Überraschendes zur Luzerner Kriminalstatistik

Kriminaltouristen rücken Ausländer in schlechtes Licht

Kriminaltouristen brechen in ein Haus ein. Taten dieser Art heben die Fallzahlen in der Kriminalstatistik in Bezug auf die Ausländerkriminalität. (Bild: Symbolbild/Fotolia)

42 Prozent aller Straftaten im Kanton Luzern werden von Ausländern begangen. Hinter dieser hohen Zahl stehen unter anderem Kriminaltouristen. Betrachtet man die Nationalitäten der Täter in Zusammenhang mit sexuellen Belästigungen, so überrascht der Anteil einer Gruppe besonders – es sind nicht Asylbewerber.

Die Luzerner Strafverfolgungsbehörden haben ein intensives Jahr hinter sich: Erstmals in der Geschichte behandelte die Staatsanwaltschaft im Jahr 2015 mehr als 50’000 Fälle (zentral+ berichtete).

Neben den üblichen Kriminalstatistiken rückte die Staatsanwaltschaft an der diesjährigen Pressekonferenz zum neuen Jahresbericht speziell die Ausländerkriminalität in den Vordergrund. «Das erschien uns gerade angesichts der Übergriffe in Köln sinnvoll zu sein», erklärt Simon Kopp, Sprecher der Luzerner Staatsanwaltschaft. Denn: Die Zahlen der Luzerner Justiz brechen teilweise mit derzeit geläufigen Vorurteilen – zumindest gegen grabschende Asylbewerber.

«Beachtliche Anzahl von Delikten»

Doch zuerst zur Ausgangslage: Im Durchschnitt werden 40 Prozent aller Straftaten im Kanton Luzern von Ausländern begangen. 2015 ist dieser Anteil mit 42 Prozent – also mit rund 21’100 von insgesamt 50’200 Straftaten – leicht angestiegen. «Wenn man bedenkt, dass der Ausländeranteil im Kanton Luzern lediglich bei 24 Prozent liegt, so ist die Anzahl der durch sie verübten Delikte schon beachtlich», sagt Oberstaatsanwalt Daniel Burri. Dennoch: Vergleiche man den Kanton Luzern mit der restlichen Schweiz, so liege der Wert unter dem schweizweiten Durchschnitt, betont er weiter.

Vermögensdelikte (2989 Fälle von 5338) und strafbare Handlungen gegen die Freiheit (1040 Fälle von 1825) – darunter fallen unter anderem Drohung, Nötigung oder Hausfriedensbruch – werden häufiger von Ausländern als von Schweizern begangen (siehe Grafik).

(Quelle: Luzerner Staatsanwaltschaft)

(Quelle: Luzerner Staatsanwaltschaft)

Kriminaltouristen verfälschen Statistik

Warum werden Vermögensdelikte und strafbare Handlungen gegen die Freiheit vermehrt von Ausländern begangen? «Gerade Hausfriedensbruch steht häufig in Zusammenhang mit Einbruchdiebstählen», erklärt Oberstaatsanwalt Daniel Burri. «Diese werden sehr häufig von Kriminaltouristen begangen.» Diese würden die Fallzahlen nach oben ziehen.

«Es können Zufälligkeiten, aber auch unterschiedliche Kulturverständnisse sein.»
Daniel Burri über die hohe Fallzahl von häuslicher Gewalt in ausländischen Familien

Sexuelle Belästigung: Kein Ausländerphänomen

Obwohl sexuelle Belästigungen seit Anfang Jahr vermehrt in die öffentliche Wahrnehmung geraten sind – und dies seit den Übergriffen in Köln insbesondere in Zusammenhang mit Ausländerkriminalität –, sind die dazugehörigen Zahlen der Luzerner Staatsanwaltschaft «tief und nur wenig spektakulär», so Burri. Die Staatsanwaltschaft hatte im Jahr 2015 insgesamt 45 (Vorjahr: 46) Fälle von sexuellen Belästigungen untersucht, wobei es in 39 Fällen zu Verurteilungen kam.

Oberstaatsanwalt Burri (links) mahnt an der Medienkonferenz vom Dienstag, dass die Zahlen nicht überinterpretiert werden sollen. Rechts im Bild: Guido Emmenegger, Leiter Zentrale Dienste. (Bild: azi)

Oberstaatsanwalt Burri (links) mahnt an der Medienkonferenz vom Dienstag, dass die Zahlen nicht überinterpretiert werden sollen. Rechts im Bild: Guido Emmenegger, Leiter Zentrale Dienste. (Bild: azi)

In 19 Fällen von sexueller Belästigung wurden die Fälle mit Strafbefehlen (Geldstrafen und Bussen) abgeschlossen. In weiteren sechs Fällen wurden die Untersuchungen eingestellt. Betrachtet man die Herkunft der Täter, ist feststellbar, dass der Anteil an Ausländern (52 Prozent) und Schweizern (48 Prozent) in etwa gleich hoch ist. Die Täter sind im Durchschnitt 38 Jahre alt, während ihre Opfer durchschnittlich 29 Jahre alt sind.

Bild von grabschenden Asylbewerbern ist falsch

Bezüglich der Herkunft der ausländischen Täter haben die Luzerner Strafverfolgungsbehörden heuer auch erstmals die Nationalitäten aufgeführt: Jeweils 10 Prozent der Täter stammen aus Deutschland und Portugal und jeweils 6 Prozent aus der Türkei und Italien. «Bei dieser Auflistung geht es nicht darum, Nationalitäten hervorzuheben», betont Simon Kopp. «Vielmehr wollen wir damit aufzeigen, dass Asylbewerber nur einen Teil unter den Tätern ausmachen.» Diese Tatsache ginge bei der öffentlichen Diskussion oftmals vergessen, meint er weiter.

«Wir haben die Erfahrung gemacht, das häusliche Gewalt überall und in allen Schichten gleichermassen vorkommt.»
Thomas Jost, Gewaltberatungsstelle Agredis.ch 

Betrachtet man die Opfer von sexuellen Belästigungen, fällt auf, dass es sich bei 62 Prozent von ihnen um Schweizer und in 38 Prozent um Ausländer handelt. Ein anderes Bild zeichnet sich hingegen bei der häuslichen Gewalt. Rund 200 Fälle wurden 2015 registriert, wobei die Opfer in 52 Prozent und die Täter in 59 Prozent der Fälle Ausländer waren – zu jeweils sechs Prozent aus Deutschland und Portugal und zu jeweils fünf Prozent aus Serbien und dem Kosovo. Diese Nationalitäten machen die Mehrheit der Fälle aus, die restlichen teilen sich verschiedene Nationalitäten zu jeweils kleinen Anteilen.

Keine voreiligen Schlüsse

Warum es sich bei der häuslichen Gewalt anscheinend um ein Phänomen handelt, das insbesondere in Familien mit Migrationshintergrund vorkommt, kann Burri nicht genau sagen. «Es können Zufälligkeiten, aber auch unterschiedliche Kulturverständnisse sein.»

Bei der Gewaltberatungsstelle Agredis rät man dazu, keine voreiligen Schlüsse aus dieser Statistik zu ziehen. «Wir haben die Erfahrung gemacht, das häusliche Gewalt überall und in allen Schichten gleichermassen vorkommt», sagt Thomas Jost. Nur weil mehr Fälle offiziell registriert wurden, müsse das nicht zwangsläufig heissen, dass häusliche Gewalt in ausländischen Familien häufiger vorkomme. «Die Dunkelziffer bei häuslicher Gewalt ist im Allgemeinen sehr hoch», so Jost weiter.

Dennoch: Nicht zu leugnen ist, dass in der Statistik rund 60 Prozent der Fälle von häuslicher Gewalt in Zusammenhang mit Ausländern aufgeführt werden. «Das kann verschiedene Ursachen haben», erklärt Jost. Er vermutet, dass seitens der Nachbarschaft schneller interveniert werde, wenn sich ausländische Paare streiten. «Da kann es schnell sehr laut werden und wenn man nicht versteht, worüber genau gestritten wird, ist die Hemmschwelle kleiner, die Polizei zu alarmieren.»  

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Steve Goldgap
    Steve Goldgap, 24.02.2016, 13:30 Uhr

    Guter Artikel. Allerdings würde ich anmerken wollen, dass doe prozentuelle Nennung der Straftäter je nach Herkunftsland noch nicht so viel aussagt über die «kriminelle Neigung». Nur wenn man diese ins Verhältnis zum absoluten Anteil an der Bevölkerung setzt gewinnt sie an Aussagekraft.
    Das entschuldigt natürlich in feinster Weise irgendwelche vergehen aber wenn schon häusliche Gewalt in Bezug zu Herkunft gesetzt wird dann bitte auch mit nachvollziehbaren Zahlen.
    Andererseits finde ich es begrüssenswert das die Nationalität/Herkunft genannt wird. In Deutschland hat man sich da lange schwer getan und die Überraschung war dann umso grösser.

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