Zwei Wochen selbstständig, dann kam die Corona-Krise

Kriens: Mutter-Tochter-Duo eröffnet Coiffeursalon zum zweiten Mal

Am 1. März ging für Alessia und Manuela Manganelli ein Traum in Erfüllung: Zusammen eröffneten sie einen Coiffeursalon. Zwei Wochen später setzte der Lockdown ein. Jetzt legen die beiden Luzernerinnen wieder los. Der verlorenen Zeit nachzutrauern, liegt nicht drin.

Was für ein Timing! Es ist einer dieser Fälle, bei denen man fast lachen muss, um nicht zu heulen: Manuela und Alessia Manganelli sind die Inhaberinnen des Coiffeursalons «Alessia» in Kriens. Was die beiden in den letzten zwei Monaten erlebt haben, könnte man als Achterbahnfahrt beschreiben. Und: Am Ende ist die Fahrt noch lange nicht.

Aber von Anfang an: Eigentlich wollte es Manuela Manganelli doch ruhiger nehmen. Eigentlich. Die 49-Jährige hat rund 30 Jahre Berufserfahrung als Coiffeuse in und um Luzern. «Eigentlich habe ich mich darauf gefreut, etwas mehr Ferien zu machen und weniger Verantwortung zu übernehmen», sagt sie mit einem Schmunzeln.

Doch Tochter Alessia (21) ist ebenfalls Coiffeuse und stiess auf eine einmalige Gelegenheit: Die Möglichkeit, ein Geschäft zu übernehmen, um einen eigenen Salon zu eröffnen. Alessia Manganelli leistete Überzeugungsarbeit und holte ihre Mutter ins Boot. Mit einem guten Schuss trocknem Humor sagt diese: «Was man nicht alles für den Nachwuchs tut!»

Perfekter Start, dann die Katastrophe

Und so startet das Duo in das Abenteuer Selbstständigkeit. «Im Rahmen des Abschiedsapéros unserer Vorgängerin, die in Ruhestand trat, konnten wir uns der bisherigen Kundschaft vorstellen», sagt Manuela Manganelli.«Die Resonanz war überwältigend. Und der Start am 1. März mit vollem Terminkalender einfach super.»

«Es fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube – ich dachte, ich bin im falschen Film.»

Manuela Manganelli

Allerdings schwoll, noch in der selben Woche, die Corona-Krise fast stündlich weiter an. «Schon in der zweiten Woche  hatten wir erste Absagen aufgrund der Angst vor dem Coronavirus.» Die dritte Woche brachte die Schliessung. «Ich glaubte zunächst nicht daran, dass die Geschäfte geschlossen werden. Als es dann Tatsache war, fühlte es sich an wie ein Schlag in die Magengrube – ich dachte, ich bin im falschen Film.»

Absagen, Formulare, Ungewissheit

Der Schock sass tief – die beiden mussten sich zusammenreissen und reagieren: «Wir begannen, alle Kunden anzurufen, um die Termine abzusagen – das tut weh», sagt Mutter Manganelli. «Die allermeisten zeigten viel Verständnis. Ein paar wenige forderten von uns Lösungen, die wir schlicht nicht bieten konnten. Es gab keine andere Möglichkeit, als den Laden zu schliessen und nicht zu arbeiten.»

Alessia (links) und Manuela Manganelli vor ihrem Geschäft in Kriens. (Bild: ios)

Es folgte der Gang durch den Formularedschungel, um die vom Bund versprochene finanzielle Hilfe zu erhalten. «Bis heute haben wir aber noch keine definitive Antwort erhalten.» Dazwischen kamen die Gedanken: Wann geht es weiter? Wie geht es weiter? Was ist mit den Rechnungen? Der Versicherung? Der AHV? Der Miete? Und: Kommen die Kundinnen und Kunden danach wieder?

Auf die Neueröffnung folgt die Wiedereröffnung

Montagmorgen am 27. April 2020: Der Lockdown ist, unter anderem auch für Coiffeurgeschäfte, gelockert. Manuela und Alessia bedienen seit halb acht Uhr Kundinnen und Kunden. Bis um halb sieben wird es so weitergehen. Manuela Manganelli freut sich: «Es ist eine riesige Erleichterung, endlich wieder arbeiten zu dürfen.» Viel Kraft und Herzblut floss in den Umbau des Geschäfts, das nur ein paar Tage offen war.

«Es ist eine riesige Erleichterung, endlich wieder arbeiten zu dürfen.»

Manuela Manganelli, Coiffeur Alessia

Der Terminkalender ist zum Bersten voll. An Ferien ist bis auf Weiteres nicht einmal im Traum zu denken. Statt vier können nur jeweils zwei Kunden gleichzeitig im Geschäft sein, um die geltenden Vorschriften einzuhalten. Auch der Umgang mit den Masken ist noch gewöhnungsbedürftig. Wie man etwa damit reden kann, ohne dass sie sich verschieben, will gelernt sein.

Das ist denn auch ein wesentlicher Schritt zurück in die Normalität: Der Austausch und die Gespräche mit den Kundinnen und Kunden – und zwar für beide Seiten. «Beim Coiffeur gewesen zu sein, hat für viele etwas mit dem persönlichen Wohlbefinden zu tun. Wir wollen unseren Beitrag leisten und unsere Kunden in dieser schweren Zeit etwas aufmuntern.»

Es braucht von allem etwas mehr bei dieser zweiten, inoffiziellen Neueröffnung des Salons Alessia: Etwas mehr Geduld von den Kunden, die einen Termin buchen wollen, etwas mehr Farbe, um die Ansätze zu kaschieren, ein paar Schnitte mehr, um aus «Corona-Frisuren» wieder  «saubere Schnitte» zu machen und – was Manuela und Alessia Manganelli  betrifft – vor allem dies: Etwas mehr Kraft und Durchhaltewillen, um den Rest dieser Achterbahnfahrt mit all den finanziellen Engpässen und ungewisser Zukunft gut zu überstehen. 

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