Kolumne

Dinner bei Freunden – oder wie mein Partyleben ausgemerzt wurde

Was wohl Isa jetzt wieder umtreibt? (Bild: Mike Bislin)

Früher war das Leben besser – oder zumindest ausufernder. In der neuesten «Isa, garantiert kompliziert»-Kolumne geht’s ums Erwachsenwerden, gediegene Dinner und warum das Ganze langweilig ist.

Erst war das Essen an einem Samstagabend noch Beilage. Praktisch nicht existent. Es gab Chips. Oder wir schoben eine tiefgefrorene Pizza in den Backofen, die wir mit selbstgeschnippeltem Gemüse dekorierten – allerhöchstens.

Kochwein aus Pappbechern

Den Wein und den Prosecco leerten wir en masse in unsere Pappbecher – schliesslich wollten wir ordentlich vorglühen. Wir waren broke und mit dem Kochwein für 2.50 Franken die Flasche ganz zufrieden. Wie bescheiden wir doch waren. Die Samstage verbrachten wir stundenlang vor dem Spiegel, malten unsere Wimpern länger, die Haut glatter und mogelten mit High Heels unsere Beine länger.

Bei der Zusammenkunft vor dem Clubbesuch vervollständigten wir Erinnerungslücken vergangener Nächte und tauschten uns über miese Küsse aus, nachdem jemand über das Club-Klo gereihert hatte.

Jetzt badet das Huhn im Wein

Heute ist alles anders. Viel zu teurer Wein wird in Kochtöpfe geschüttet, damit das Huhn ordentlich darin badet, der Braten im Backofen wird hübsch angestrichen. Statt in Technokeller abzusteigen, wird jetzt samstags zum Drei-Gänge-Dinner bei Freunden geladen. Partys sind gecancelt, eine Alkohol-Pause ist en vogue. Singles sind in der Minderzahl, man will ja schliesslich plus 1 auf der Liste der geladenen Gäste stehen. Samstags Filet Wellington in Basel, montags Coq au Vin im Bruchquartier, samstags Focaccia al fresco à discrétion in Zürich – und so weiter und so fort.

Statt wummernden Bässen hören wir dem brutzelnden Fleisch zu und dem schwirrenden Geräusch, wenn beim Messerschärfen Stahl zügig über Stahl gleitet. Discokugeln werden zu Blumentöpfen umfunktioniert, Pappbecher gegen schicke Gläser eingetauscht und der enge Minirock gegen etwas, das genügend Bauchfreiheit gibt. Alles eben ein wenig gesitteter.

Dinneritis nahm überhand

Und ein bisschen langweiliger. Dinneritis hat sich in mein Leben gefressen, Eskapaden plattgewälzt. Meine Freunde und ich mutierten zu miesen Partymuffeln. Zu Beginn war Dinneritis niedlich, zurückhaltend und frugal. Von Jahr zu Jahr wurde sie pompöser, fordernder – und hat sich auch in mir breitgemacht.

Ich lud nämlich selbst zum exquisiten Dinner: Lammkarree mit Pistazienkruste und Thymian-Kartoffeln. Es ist eines dieser Rezepte, die als «relativ aufwendig, aber gar nicht so schwierig» angepriesen werden, jedoch ohne «Gelinggarantie». So viel Risiko muss sein – und so viel Langeweile auch.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon