Brauch ich den Busen-Booster?

Es ist eine gemachte Welt, in der man sich schon mal die Frage stellt, ob man selbst eine Schönheitsoperation braucht. Die neueste «Isa, garantiert kompliziert»-Kolumne.

Redaktion

Isabelle Dahinden

Neulich bin ich vor einem dieser Plakate stehen geblieben. Mit dem Wort «Natürlichkeit» werden da Silikon-Implantate angepriesen, die man sich in die Brust quetschen lässt. «Voll natürlich?», alles klar, dachte ich mir und lief weiter. Später im Bus scrollte ich durch Tiktok und Instagram.

Da sah ich sie: Diese Welt, von der ich umgeben bin. Eine Welt voller schön gezeichneter Gesichter, die gelipfilled und gebotoxed, weichgezeichnet und geformter sind. Auch untenrum ist wohl jeder dritte, der mir auf der Strasse in Luzern begegnet, faltenfrei. Schliesslich werden Schamlippen zerschnitten, Hodensäcke gestrafft. Ob beim Spazieren, beim Scrollen durch soziale Medien oder beim Gespräch mit Bekannten: So sieht sie heute aus, die «reale» Welt. Eine Welt, in der fast jeder «ein bisschen nachgeholfen» hat oder eben viel gemacht wurde. Eine Welt, in der alle gleich aussehen wollen.

Stunden später analysierte ich mein Gesicht beim Zähneputzen von allen Seiten. Bei geöffnetem und sabberndem Mund vermutlich nicht der ideale Zeitpunkt. Ist das wirklich mein Kinn? Oder nicht eher jenes eines Gockels?

Würde meinem Gesicht etwa ein bisschen Botox gut tun? Wie wär's mit volleren Lippen? Klar, die sind schon voll. Aber wenn andere aus «wenig» beim Beauty-Doc «ein wenig» mehr machen lassen, wieso sollte ich dann nicht aus vollen Lippen ein wenig mehr rausholen? Fragen, die ich mir zuvor noch nie gestellt hatte.

Ich bin zufrieden mit mir. Eigentlich. Wirklich! Solange ich beim Prösi-Kauf meine ID zeigen muss, was in 80 Prozent aller Einkäufe der Fall ist, habe ich mit meinen fast 30 Jahren kein Botox nötig. Dennoch lasse ich die Gesichtsmasken 20 statt wie angeschrieben 10 Minuten lang auf meinem Gesicht. Und den Zigaretten habe ich schon länger abgeschworen. Sicher ist sicher.

Ich finde Beauty-OPs per se nichts Schlechtes. Wer sich unwohl fühlt und glaubt, sich nach einem Eingriff nicht nur «schöner», sondern sicherer und wohler in seiner Haut zu fühlen – warum nicht? Jeder so, wie er möchte. Niemand sollte für einen Beauty-Eingriff stigmatisiert werden. Pluspunkt für jene, die trotzdem offen darüber reden. Nicht jede Nase ist gottgegeben, so wie sie jetzt aussieht. Das dürfen auch andere wissen.

Schwierig wird es beim Durchscrollen auf Instagram. Jede zweite Person zeigt sich nur mit Filtern, die sie «aufhübschen» sollen. Die Lippen werden dicker, das Gesicht schmaler, die Augenbrauen buschiger und das Gesicht weichgezeichneter. Sich ins beste Licht zu rücken, ist normal, es wird erwartet. Doch solche Filter schüren falsche Bilder und falsche Erwartungen. Und sie können verunsichern, wenn man sich filterlos im Spiegel begutachtet. Selbst mich, die sich ja zu 99 Prozent in ihrer Haut wohl fühlt. Kein Wunder, rennen Teenies mit bearbeiteten Selfies zu einem Beauty-Doc. Zumal diese nicht selten gleich selbst auf sozialen Medien Vorher-Nachher-Bilder von Schönheits-Eingriffen teilen.

Letztens habe ich einer dieser Beauty-Filter mal ausprobiert. Er wurstelte aus meinem Gesicht das Gesicht einer anderen Person, die ungeheuerlich hübsch, nur eben nicht ich war. Gesichter und Falten erzählen Geschichte – schade wär's, wenn alle gleich aussähen. Byebye Botox und Boobie-Booster, für mich ist das gerade nichts.

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