Zug prüft neue Wege, um Kriminelle abzuschrecken

Kriminaltouristin klaute 20 Flaschen Prosecco – um ihre Familie zu unterstützen

Die 20 Flaschen Schaumwein stahl die Frau, um sie zu verkaufen. (Bild: Congerdesign, Pixabay)

Eine 33-Jährige ist dabei erwischt worden, wie sie in einer Zuger Coop-Filiale Prosecco stahl – im Wert von 1'463 Franken. Sie wollte ihn verkaufen, um ihre Familie im Heimatland zu unterstützen. Um solche Fälle zu verhindern, lässt sich die Zuger Polizei jetzt von den Aargauer Kollegen inspirieren.

Zusammen mit einer unbekannten Komplizin hat die Frau im Juni 20 Flaschen Schaumwein im Wert von 1'463 Franken gestohlen. Die Flaschen im Wert von je rund 73 Franken wollte sie verkaufen, um sich ihren Aufenthalt in der Schweiz zu finanzieren – und ihren arbeitslosen Mann und ihren sechsjährigen Sohn in Rumänien zu unterstützen.

Tags darauf versuchte sie ihr Glück gleich nochmals in einer anderen Coop-Filiale. Und wurde prompt erwischt. Zwei Tage sass die 33-Jährige in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft verurteilte sie daraufhin wegen gewerbsmässigem Diebstahl – und zwar zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Franken.

Bei der Frau ist nichts zu holen

Die 2700 Franken würden fällig, sollte die Frau rückfällig werden. Dass sie eingetrieben werden könnten, ist allerdings unwahrscheinlich, weil die Frau mittellos ist. Selbst die 100 Franken Verfahrenskosten werden «zufolge offensichtlicher Uneinbringlichkeit sofort und definitiv abgeschrieben», wie es im Strafbefehl heisst.

«Manche hoffen, hier leichte Beute zu machen.»

Michael Derrer, Justizdolmetscher

Der Kanton Zug wird immer mal wieder von Kriminaltouristen heimgesucht. Ein spektakulärer Fall ereignete sich letztes Jahr. Gewaltsam hatten sich mehrere Männer Zutritt in das Einkaufszentrum Zugerland in Steinhausen verschafft. Sie stahlen elektronische Geräte und Zigaretten im Wert von rund 100'000 Franken – wurden aber auf der Flucht von der Polizei gestoppt. Die Ermittlungen ergaben, dass sie mehrere ähnliche Delikte begangen hatten.

Polizeimeldungen sollen Gauner abschrecken

«Manche hoffen, hier leichte Beute zu machen und sich so den Lebensunterhalt im Heimatland finanzieren zu können. Es sind teils einfache Leute vom Land», erzählt Michael Derrer. Er ist Dozent an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Daneben arbeitet er als Justizdolmetscher. In diesem Zusammenhang hat er viele Fälle von Kriminaltourismus mitbekommen.

Derrer engagiert sich seit Jahren dafür, dass Kriminalitätstourismus präventiv bekämpft wird. Manche der Täterinnen seien naiv und würden von Organisationen ausgenützt. Zwar wissen diese Personen sicherlich, dass sie zum Stehlen in die Schweiz kommen. Aber welche Folgen diese Taten für ihr Leben haben, schätzen viele vor allem jüngere Personen nicht richtig ein. Entgegen der landläufigen Meinung sei es für die meisten kein Zuckerschlecken, wenn sie in der Schweiz ins Gefängnis kommen.

«Der Ansatz der Aargauer Kollegen ist durchaus eine Möglichkeit.»

Sandra Peier, Zuger Polizei

Die Aargauer Polizei experimentiert damit, Ermittlungserfolge auf Facebook zu vermelden – in Albanisch, Serbisch, Bulgarisch und Rumänisch. Die Idee dahinter: Den Kriminaltouristen zeigen, dass der Aargau ein hartes Pflaster für Einbrecher ist.

Auch die Zuger Polizei vermeldet aus diesem Grund auf den eigenen Social-Media-Kanälen immer wieder Erfolge in der Kriminalitätsbekämpfung. «Diese Mitteilungen erfolgen bislang auf Deutsch. Der Ansatz der Aargauer Kollegen ist durchaus eine Möglichkeit. Ob dies auch für uns in Frage kommt, prüfen wir immer wieder», sagt dazu Sprecherin Sandra Peier.

Die Zahl der Fälle könnte 2020 sinken

2019 wurden in Zug 115 Ausländer ohne Aufenthaltsbewilligung einer Straftat überführt. Die meisten Kriminaltouristen, nämlich 22, stammten aus Rumänien. In den beiden Vorjahren waren es ebenfalls rund 20 Fälle.

«Wie die Statistik zeigt, sind die Zahlen tief und waren in etwa gleichbleibend», sagt Peier. Durch den Lockdown waren die Grenzen dieses Jahr zeitweise geschlossen. Möglich also, dass es dadurch 2020 zu einem Rückgang der Delikte kommt, die durch Kriminaltouristen begangen werden. «Es ist noch verfrüht, dies zu beurteilen. Zumal es auch ungewiss ist, wie es in der zweiten Jahreshälfte mit dem Coronavirus weitergeht», meint Peier.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Andreas Peter
    Andreas Peter, 30.07.2020, 12:33 Uhr

    Prosecco für 73 Franken die Flasche?
    Gibt es das überhaupt? Sind das Jeroboam? Das wäre ein bisschen auffällig zum klauen, oder?
    Die teuerste Flasche Prosecco auf Coopathome kostet CHF 19.95
    Da stimmt etwas nicht.

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