Warum es sich lohnt, Emmenbrücke zu retten
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Zwischen der Rettung des Stahlwerkes Emmenbrücke und Entwicklungshilfe gibt es mehrere Parallelen. Bei beiden stellt sich die Frage, ob Profite oder Menschenrechte höher zu gewichten sind.
Die Rettung der Schweizer Stahlwerke und Entwicklungshilfe haben drei Dinge gemeinsam:
- Ihre Sicherung wären Symbole für eine souveräne Schweiz, welche in Solidarität mit der arbeitenden Bevölkerung gegen Innen und in ihrer humanitären Tradition gegen Aussen Stärke zeigen kann.
- In beiden Fällen warten autokratische Staaten nur darauf, dass sie in die Lücke springen könne, welche ihnen kurzfristig und ideologisch agierende bürgerliche Politiker:innen bereit sind zu öffnen.
- Über beides wird in der kommenden Session der eidgenössischen Räten beraten und alle können sich ein eigenes Bild machen, ob kurzfristige ideologische Politik oder langfristige Klugheit sich durchsetzen.
Bei Swiss Steel in Emmenbrücke droht eine Massenentlassung. Der Grund ist eine Autoindustrie, die zu kämpfen hat, eine Stahlindustrie die den Umstieg in die sich kommenden Nachfragemärkte noch nicht schaffte und vorallem: China das Europa mit billigem, aber vorallem schmutzigen, weil viel klimaschädlicher produziertem Stahl flutet.
Politikerinnen und Politiker aus allen Lagern haben sich zusammengerauft um die Stahlindustrie zu retten. Noch immer stösst es aber bei einer Mehrheit auf Ablehnung, auch wenn diese aufgrund des Drucks aus der regionalen Politik zu bröckeln beginnt.
Profit statt Menschenrechte
Dass China und Russland in der SVP einen treuen Verbündeten gefunden haben, ist nicht neu. Menschenrechte sind der SVP im Ausland noch gleichgültiger als im Inland ohnehin schon. Profite gehen über individuelle Freiheitsrechte und demokratische Werte. Entsprechend suchen sie auch nicht die Kooperation mit gesellschaftsliberalen und demokratischen Staaten, sondern mit den vermeintlich unkomplizierteren Regimes.
Immer stärker reiht sich aber auch die bürgerliche Verbandswelt ein. Jüngst Stefan Brupbacher, seines Zeichens früherer Generalsekretär der FDP, später Generalsekretär von Bundesrat Johann Schneider-Amman und unterdessen Direktor des Industrieverbands Swissmem. Er ist bereit die Stahlindustrie unter den Bus zu werfen. Dass wir damit unser Schicksal zunehmend in die Hände Chinas legen würden ist ihm egal.
Und auch wenn ich davon ausgehe, dass er freiheitliche Werte hochhält: wer sie auch konsequent verfolgt, der muss wo immer möglich von autoritären Regimes unabhängig bleiben. Denn die Kommunistische Partei von China betreibt einen autoritären Kapitalismus, der darauf aus ist andere Wirtschaftsräume von sich abhängig zu machen.
Demokratie und Freiheit braucht Entwicklungszusammenarbeit
Dies lässt sich auch in Ländern beobachten, in denen die Schweiz Entwicklungszusammenarbeit betreibt. Auch unsere Entwicklungszusammenarbeit ist noch zu stark von direkten wirtschaftlichen Eigeninteressen getrieben. Dabei würden die indirekten Eigeninteressen, wie Stärkung der demokratischen Welt, die wirtschaftliche Prosperität in anderen Regionen der Welt und das aufrichtige Interessen am Wohlergehen und der Freiheit anderer Menschen vollauf genügen. Aber die Schweiz macht derweil das Gegenteil: Die bürgerliche Mehrheit will die Entwicklungszusammenarbeit auf einen mickrigen Betrag einschmelzen. Der Schaden, den die Schweiz davon tragen würde, ist in keinem Vergleich zu den eingesparten Kosten.
Und auch hier stehen China, Russland und die Golfstaaten bereit. Mangels Alternativen werden Entwicklungsländer noch stärker in deren Abhängigkeit geraten. Es ist deshalb äusserst kurzfristig und kleinkariert, dass die völligfehlkonstruierte eidgenössische Schudenbremse (die völlig über das Ziel zu Vermeidung struktureller Defizite hinausschiesst) unseren guten Ruf in der Welt zerstört. Denn darauf warten in unserem Land nur jene, welche auch hier die Schweiz von der demokratischen Welt entkoppeln wollen.
Europäische Stärke, statt Alpensingapur
Die Souveränität der Schweiz und Europas sind immer enger verknüpft, je nationalistischer sich andere grosse Wirtschaftsmächte verhalten. Dies sollte der Wirtschaft auch bei den Bilateralen III vor Augen sein. Schaffen sie es nicht, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass die aussenpolitische Öffnung auch für sie ein Gewinn ist, wird die Schweiz an Souveränität einbüssen. Dafür braucht es einen effektiven Lohnschutz und einen starken Service Public.
Diesen Souveränitäts-Verlust wollen beispielsweise die Kompass-Leute rund um die Milliardäre der Zuger Partners-Group-Gründer. Ein Alpen-Singapur in dem nur noch Superreiche Platz haben. Woher diese kommen, ist ihnen genauso egal, wie auch der Umstand, dass die arbeitende Bevölkerung sich das Leben in der Schweiz immer weniger leisten kann. Das kann man in Zug und anderen Schweizer Steuerparadiesen beobachten. Dort werden ganze Ländereien, auf denen hunderte von Normalverdiendenden wohnen könnten, mit Villen der russischen und chinesischen Oligarchen oder norwegischen Steuerflüchtlingen überbaut.
Es wird sich weisen, ob sich die bürgerliche Mehrheit die Schweiz zu einem vor Diktatoren und Oligarchen kriechenden Land entwickeln will, oder sich wieder zurückbesinnt auf Stärke und Solidarität.
Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.