Referendum gegen Zuger Podium 41

Kolportiert die Zuger SVP falsche Zahlen?

Das Podium 41 wird zur Zielscheibe des überparteilichen Komitees «Nein zur offenen Drogenszene im Podium 41». (Bild: mbe.)

Das Komitee «Nein zur offenen Drogenszene im Podium 41» will, dass die Zuger über den städtischen Beitrag abstimmen. Das Komitee beruft sich dabei auf Zahlen der Zuger Polizei, welche im ersten Halbjahr 2015 eine starke Zunahme der Probleme feststelle. Doch die Polizei selbst weiss davon nichts.

Der Grosse Gemeinderat Zug (GGR) hat am 30. Juni beschlossen, den Betriebsbeitrag fürs Podium 41 am See für weitere vier Jahre 2016 bis 2019 zu bewilligen und ihn auf 335’000 Franken aufzustocken (zentral+ berichtete). Für Diskussionen im Rat sorgte aber vor allem der Umgang mit dem Drogenkonsum, der von der SVP und Teilen der FDP als zu lasch kritisiert wurde.

Das überparteiliche Komitee «Nein zur offenen Drogenszene im Podium 41» will den GGR-Entscheid jetzt vors Volk bringen und bis zum 28. Juli die nötigen 500 Unterschriften für das Referendum sammeln (Meldung von Montagmorgen). «Die Legitimation ist höher, wenn das Volk abstimmen kann»,  sagt Mediensprecher Gregor R. Bruhin. Der SVP-Gemeinderat fügt hinzu: «Wir hätten lieber ein

Zuger Polizei: «Offene Drogenszene verhindert»

Die Zuger Polizei bestreitet die Darstellung des Komitees. Gemäss Mediensprecher Marcel Schlatter weist die offizielle Kriminalstatistik gar keine auf bestimmte Örtlichkeiten bezogenen Einsätze aus. Nach einer Anfrage des Stadtrates habe die Polizei jedoch auf Basis des internen Polizei-Journals eine Liste mit den Zahlen erstellt. «Diese sind noch nicht öffentlich», sagt Schlatter, «was ich aber sagen kann, ist, dass wir im laufenden Jahr gerade mal eine einzige Anzeige wegen Gewaltdelikten zu verzeichnen hatten.» 2014 seien es drei gewesen. 2012 bis 2014 nahm die Zahl der Strafanzeigen in den Kategorien Gewalt, Betäubungsmittel und Ausländergesetz rund ums Podium 41 stets ab. Im laufenden Jahr 2015 seien ebenfalls keine Auffälligkeiten zu beobachten. «Von nackter Gewalt und Schlägereien beim Podium 41 kann also keine Rede sein», fügt Marcel Schlatter hinzu. Die Zuger Polizei sei mit uniformierten als auch zivilen Einsatzkräften regelmässig vor Ort präsent. «Wir dulden keinen Drogenhandel und verfolgen diesen konsequent. Es ist uns gelungen, eine offene Drogenszene in Zug zu verhindern», so Schlatter.

Behördenreferendum gehabt, doch das wurde abgelehnt.»

Gerade vor dem Hintergrund von «Drogenexzessen und Gewaltausschreitungen» sei es fahrlässig und unverantwortlich, dieses Projekt so weiterlaufen zu lassen. Das Komitee wird die Unterschriften laut Bruhin an Samstagen auf dem Bundesplatz und beim Metalli sammeln, zudem hat es eine Facebook-Seite eröffnet.

Die Facebook-Seite des Komitees, das sich die totale Drogenabstinenz auf die Fahne geschrieben hat.

Die Facebook-Seite des Komitees, das sich die totale Drogenabstinenz auf die Fahne geschrieben hat.

(Bild: Screenshot)

Zahlen der Zuger Polizei zitiert

Brisant: Das Komitee beruft sich auf Zahlen der Zuger Polizei, welche der Geschäftsprüfungskommission vorgelegt wurden (siehe Box). Das Komitee schreibt dazu in seiner Medienmitteilung: «Eine Statistik der Zuger Polizei zeigt, dass die polizeilichen Einsätze und Verstösse im ersten Halbjahr 2015 stark zugenommen haben. Es geht um nackte Gewalt, Schlägereien, Drogen aller Art, Verstoss gegen Hausverbote usw.» Gregor R. Bruhin ist GPK-Mitglied. Man sei gebeten worden, die Zahlen nicht weiter zu geben, zudem verweist der Gemeinderat aufs Kommissionsgeheimnis.

Jürg Messmer ist Co-Präsident des Komitees, zusammen mit FDP-Gemeinderat Rainer Leemann. Messmer meint, die Gegner stellten das Podium 41 nicht grundsätzlich in Frage. Man sei aber dagegen, den Vertrag immer wieder zu verlängern ohne die bestehenden Probleme anzugehen. «Ich habe mit Leuten gesprochen, die finden, dass es nicht so weitergehen kann mit den dortigen Zuständen», sagt Messmer. «Ich bin überzeugt, dass die Bevölkerung nicht mehr gewillt ist, in vier Jahren rund 1,3 Millionen für rund 100 Personen auszugeben, von denen die Hälfte gar nicht aus Zug stammt.»

