des Theaters im Burgbachkeller, Roland Schlumpf, machen unterschiedliche Zukunftsvorstellungen einen Wechsel im Grunde interessant. Zum Vorgehen der TMGZ spricht er Klartext: «Ich bin enttäuscht vom Vorstand, dass man Frau Kolo nicht die Möglichkeit gab, ihr Programm zu präsentieren.» Die erste Saison war noch geplant vom Vorgänger, dann verunmöglichte Corona, ein richtiges Jahresprogramm zu zeigen. «Natürlich weiss ich nicht, was da zwischen Vorstand und Intendanz vorgefallen war», kommentiert Roland Schlumpf, «aber so etwas macht man nicht.»

Bedauern in der Kulturszene

«Sehr schade!», kommentiert ein Zugerin die Freistellung von Katrin Kolo auf Facebook. «Ich kann bestätigen, dass ihr die Zuger Kultur am Herzen liegt.» Auch für Kulturschaffende ist der überraschende Wegzug ein Verlust.

Das Theater im Burgbachkeller hat sich sehr auf die Zusammenarbeit gefreut. «Katrin Kolo hat breitgefächerte Erfahrung mitgebracht und war stets sehr offen und herzlich im Austausch», so Co-Leiterin Gianina Masüger.» Diese Kombination hat uns gefallen und neugierig gestimmt, auch um eventuell neue Formate oder Formen der Zusammenarbeit zu finden.»

Die Musikschule Zug hat eng mit dem Casino für das Konzertformat «Next Generation Talents» zusammengearbeitet. «Wir bedauern es sehr, dass Katrin Kolo das Casino verlässt», sagt Rektor Mario Venutti. «Das Theater Casino ist für uns als musikalische Bildungsorganisation ein wichtiger Partner in der Kulturvermittlung. Phil Dankner wünschen wir viel Erfolg für seine Arbeit als Interims-Intendant und hoffen auf eine enge Zusammenarbeit.»

Kein Konkurrenzdenken

Der neue Casino-Intendant ad interim war vorher als Artistic Director in der Chollerhalle tätig. Dort befürchtet man durch den Wechsel keine Konkurrenzsituation oder ein Gerangel um bekannte Künstlerinnen.

«Der Kulturplatz Zug profitiert durch ein diverses Angebot an Kulturinstitutionen und deren Profile. Galvanik, Burgbachkeller, Industrie 45, Casino haben wie die Chollerhalle ihr eigenes Profil und ihr Stammpublikum», stellt Geschäftsführer Graziano Grieder fest. «Dies ist wichtig und den Institutionen und Verantwortlichen auch bewusst. Wir arbeiten gut aneinander vorbei und hoffen dies bleibt so.»

Das Theater Casino verfolge auch eine ganz andere Strategie als die Chollerhalle. «Zudem haben wir vertraglich vereinbart, dass Formate, die wir in der Chollerhalle kreiert haben, auch bei uns bleiben», so Grieder.

Gesamtheitliche Sicht sinnvoll

Die Besetzung des Intendantenpostens ist im Theater Casino nicht der einzige Knackpunkt. Auch im Betrieb harzt es bisweilen. Das im letzten Sommer neu eingeführte Ticket-Reservationssystem erwies sich am Anfang als mangelhaft und wenig kundenfreundlich. Die Entlassung des langjährigen Cheftechnikers im Jahr 2019 wurde bis heute nicht begründet. Auch die Restauration, vor allem das Catering bei Anlässen, ist ein Dauerthema.

Als Grundproblem im Theater Casino orten Fachleute seit Jahren die Doppelstruktur mit Stiftung und dem Verein Theater- und Musikgesellschaft. So ist ein Haus von dieser Grösse offenbar schwierig zu handeln. In der jetzigen Situation scheint deshalb eine Gesamtschau sinnvoll, um die Führungsstruktur generell zu überdenken. Auf Stadt- und Stiftungsratspräsident Karl Kobelt wartet auf jeden Fall eine weitere Kulturbaustelle.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Daniela Übersax
    Daniela Übersax, 04.03.2021, 22:24 Uhr

    Wie wäre es mit etwas Diversität? In der Führung waren nur Frauen, was viele Zuger und Zugerinnen irritiert hat. Wäre es umgekehrt gewesen, wäre ein riesiger Aufschrei die Folge gewesen. Nicht umsonst setzt man sonst überall auf gemischte Teams!

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