Traditionsanlass auf der Kippe – schon wieder

Kommt die «Lozärner Määs»? Das hängt auch vom Geld ab

Kommt sie, kommt sie nicht? Die Betreiber der «Lozärner Määs» zittern, die Besucher bangen. (Bild: Tobias Lackner)

Im Gegensatz zu vielen Chilbis ist die grösste Herbstmesse der Zentralschweiz, die «Lozärner Määs», noch nicht abgesagt worden. Die Verantwortlichen suchen mit aller Kraft nach Lösungen, um den Anlass durchzuführen. Das würde erhebliche Mehrkosten mit sich bringen.

Ein Besuch gehört bei vielen Familien zur herbstlichen Tradition und sie zieht jährlich über 400'000 Menschen an: Die Luzerner Herbstmässe. Oder «Määs», wie sie unter Einheimischen genannt wird. Für zwei Wochen verwandeln sich das Inseli und der Europaplatz in ein blinkendes, nach Zuckerwatte und Magenbrot duftendes Paradies für Schleckmäuler, Adrenalinjunkies und Marktfreunde. Zumindest, wenn nicht gerade eine Pandemie wütet.

Letztes Jahr musste Covid-bedingt auf eine reguläre Herbstmesse verzichtet werden. Stattdessen wurde beim Schweizerhof kurzfristig eine inoffizielle «Mini-Määs» auf die Beine gestellt. Heuer droht dem Grossanlass ein ähnliches Schicksal. Der Bundesrat hat bei der ersten Sitzung nach der Sommerpause nämlich keine Lockerungen beschlossen. Das sorgte seitens der Määs-Verantwortlichen für Ernüchterung. Folglich gilt, dass nur Getestete, Genesene oder Geimpfte an die Määs dürfen. Und dass der Grossanlass nur mit einem gültigen Covid-Zertifikat besucht werden kann.

«Määs» hinter Gittern?

Dafür müsste das Messegelände eingezäunt werden und es bräuchte kontrollierte Ein- und Auslasspunkte. Das stellt nebst organisatorischen Fragen – das Gelände ist öffentlich und müsste auch für Nichtbesucher zugänglich bleiben – auch ein finanzielles Problem dar. Der Präsident der Interessengemeinschaft Luzerner Herbstmesse und Märkte, Rico de Bona, rechnet mit zusätzlichen Kosten von mindestens 150'000 Franken (zentralplus berichtete).

Aber eigentlich gilt eine allfällige Einzäunung «nur» für die Lunapark-Bereiche – also für das Gelände mit den Bahnen – und nicht etwa für die Marktstände auf dem Inseli. Denn gemäss den Regeln des BAG gelten Märkte nicht als Veranstaltungen. Sie fallen deswegen nicht unter die Zertifikatspflicht.

Diese Unterscheidung sei grundsätzlich richtig, bestätigt Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen der Stadt Luzern. «Sie bringt der Määs aber keinen weiteren Handlungsspielraum.» Denn obwohl Warenmärkte vom BAG anders behandelt werden als Grossveranstaltungen muss auch dafür ein stimmiges Schutzkonzept her.

Das sagt die Stadt

Wer müsste für eine Einzäunung aufkommen? In erster Linie die Stadt Luzern und die Määs-Geschäfte. Denn die Stadt ist die Veranstalterin der Lozärner Määs. Mario Lütolf sowie die anderen involvierten Parteien sind sich einig: Wenn Lozärner Määs, dann richtig. Mit Riesenrad, Schiessbude, Magenbrot und Gemüseraffelstand. «Wir wollen eine traditionelle Määs», so Lütolf. Jährlich wird die Määs mit einem ausgeglichenen Budget von rund 300'000 Franken an Einnahmen und Ausgaben durchgeführt.

Zum aktuellen Zeitpunkt ist es aber noch unmöglich, ein Preisschild hinter eine coronakonforme Määs zu setzen. «Eine allfällige Umzäunung ist das eine», sagt Lütolf. «Die konkreten örtlichen Begebenheiten, die Organisation von Stau- und Warteräumen, Zertifikats- beziehungsweise Einlasskontrollen und Besucherlenkung sind das andere.» Schliesslich sei die Määs kein Fussballspiel, für das man an einem Tag während eines abgesteckten Zeitraums einen Checkpoint aufstelle. «Wir reden hier von zwei Wochen Dauerbetrieb mit 10'000 bis über 20'000 Besuchern pro Tag.»

