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Kantischüler sollen mit angeblich neutralen Lerninhalten indoktriniert werden. Eine Schlüsselrolle spielt dabei eine vom Zuger SVP-Bildungsdirektor protegierte Rektorin. Diese Frau wurde neu Leiterin der Gymnasialbildung – ernannt vom Luzerner SVP-Bildungsdirektor Armin Hartmann.
Ein vom Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) aufgeschaltetes Video, das für Schulen produziert wurde, beginnt harmlos. Es erklärt, wenn auch grafisch unglaublich schlecht gestaltet, den Gini-Koeffizienten. Später werden dann die Vorteile einer ungleichen Verteilung gelobt (erhöht die Leistung) und der Nutzen von Umverteilung angezweifelt (verringert die Leistung). Das wird als wissenschaftlicher Fakt dargestellt, ohne weitere Herleitung.
Es ist das Ziel der gut vernetzten, weltweiten Rechten und Rechtsextremen, einen kulturellen Wandel herbeizuführen. Dazu gehört die Zerschlagung der unabhängigen, öffentlichen Informationskanäle, der Einfluss auf das Kulturschaffen und eine Veränderung der Bildungsinhalte. Für letzteres werden staatliche Institutionen unterwandert.
Ähnlich wie Sekten, die in der Vergangenheit versuchten, via pädagogische Hochschulen ihre konservativen Lehren in den Schulstoff einzuweben, versucht die rechte Elite nun, den Stoff mit scheinbar neutralen Lerninhalten einzuflechten. Dabei spielen Luzerner Bildungsinstitutionen und die zuständigen Bildungsdirektoren eine fragwürdige Rolle.
Schulstoff aus der rechten Propagandaküche
Und es bleibt nicht bei den Videos. In den Schulen Zug war das Institut mit eigenem Personal präsent und hat eine ganze Projektwoche durchgeführt. Auf der Website des IWP werden begeisterte Absolventinnen und Absolventen zitiert:
«Wir haben uns in der Gruppe angeschaut, wie sich die Einkommenskonzentration zwischen den Kantonen unterscheidet. Zug hat früh erkannt, wie man vom Steuerwettbewerb und von der Standortpolitik profitieren kann, und diese Chance genutzt», sagt die Maturandin Maja F. Die Problematik des Steuerwettbewerbs wurde wohl nicht thematisiert.
Sicher nicht zufälligerweise wurde diese Projektwoche im Jahr 2023 in Zug zum ersten Mal durchgeführt. Genauer in der Kantonsschule Menzingen, wo von 2019 bis 2024 Gabrijela Pejic-Glisic Rektorin war. Ihre Nähe zum SVP-Bildungsdirektor Schleiss ist augenfällig, hielt dieser doch auch in Skandalen, die auch die Politik beschäftigten, die schützende Hand über sie. Beispielsweise als eine Lehrerin Sexualkundeunterricht durchführte, wurde sie hinausgeworfen. Die Lehrerin habe ein Nähe-Distanz-Problem, monierte Pejic-Glisic, die Schülerinnen und Schüler dementierten öffentlich. Von Personen, die mit Pejic-Glisic zusammenarbeiteten, wird sie als konservativ und autoritär beschrieben.
Und ausgerechnet – oder vielleicht auch logischerweise – wird sie nun Leiterin Gymnasialbildung in Luzern. Seit rund einem Jahr ist hier SVP-Regierungsrat Armin Hartmann das Pendant zum Zuger SVP-Regierungsrat Stephan Schleiss. In die Luzerner Schulen konnte das IWP bislang nicht eindringen.
IWP – Machtinstrument für Reiche
Dabei wurde das IWP hier gegründet – als Wurmfortsatz der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern –, dessen Finanzierung seit jeher verschleiert wird. Schon als die Luzerner Regierung ihr Projekt «Wirtschaftsfakultät» auf Druck von Eigentümern mehrerer grosser Firmen in Luzern startete, war klar, dass diese Fakultät ein Machtinstrument von Grossunternehmen und Reichen werden würde. Nicht aus philanthropischen Gründen, sondern weil sie ihr Geld mit handfesten politischen Interessen verbinden.
Die Abstimmung fiel mit 55 zu 45 Prozent für Luzerner Verhältnisse knapp aus. Insbesondere auch, weil viele keinen Sinn sahen, die praxisorientierte Hochschule für Wirtschaft zu konkurrenzieren. Diese konnte die Bedürfnisse des KMU-Kantons längstens abdecken.
Die neue Fakultät ist aber ohnehin ein günstiges Geschäftsmodell – für die rechten Unternehmer. Der Staat bezahlt für die Infrastruktur und die meisten Fixkosten, die öffentliche Universität liefert mit ihrem Namen die Glaubwürdigkeit, finanziert den Propaganda-Professor und dessen Maschine müssen extern finanziert werden.
Wir dürfen nicht untätig sein
Aber darum ging es den Initianten nicht. Sie wollten eine Fakultät, die sie als für ihre politischen Ziele und die Propaganda einen wissenschaftlichen Anstrich gibt. Einige seriöse Untersuchungen dienen der Kaschierung der Propaganda. Und dafür steht, nachdem mit der Wirtschaftsfakultät die notwendige Andockstelle geschaffen wurde, wieder genügend Geld zur Verfügung – von den wohl gleichen Geldgebern wie immer.
Unterdessen bleibt es nicht nur bei tendenziösen Veröffentlichungen. Mit dem am höchsten dotierten Journalismuspreis greift das IWP auch in andere Bereiche über. Die Wochenzeitung (WoZ) hat dies breit auseinander geflochten.
Ob das IWP auch an den Luzerner Schulen ein Standbein eröffnen kann, bleibt abzuwarten. Die Rektorinnen und Rektoren seien aber gewarnt. Naiv zuschauen dürfen wir aber nicht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dies die ersten Vorboten der rechten Unterwanderung unserer Schulen sind.
Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.