Vroni Straub-Müller: «Abstimmungskampf um Drogen»

Und was sagt der Zuger Stadtrat zum Referendum? Stadträtin Vroni Straub-Müller (CSP) vertritt den Zuger Sozialvorstand Urs Raschle (CVP) während dessen Ferien. Sie sagt: «Das ist das demokratische Recht der SVP und der FDP. Ich zweifle nicht daran, dass das Referendum zustande kommt.» Freuen tut sie sich trotzdem nicht darauf: «Beim Abstimmungkampf wird sich alles um die Drogenfragen drehen.» Sie verweist zudem auf die Kosten von rund 40’000 Franken für eine solche Abstimmung.

Straub ist zuversichtlich, dass das Podium 41 in der Zuger Bevölkerung die Akzeptanz erhalte, die es verdiene, sagt sie. «Die Gemeinnützige Gesellschaft Zug und die Podiumsmitarbeiter machen einen Superjob. Ich bin stolz darauf, dass die Stadt Zug an einem solch schönen Ort einen Treffpunkt für ein gemischtes Publikum hat. Es soll auch in Zug Platz geben für Personen am Rand. Diese gehören zu uns.»

«Polizei froh um diesen Ort«

Dass es Probleme gibt, leugnet die Stadträtin nicht. «Ich weiss aber, dass die Zuger Polizei froh ist, dass sich das Podium 41 an einem so zentralen gut kontrollierbaren Ort befindet.» Rupan Sivaganesan von der SP hat Insiderkenntnisse des Podiums 41. «Ich habe als Sozialpädagoge 2014 ein neunmonatiges Praktikum dort gemacht», erklärt er. Er findet es schade, dass das Podium nun von der SVP und der FDP auf Personen mit Drogenprobleme reduziert wird. «Ich habe dort verschiedenste Menschen gesehen. Es ist ein Auffangbecken.» Personen, die mit weichen Drogen dealten, würde ein Hausverbot erteilt, sagt Sivaganesan. Die Polizei sanktioniere ausserdem den Konsum. «Es kann keine Rede von einem rechtsfreien Raum sein», sagt der SP-Gemeinderat.

«Situation verhältnismässig gut im Griff»

Das Komitee zitiert eine Statistik der Polizei, wonach die Einsätze im ersten Halbjahr stark zugenommen hätten. Diese sei der Geschäftsprüfungskommission präsentiert worden, sagt der Mediensprecher und SVP-Gemeinderat Gregor R. Bruhin. Im Bericht und Antrag der GPK steht jedoch etwas anderes – und auch die Zuger Polizei widerspricht (siehe kleine Box). «Stellungnahmen der Akteure rund um das Podium 41 (GGZ, Zuger Polizei, Gassenarbeit etc.) zeigen, dass der Umgang mit dem durchmischten Publikum zwar sehr anspruchsvoll ist, man die Situation aber verhältnismässig gut im Griff hat.»

Dazu wird auch der neue Leitfaden zum Drogenkonsum genannt. Offenbar gibt es zum Konsum verschiedene Sichtweisen, und da könnte das Problem liegen. Von Seiten des Treffpunkts wird der Konsum von weichen Drogen (Cannabis) in der Gartenwirtschaft toleriert. Das Polizeiamt Stadt Zug hält hingegen fest, dass seitens der Sicherheitskräfte «aufgrund gesetzlicher Grundlagen Nulltoleranz gilt». Im Bericht steht aber auch: «Die Ausbreitung des Drogenhandels konnte bisher mit gezielten polizeilichen Einsätzen erfolgreich bekämpft werden.»

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4 Kommentare
  • Profilfoto von thmueller
    thmueller, 07.07.2015, 23:22 Uhr

    Es gab also sechs Einsätze, die in einer einzigen Anzeige resultierten? Wahnsinn, jetzt verstehe ich, wieso oben im Artikel von «nackter Gewalt» die Rede ist… Herr Brunner, bitte handeln Sie sofort! Ansonsten drohen uns Zustände wie in Moskau, London oder den USA! Aber daher sowieso bald die Mehrheit der Zuger Bevölkerung aus diesen Staaten stammen wird, wäre das vielleicht gar nicht so schlimm. Freundliche Grüsse aus dem Freiamt!