«Eine unerträgliche Belastung»

Direkt betroffen von der aktuellen Lage ist auch die Luzerner Grossstadträtin Lisa Zanolla (SVP). Die Unternehmerin ist Mitbetreiberin der Zanolla Vergnügungsanlagen AG, die Attraktionen verschiedener Art an Ausstellungen und Messen betreibt – darunter an der Määs in Luzern. Für sie ist die gegenwärtige Situation «eine unerträgliche Belastung», wie sie auf Anfrage von zentralplus sagt. «Man ist der Pandemie ausgeliefert und kann nichts bewirken.»

Trotzdem zeigt sich Zanolla vorsichtig optimistisch, dass die Määs heuer durchgeführt werden kann. «Man weiss heute mehr über das Virus als noch vor einem Jahr. Viele Leute sind geimpft, man bewegt sich an der freien Luft und trägt eine Schutzmaske.» Darum setzt sie sich dafür ein, dass der Anlass zustande kommt – und das nicht nur, weil sie selbst Ausstellerin ist. «Als Grossstadträtin finde ich, dass die Lozärner Määs einen grossen und wichtigen Stellenwert hat.»

Politik ist sich einig

Auch bei anderen Parteien ist man von der Bedeutung der Herbstmesse überzeugt. «Die Stadt muss nach Möglichkeit alles daran setzen, dass die Määs stattfindet, sofern der Aufwand in einem vernünftigen Rahmen ist», sagt Christian Hochstrasser. Für den Fraktionschef der Grünen/Jungen Grünen ist es denkbar, dass die Stadt Schutzmassnahmen wie etwa eine Einzäunung finanziert.

Auch SP-Fraktionschef Simon Roth könnte es sich vorstellen, dass die Stadt zum Beispiel die Absperrung des Inseli übernimmt. Als schwierig erachtet er es hingegen, das ganze Areal mitsamt Europa- und Bahnhofplatz einzuzäunen. Auch Roth ist aber grundsätzlich überzeugt: «Wenn die Stadt einen Beitrag leisten kann, damit die Määs stattfindet, wäre das sicher eine gute Sache.»

Der Kanton hat ein Wörtchen mitzureden

Aktuell prüft die Abteilung Stadtraum und Veranstaltungen mit den verschiedenen Anspruchsgruppen die offenen Fragen. Aber selbst wenn man zu einer Lösung kommt, bedeutet das noch kein definitives Ja zur Määs. «Der Entscheid hängt auch noch davon ab, ob der Kanton den Anlass bewilligt», erklärt Lütolf. Dem Kanton muss dafür ein überzeugendes Schutzkonzept vorgelegt werden. Weiter bleibt dann zu hoffen, dass sich die Lage nicht weiter verschlimmert, weil «eine allfällige Bewilligung über Nacht wieder entzogen werden kann», so Lütolf.

Ein abschliessender Entscheid wird bis spätestens Ende August erwartet. Neben den Marktbetreibern, Schaustellerinnen hoffen natürlich auch die Besucher, dass er zugunsten Määs ausfallen wird.

Oder in den Worten von Lisa Zanolla: «Alles was bleibt, ist die Hoffnung.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Disobey
    Disobey, 13.08.2021, 16:40 Uhr

    Gemäss mehreren Studien sind Ansteckungen im Freien sehr selten. Insbesondere wenn die Leute zirkulieren. Hört endlich auf mit Massnahmen welche nichts zum Infektionsgeschehen beitragen.

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  • Profilfoto von Määsbesucher
    Määsbesucher, 13.08.2021, 13:56 Uhr

    Ich reise in einem überfüllten Zug an, ohne ein Zertifikat vorzeigen zu müssen und brauchte dann eins für ein Besuch an der Määs, welche im Freien stattfindet und die Besucher in Bewegung sind. Finde keine Logik.

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