Luzerner Aktivist Carlo Schmid hat grosse Pläne

Klimastreik kommt nach dem Coronajahr mit einem Knall zurück auf die Bühne

Klimaaktivist Carlo Schmid wünscht sich ein höheres Bewusstsein fürs Klima. (Bild: zvg)

Um die Klimastreik-Bewegung ist es seit Beginn der Corona-Krise ruhig geworden. Im neuen Jahr machen die jungen Aktivisten aber wieder lautstark auf die klimapolitische Situation aufmerksam. Was die Bewegung vorhat und wie sie organisiert ist, erklärt der Luzerner Carlo Schmid.

Umwelt und Politik sind für Carlo Schmid schon von klein auf ein Thema. «Ich war früh politisch interessiert», erzählt der 23-Jährige. Seit bald zwei Jahren ist er Teil der Bewegung «Klimastreik Zentralschweiz», die vehement auf die klimapolitische Lage in der Welt aufmerksam macht – zuletzt mit einer Velo-Demo im September (zentralplus berichtete).

Zur Klimastreik-Bewegung kam er über sein Umfeld. «Ich habe Leute gekannt, die beim Klimastreik dabei waren.» Gegründet wurde die Schweizer Bewegung vor rund zwei Jahren. Damals war Schmid in einem Austauschsemester. Als er zurückkam, nahm er an einer Demo von «Klimastreik Zentralschweiz» teil.

Hohe Ziele gesteckt

«Etwas später engagierte ich mich dann aktiv für die Organisation.» Rasch habe er erkannt, was auf dem Spiel steht. «Und das ist – auch wenn es etwas abgedroschen klingen mag – nicht weniger als unsere Zukunft.»

Nebst seinem Engagement für die Klimabewegung ist der 23-Jährige Co-Präsident der Jungen Grünen Kanton Luzern und befindet sich in den letzten Zügen seines Mathematik-Masters an der ETH Zürich. «Nebenher arbeite ich noch Teilzeit als Hilfsassistent am Lehrstuhl für Makroökonomie an der ETH.» Im März sei seine Ausbildung abgeschlossen. Und dann ruft erst mal der Zivildienst.

Dieser wird ihn in seinem klimapolitischen Engagement fast so bremsen, wie die Coronakrise die gesamte Klimastreik-Bewegung. «Corona hatte auf alles einen grossen Einfluss. Natürlich auch auf uns», so Schmid.

Grossdemo für Mai geplant

Direkt betroffen war ein geplanter Aktionstag aller Schweizer Sektionen der Klimastreik-Bewegung im Verbund mit anderen Organisationen. «Wir hatten mit Strike for Future einen grossen Event geplant, der Corona-bedingt abgesagt werden musste.» Dieser findet nun am 21. Mai 2021 statt – sofern es die Situation zulässt (zentralplus berichtete).

Zwar ist die Situation längerfristig unklar. Aber Schmid findet, dass «Corona trotz allem Leid und Schaden auch ein Potenzial hat, das man nutzen könnte». Wenn Bund und Kantone die Wirtschaft unterstützen, können sie das auf eine nachhaltige Art und Weise tun.

Ziel: Die Veränderung der Gesellschaft

Doch wofür steht «Klimastreik Zentralschweiz» eigentlich? Als zentrale Aufgabe der Bewegung sieht Carlo Schmid die Änderung der Einstellung der Bevölkerung. «Vielen ist noch gar nicht bewusst, wie schlimm die Situation eigentlich ist.» Und dass nun vermehrt über das Thema diskutiert wird, sei eine erste Errungenschaft der Bewegung.

«Es geht voran – aber reichen tut das noch nicht.» Auch freut er sich über die «Grüne Welle» bei den nationalen Wahlen 2019. Er fügt aber an, dass das Klima damit noch nichts gewonnen habe. Er nennt ein Beispiel, das die Bewegung selbst spaltet: Die Totalrevision des CO2-Gesetzes (zentralplus berichtete).

Streitpunkt: CO2-Gesetz

Hier haben einige Sektionen von «Klimastreik Zentralschweiz» das Referendum ergriffen, wohingegen andere das Gesetz als ersten, kleinen Schritt in die richtige Richtung werten. Zu letzteren gehört die Zentralschweizer Sektion des Klimastreiks.

«Was aber nicht heisst, dass wir uns im Abstimmungskampf für dieses Gesetz einsetzen werden», fügt Schmid an. Wie alle Klimastreikerinnen findet er, dass das geplante Gesetz zu wenig weit geht – und es strengere Massnahmen braucht. Ein Plenum im Januar soll Klarheit innerhalb der Bewegung schaffen.

Keine Ämter, keine Hierarchien

Solche Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Organisation kommen vor. Das liegt vielleicht daran, dass – wie Schmid uns erklärt – die Klimastreik-Bewegung ohne klare Hierarchie oder Zuständigkeiten agiert. «Es gibt keinen Vorstand oder Pressesprecher.» Das sei bewusst so gehalten.

«Bei uns können alle mitmachen, die sich engagieren wollen.» Bedenken über allfällige Einzelaktionen, die nicht im Sinne der Bewegung sind, hat Schmid keine. «Ich sehe, dass diese Art der Struktur zu Problemen führen könnte, bisher hat sie aber gut funktioniert.»

