Aus der Luzerner Kontaktbar wird ein Bistro

Krienbrüggli: Nach dem Sexkino übernimmt Amstutz nun das Puff

Markus Kanthack (links) und Marcel Amstutz gründen gemeinsam ein Bistro in der ehemaligen Kontaktbar.

(Bild: giw)

Wo sich Ende März noch Prostituierte mit ihren Freiern trafen, wird derzeit gebohrt und gezimmert: Das Luzerner Krienbrüggli tritt in eine neue Ära ein. Der Mitinhaber des Nachtclubs Madeleine, Marcel Amstutz, verwandelt zusammen mit zwei Freunden das Puff in eine Gross-WG mit Bistro.

Nach 30 Jahren ist Schluss mit dem frivolen Treiben in der Luzerner Kleinstadt, obwohl auf dem Platz mit dem Brunnen wieder ein Phallus-Symbol steht. Den Vertrag mit dem Luzerner Puff-Betreiber Franz Ambühl hat der Hausbesitzer Vanja Palmers auf Ende März gekündet. Bezahlte Schäferstündchen in den oberen Stockwerken gehören der Vergangenheit an.

Doch kehrt hier keineswegs gutbürgerliche Ruhe ein. Im Gegenteil: Der Bar-Mitinhaber Marcel Amstutz weiss, wie man einen Rotlicht-Schuppen in ein angesagtes Lokal verwandelt. Das hat er bereits im ehemaligen Sexkino Madeleine an der Baselstrasse bewiesen. Gemeinsam mit dem Barmann Markus Kanthack versucht er sich nun im Krienbrüggli mit einem Bistro.

Der Name bleibt: «Das war für uns von Anfang an klar – jeder kennt den in Luzern.» Obwohl die meisten Bewohner der Leuchtenstadt seit der Puff-Eröffnung noch keinen Schritt in das verruchte Lokal wagten. Die beiden haben keinerlei Angst, dass das Schmuddel-Image potenzielle Gäste vergrault – im Gegenteil.

Los geht es im Mai

Bereits beim Madeleine sei der Name in den Köpfen hängen geblieben. Es sei ein lustiger Zufall, dass er bereits wieder ein Rotlichtlokal in ein seriöses Business umwandle. Er habe aber keine Probleme mit dem Sexgewerbe – es sei eher ein Zeichen der Zeit, dass dieses zunehmend aus der Innenstadt verschwinde.

Die beiden Gastronomen haben einen ehrgeizigen Zeitplan – bereits diesen Samstag wird Markus Kanthack eine Bar im Rahmen des anstehenden Kleinstadtfestes eröffnen. Superprovisorisch – denn noch befindet sich im Innern alles im Rohbau. Überall ragen Rohre aus dem Boden und Stromkabel aus dem Erdgeschoss. Ab Ende Mai soll es dann richtig losgehen. Ein Betrieb, der von Mittwoch bis Sonntag von morgens früh bis kurz nach Mitternach kalte und warme Küche anbietet.

Markus Kanthack in der ehemaligen Brügglibar.

Markus Kanthack in der ehemaligen Brügglibar.

(Bild: giw)

Besonders wichtig ist den beiden Betreibern Kanthack und Amstutz ein reichhaltiges Angebot. Die Produkte sollen nach Möglichkeit biologisch und regional sein – kein Wunder, schliesslich ist der Vermieter Palmers ein Mann mit hohen moralischen Ansprüchen.

Noch mitten auf der Baustelle

Kanthack ist ausgebildeter Barrista und hat über 10 Jahre in grösseren Betrieben gekocht. Der 42-Jährige hat schon in diversen Beizen der Stadt die Bar geschmissen, darunter im Madeleine, der Bar 57, 58 und 59. Im Gegensatz zum Madeleine wird das Krienbrüggli kein Partylokal, eher ein Ort zum Verweilen, mit sanftem Kleinkunst-Programm und Musik.

Doch das ist nicht alles – in den Obergeschossen hat Amstutz zusammen mit Simone Palmers ein weiteres Projekt am Start. Die beiden Geschäftspartner richten auf vier Stockwerken eine Riesen-WG mit 16 Zimmern ein. Palmers und Amstutz wünschen sich einen lebendigen Ort fürs Zusammenleben. Ein weiterer Grund, weshalb die beiden junggebliebenen Mitvierziger Kanthack und Amstutz diesen Mittwoch etwas verstaubt und verschwitzt Einblick in die Grossbaustelle gewähren.

Ein Zimmer der neuen Wohngemeinschaft im Krienbrüggli.

Ein Zimmer der neuen Wohngemeinschaft im Krienbrüggli.

(Bild: giw)

Der gelernte Maurer Amstutz erledigt viele Arbeiten selber und greift nicht auf externe Handwerkerbuden zurück. Dennoch investiere man reichlich – sowohl für die Zimmer als auch für das Bistro. Vom Boden bis zur Decke verwandelt Amstutz die ehemaligen Verrichtungszimmer sanft in eine wohnliche Studentenbude. «Ich bin echt mit Herzblut dabei.» Zwei Monate ist er schon dran, am Anfang der Sanierungsarbeiten seien die Prostituierten nebenan noch mit Kunden ein- und ausgegangen.

Kommt eine Luxus-WG?

Das Haus sei in einem guten Zustand. Im Innern werden die Wände gestrichen und teilweise mit Tapeten ausgestattet. Ausserdem werden Parkettböden verlegt. Der Rotlicht-Groove ist bereits weg. Stattdessen bieten die Zimmer, welche alle unterschiedlich angeordnet sind, einen netten Ausblick über die Dächer der Stadt inklusive Voralpen-Panorama.

Droht nun im aufgewerteten Quartier mit schickem Pflasterstein, wenig Verkehr und nettem Brunnen eine Luxus-WG für Teilzeit-Studis? «Im Gegenteil: Die Zimmer kosten zwischen 350 und 1350 Franken», sagt Amstutz. Die Vermietung beginne im Mai, das Interesse an der WG sei gross.

Die Aussicht aus einem Zimmer im Obergeschoss.

Die Aussicht aus einem Zimmer im Obergeschoss.

(Bild: giw)

Die Anwohner sind erfreut

Bereits vor zwei Jahren, als er erfahren hat, dass der langjährige Bekannte Palmers das Haus samt Puff übernahm, war Amstutz klar, dass er ein Projekt umsetzen würde in der Kleinstadt. Der «Scheich», wie Palmers seit seiner Studentenzeit genannt wird, habe ihm dabei relativ freie Hand gelassen. Ideen seien gekommen und gegangen, bis schliesslich die WG und das Bistro als Lösung feststanden.

Er sei eben ein Macher – und nach acht Jahren Betriebsverantwortung im Madeleine will sich Amstutz nun dem neuen Lokal widmen. Er wird an der Baselstrasse zwar Teilhaber bleiben – auf lange Nachtschichten hat er allerdings keine Lust mehr. Er will sich auch in der Kleinstadt im Hintergrund halten und bei der Bar Kanthack walten lassen. Die beiden kennen sich schon seit fast 20 Jahren und das harmoniere gut.

Beide versprühen Aufbruch, es werde ein Traum wahr hier. «Die Leute in der Kleinstadt haben äusserst positiv reagiert auf unser Projekt, es fühlt sich hier alles ein wenig wie eine grosse Familie an.»

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