Warum UBS, Novartis und Nestlé neidisch auf den FCL sind
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Die Konzernchefs von Nestlé, UBS oder Novartis dürften neidisch auf den FCL schauen. Sie haben auch einen guten Grund dazu.
Der FC Luzern macht mit seinen weniger als 30 Millionen Franken zwar nur einen winzigen Bruchteil des Umsatzes der drei Schweizer Milliardenkonzerne. Und im Gegensatz zu diesen ist er schwer defizitär. Aber er hat einen grossen Vorteil: Das interessiert niemanden.
Wenn bei der UBS der Quartalsgewinn unter den Erwartungen bleibt, bei Nestlé trotz satter Gewinne der Aktienkurs sinkt und bei Novartis ein mögliches Blockbustermedikament (Potenzial: mehr als eine Milliarde Franken Umsatz) in einer klinischen Studie nicht die erwarteten Resultate erzielt, dann ist die Hölle los. Es hagelt kritische Kommentare von Journalisten, Analysten und Investoren. Allenfalls mischt sich sogar noch die Finanzmarktaufsicht Finma ein und stellt unangenehme Fragen. Und Ermotti, Freixe und Narasimhan werden an den Pranger gestellt.
Niemand übt Kritik am FCL
Von alledem ist beim FCL nicht die Rede. Denn beim FCL schauen alle lieber weg. Die Medien ebenso wie die Donatoren des «Club der 200», in dem sich Unternehmer aus der Zentralschweiz ein Stelldichein geben. Und auch die Swiss Football League, welcher die Aufsicht über die ihr angeschlossenen Profifussballklubs obliegen würde.
Dieses Wegschauen hat verschiedene Gründe. Die Unfähigkeit und das Desinteresse der Sportredaktoren ist der eine. Sie verfügen weder über die fachlichen Qualifikationen, um eine Bilanz oder Erfolgsrechnung zu lesen, noch interessiert sie dies. Viel wichtiger ist die Frage, ob der Penalty zum 0:1 oder die rote Karte in der 66. Minute gerechtfertigt war.
Bei den Mitgliedern des «Club der 200» wäre die Fachkompetenz, einen Jahresabschluss unter die Lupe zu nehmen, wohl mehrheitlich gegeben. Aber im Falle des FCL lassen sie wohlweislich die Finger davon. Sonst müsste sich die Clubleitung am Ende noch unangenehmen Fragen stellen. Zum Beispiel, ob man nicht dafür sorgen müsste, dass der FCL nachhaltig saniert wird, statt ihm jedes Jahr stillschweigend über 400'000 Franken zu überweisen?
Auch die Swiss Football League SFL schaut lieber nicht so genau hin, wenn es um die finanzielle Verfassung des FCL geht. Andernfalls wäre sie zu guter Letzt noch gezwungen, ihre Aufsichtspflicht wahrzunehmen und auf der Allmend ein Aufräumen zu fordern. Da ist es dann doch viel einfacher, jedes Jahr bei der Lizenzerteilung eine Garantie von fünf Millionen Franken einzufordern und ansonsten die Decke des Schweigens auszubreiten.
Selbst Treuhänder sieht kein Problem
Tun wir also, was Medien, Donatoren und SFL geflissentlich unterlassen, und schauen wir uns einmal an, was die FCL Holding AG an ihrer GV vom 16. Dezember bezüglich ihres Geschäftsjahres 2023/24 zu feiern hatte:
- Die flüssigen Mittel der FCL-Gruppe beliefen sich Ende des letzten Geschäftsjahres, also am 30. Juni 2024, noch auf 1,3 Millionen Franken. Das waren 1,6 Millionen weniger als noch ein Jahr zuvor. Bei 200 Angestellten ein nicht sehr beruhigendes Polster.
- Die kurz- und langfristigen Schulden des FCL waren bis am 30. Juni 2024 auf total 21,6 Millionen Franken gestiegen – 11,6 Millionen mehr als im Vorjahr.
- Von diesen Schulden stammten übrigens 3,6 Millionen Franken unter anderem aus der Leserschaft von zentralplus – und von mir. Denn es handelt sich dabei um Darlehen des Bundes, also der Steuerzahler (grösstenteils «mit Rangrücktritt», also zum In-den-Kamin-Schreiben, falls der FCL pleitegeht).
- Das Eigenkapital des FCL belief sich Ende Juni dieses Jahres auf minus 6,8 Millionen. Das waren nochmals drei Millionen weniger als schon ein Jahr zuvor und rund sechs Millionen weniger als Ende der Saison 2021/2022. Zum Vergleich: Der oft mit dem FCL in einem Atemzug genannte FC St. Gallen hat ein Eigenkapital von 19 Millionen.
- Der Unternehmenserfolg der FCL-Gruppe – der Begriff «Erfolg» ist hier buchhalterisch zu verstehen und nicht ironisch gemeint – belief sich auf minus drei Millionen Franken. Dieses Defizit kam trotz Transfererlösen zustande, die nach Abzug der Spielervermittlerhonorare rekordhohe 5,5 Millionen Franken einbrachten. Zum Vergleich: Der FC St. Gallen erwirtschaftete im gleichen Zeitraum mit tieferen Transfererlösen eine schwarze Null.
- Das strukturelle Defizit des FCL – also jenes ohne Sondererlöse wie Transfererträge – lag Ende des abgelaufenen Geschäftsjahres sogar bei über 8,5 Millionen Franken. In der Saison zuvor waren es «nur» rund vier Millionen gewesen, also weniger als halb so viel.
Alle diese miserablen Zahlen lassen allerdings nicht bloss die Medien, Donatoren und SFL kalt. Auch die Revisionsgesellschaft des FCL, die Truvag AG aus Kriens, sieht darin kein Problem. Sie schreibt in ihrem Revisionsbericht: «Die Fortführungsfähigkeit des Konzerns sowie der einzelnen Gesellschaften ist aufgrund dieser Tatsache nicht gefährdet.»
Mit anderen Worten: Trotz Schulden von 21 Millionen Franken, einem strukturellen Defizit von mehr als 8,5 Millionen Franken und einem negativen Eigenkapital von beinahe sieben Millionen Franken ist beim FCL alles in Butter.
Es darf weiter weggeschaut werden. Mal sehen, wie lange noch.
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