Einmal pro Monat treffen sich die Aktivisten – aktuell online – und diskutieren die Anfragen und Anliegen. Über Gruppenchats und Arbeitsgruppen werden dann verschiedene Projekte angegangen. «Gerade weil wir weniger institutionalisiert sind, ist die Beitrittsbarriere niedriger», sagt Schmid.

Rund 400 Mitglieder machen mit

Hinter der Luzerner Fraktion der Bewegung stehen gemäss Schmid etwa 20 aktive Leute. Zählt man aber noch die Mitglieder der Chatgruppen dazu, kommen rund 300–400 Leute zusammen. Die meisten Mitglieder gewinnt die Bewegung an den Demos oder über die sozialen Medien.

Stichwort: Demos. Auf die freut sich Schmid, sobald sie wieder durchführbar sind. «Es ist immer toll, an lebendigen Demonstrationen zu sein – besonders, wenn viele Leute daran teilnehmen.» Organisiert sei so eine Kundgebung schnell. «Der grösste Zeitaufwand benötigt die Mobilisierung der Leute über Flyer, Plakate oder die Medien.» Mit den Bewilligungen der Stadt gab es noch nie grössere Probleme. «Manchmal ist die Lösung zwar ein Kompromiss, aber einer, mit dem beide Parteien gut leben können.»

Kritik als Ablenkungsmanöver

Wie geht Schmid mit der Kritik um, mit der sich «Klimastreik Zentralschweiz» konfrontiert sieht? Gerade auf Social Media werden immer wieder Stimmen laut, die den jungen Aktivisten vorwerfen, reinen Aktionismus zu betreiben, ohne Lösungsansätze zu liefern.

«Sachliche Kritik ist immer willkommen», sagt Schmid. «Pauschalisierende Kritik empfinde ich hingegen als problematisch, weil sie ein ablenkendes Argument ist.» Ablenkung davon, dass die Leute ihre Verantwortung oft nicht wahrnehmen würden. Letztlich sei es die Wissenschaft, die klar sage, wie bedrohlich die aktuelle Klimalage sei. «Wir saugen uns das nicht aus den Fingern», so Schmid. «Und wenn andere diese Lage nicht ernst nehmen, müsse man halt selbst aktiv werden.»

Was Carlo Schmid antreibt und was er von der aktuellen Luzerner Regierung hält, erzählt er im Video:

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8 Kommentare
  • Profilfoto von Roland Grueter
    Roland Grueter, 01.01.2021, 12:20 Uhr

    Da können wir uns wohl auf Radau gefasst machen. Uebrigens benutzen diese Aktivisten/innen laufend ein Handy inklusive Neuanschaffungen. Diese Nutzungen sind ebenso klimaschädlig wie die von dieser Gruppe angesprochenen allgemeinen Probleme in diesem Bereich. Aber das ist diesen Leuten gleichgültig. Wenn man eine Sache selber nutzt, ist das wohl (heuchlerisch) in Ordnung.

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    • Profilfoto von Thomas Scherer
      Thomas Scherer, 01.01.2021, 20:27 Uhr

      So bequem kann man sich die Welt machen: «Solange sich die anderen nicht absolut widerspruchsfrei verhalten, brauch ich mich kein bisschen zu bewegen.»
      Kehren Sie vor der eigenen Tür statt die jungen Aktivist*innen anzuschwärzen!

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    • Profilfoto von Roland Grueter
      Roland Grueter, 01.01.2021, 23:04 Uhr

      An T. Scherer
      Ihre Argumentation hat absolut nichts mit meinen Vorbehalten zu tun. Heuchlerisches Getue ist wohl nach Ihnen absolut akzeptabel. Das Gebaren hat nichts mit anschwärzen zu tun, sondern ist Realität, die von gewissen Leuten anscheinend nicht von Belang ist.

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    Luc Bamert, 31.12.2020, 00:11 Uhr

    Allmachts- und Umerziehungsfantasien von Wohlstandskids. Es ist erwiesen, dass die allermeisten dieser FFF-Bewegung aus dem oberen Mittelstand und der Oberschicht stammen bzw. aus der akademischen Elite. Da kennen keine Sorgen finanzieller Art. Da darf die kWh auch 1 Fr. kosten, Hauptsache «klimaneutral».

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    Stefan Ernst, 30.12.2020, 19:52 Uhr

    Dieses Interview ist genauso inhaltsleer wie die gesamte Bewegung. Man beschreibt nur die Ziele, aber nicht den Weg dahin (wohl im Bewusstsein, dass die geforderten Massnahmen zu unpopulär wären)

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  • Profilfoto von Andreas Peter
    Andreas Peter, 30.12.2020, 19:37 Uhr

    «Ziel: Die Veränderung der Gesellschaft»
    So fängt Unterdrückung immer an und alle meinen es immer nur «gut».

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      Meier Toni, 31.12.2020, 13:33 Uhr

      Unterdrückung für die Unterdrücker ist eine gute Sache.

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      Stefan Ernst, 31.12.2020, 14:24 Uhr

      Wer unterdrückt Sie denn, Herr Meier?

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