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  • Profilfoto von Philip C. Brunner
    Philip C. Brunner, 07.07.2015, 22:42 Uhr

    Bis Ende Mai 2015 gab es dort an der Chamerstrasse 41 statistisch gesehen alleine unter der Rubrik «Gewalt» (das heissst: Streit, Schlägerei, Angriff, Tätlichkeit, Körperverletzung, Drohung, Nötigung, Gewaltung und Drohung gegen Beamte etc.) 6 (sechs) polizeiliche Einsätze – im ganzen Vorjahr 2014 waren es total 14 (vierzehn) Einsätze. Wir sind bei den diesjährigen Einsätzen im Bereich Gewalt «also auf Kurs». Nur: Zusätzlich kommen weitere Delikte aus dem Bereich Betäubungsmittel/Drogen, Vergehen gegen das Ausländergesetz und Hausfriedensbruch und Missachtung von Hausverboten dazu. Alleine 13 Einsätze bei der Missachtung des Hausverbots in 5 Monaten. Es ist garantiert nicht davon auszugehen, dass heuer die Vorjahreszahlen 2014 nicht übertroffen werden – dazu bedarf es keiner Glaskugel. Die Relativierung und Verharmlosung der polizeilichen Einsätze und Verzeigungen (die Statistik der Securitas ist gar noch nicht einbezogen!) ist fester Bestandteil gewisser Kreise, welche es als normal betrachten, dass sich die hart arbeitende, sich an unsere Gesetze und gängie Regeln haltende Durchschnittsbevölkerung sich nicht mehr in die nähere Umgebung um das Podium41 wagt. Aber zahlen – zahlen sollen 99,5% für diesen 0,5% Anteil der Bevölkerung (150 Personen) – CHF pro Kopf 9’000.- für 4 Jahre – macht CHF 1,3 Mio. aus für Leute, die zu über 50% nicht einmal in der Stadt wohnhaft sind und so vermutlich sich auch kaum an den Kosten beteiligen. Die Stadtzuger-Innen tragen und das ist eben auch erwähnenswert – nicht nur diese Zentrumslast – von irgendwelcher aussergemeindlicher Solidarität ist zumindest beim Podium41 nichts zu spüren.

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  • Profilfoto von thmueller
    thmueller, 07.07.2015, 21:45 Uhr

    Herr Brunner, haben Sie in der Schule beim Dreisatzrechnen geschlafen oder besitzen Sie eine Kristallkugel? Wenn bis Ende Mai 2015 offenbar gerade mal eine Gewalttat verzeichnet worden ist und es letztes Jahr deren drei gewesen waren, wie, ja wie sollen denn bitteschön die Zahlen Ende Jahr «massiv» (ich betone: massiv!) übertroffen sein?

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  • Profilfoto von Philip C. Brunner
    Philip C. Brunner, 07.07.2015, 19:50 Uhr

    Zitat: «Das Komitee beruft sich dabei auf Zahlen der Zuger Polizei, welche im ersten Halbjahr 2015 eine starke Zunahme der Probleme feststelle. Doch die Polizei selbst weiss davon nichts.» Ende Zitat

    Dass die Zuger Polizei ihre eigenen mehrjährigen Statistiken zum Podium41 nicht interpretieren kann, aus politischen Gründen nicht interpretieren will, erstaunt, mich gar nicht. CVP von Stadt und Kanton, welche die entscheidenden Posten bei Polizei und Justiz im Kanton Zug personell besetzt, vom Dept. SUS in der Stadt Zug ganz abgesehen, will leider wie die CVP Fraktion die Probleme beim Podium41 gar nicht lösen. SVP und Teile der FDP sehen es ganz anders, denn eigentlich ist es ganz einfach: Die Zahlen aller Einsätze und aller Verzeigungen der Zuger Polizei bis Ende Mai 2015 zeigen, dass bei gleicher Entwicklung in den kommenden 7 Monaten die Zahlen von 2014 massiv, ich betone das, massiv übertroffen werden. Mehr haben wir nie behauptet. Eine Aenderung der Tendenzen zeichnet sich leider nicht ab. Von den Kosten für diese polizeilichen Einsätze reden die Befürworter nicht. Es wäre interessant zu wissen, was alle diese Polizeieinsätze und die notwendigen Reinigungsarbeiten des Werkhofs in der Umgebung des Podium41 die Steuerzahlere dieser Stadt kosten! Es ist bedauerlich, dass aus politischer Korrektheit die wahren Dimensionen der Einsätze und Verzeigungen (und deren Kosten) im Zusammenhang mit dem Podium41 nicht veröffentlicht werden können. Es ist sehr zu hoffen, dass das Referendum zustande kommt. Die Stimmbürger der Stadt Zug haben dann erstmals die Gelegenheit ihre eigene Meinung zum Podium41 zu äussern. Sind uns die Randständigen aus dem ganzen Kanton und darüber hinaus über die nächsten 4 Jahre je CHF 9’000.- pro Kopf für eine offene Drogenszene am Zugersee wert? Das Volk soll das abschliessend beurteilen können, so wie bei der Galvanik und beim Kulturlastenausgleich. Dann weiss die städtische Politik wohin die Reise gehen soll.

    Philip C. Brunner
    Präsident der SVP Stadt Zug
    Präsident der GPK Stadt Zug
    Kantonsrat

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