Elektro steckt in den Kinderschuhen

Klimaneutraler Verkehr: Luzern ist meilenweit entfernt

Autos mit Verbrennungsmotoren werden das Bild auf Luzerns Strassen noch lange prägen. (Bild: bic)

Der Kanton Luzern will bis 2050 klimaneutral sein. Im Verkehr braucht es dazu eine Umstellung auf Elektro-Mobilität. Wie dies gelingen soll, ist selbst den zuständigen Politikern nicht klar.

Dem Kanton Luzern ist die Bekämpfung des Klimawandels ein wichtiges Anliegen – zumindest auf dem Papier. 2019 hat das Parlament den symbolischen Klimanotstand ausgerufen. Und 2021 legte der Regierungsrat den Planungsbericht Klima und Energie vor, der aufzeigt, wie der Kanton bis 2050 klimaneutral werden soll (zentralplus berichtete).

Dem Verkehr kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Immerhin knapp 30 Prozent der CO2-Emissionen im Kanton Luzern entfallen auf den Verkehr. Will der Kanton Luzern bis 2050 klimaneutral sein, muss er auch im Bereich Verkehr massiv vorwärtsmachen. Doch diese Entwicklung verläuft harzig. Dies hat die Debatte im Luzerner Kantonsrat zum Planungsbericht der Regierung deutlich aufgezeigt.

Kantonsrat will keine ambitionierteren Ziele

Konkret ging es um eine Forderung der kantonalen Energiekommission (Ruek). Diese wollte den Bericht um die Bemerkung ergänzen, dass der Verkehr im Kanton Luzern bereits im Jahr 2035 – also in 13 Jahren – klimaneutral sein soll. Eine Mehrheit des Kantonsrats hatte für die Forderung allerdings kein Gehör und lehnte die Bemerkung ab (zentralplus berichtete).

«Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Bemerkung durchkommt. Aber wir wollten damit ein Zeichen setzen.»

Urs Brücker, GLP-Kantonsrat, zum 2035-Ziel

GLP-Kantonsrat Urs Brücker hat sich innerhalb der Ruek für diese Bemerkung eingesetzt. Und selbst er muss zugeben: «Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Bemerkung durchkommt. Aber wir wollten damit ein Zeichen setzen.» Ein Zeichen, dass es im Luzerner Verkehr zu langsam vorwärtsgeht in Richtung Klimaneutralität.

Dies zeigt ein Blick auf die neusten Verkehrszahlen des Luzerner Statistikportals Lustat. Elektro-Autos machten 2021 einen verschwindend kleinen Anteil am Fahrzeugmix in Luzern aus. Minime 1,5 Prozent beträgt der Anteil der elektrisch betriebenen Autos an der Gesamtzahl der Fahrzeuge. Zwar hat die Zahl der E-Autos im Vergleich zum Vorjahr um über 50 Prozent zugenommen. Dennoch ist es fraglich, wie der Luzerner Verkehr angesichts dieser Zahlen je klimaneutral werden soll.

Regierungsrat zieht Bund in die Pflicht

Selbst die Regierung hält in ihrer Klimastrategie fest: «Mit dem vorgeschlagenen Massnahmenmix allein lassen sich die Ziele eines treibhausgasfreien Verkehrssektors im Kanton Luzern bis 2050 nicht erreichen.» Der Regierungsrat verweist darum auf den Bund und fordert strengere Vorschriften für Neufahrzeuge. Demnach sollen bis 2040 keine Autos mehr verkauft werden, die mit Benzin oder Diesel angetrieben werden.

«Es braucht nationale Massnahmen, damit der Verkehr bis 2050 klimaneutral ist.»

Michael Kurmann, Mitte-Kantonsrat

Ins gleiche Horn bläst Mitte-Kantonsrat Michael Kurmann. Kurmann ist ebenfalls Mitglied der Ruek, findet aber: «Der Handlungsspielraum des Kantons im Verkehr ist begrenzt.» Aus diesem Grund hat er die Bemerkung zum 2035-Ziel der Energiekommission abgelehnt. Kurmann verweist auf den Bund und betont, dass der grösste Hebel zum Erreichen der Klimaneutralität auf Bundesebene liege. «Es braucht nationale Massnahmen, damit der Verkehr bis 2050 klimaneutral ist.»

Problem 1: Fahrzeugsteuer

Für Urs Brücker hat der zähe Ausbau der Elektro-Mobilität im Kanton Luzern mehrere Gründe. Einerseits gibt es seit 2017 deutlich höhere Steuern für Elektro-Autos. So vervielfachte sich beispielsweise die Fahrzeugsteuer für den Besitz eines Teslas durch diese Massnahme um den Faktor 21. «Das war ein Schritt in die falsche Richtung», bedauert Brücker die damalige Entscheidung der Regierung.

Diesbezüglich pflichtet ihm Mitte-Kantonsrat Kurmann bei. «Auf kantonaler Ebene setzen wir uns für eine Ökologisierung der Motorfahrzeugsteuer ein.» Entsprechende Vorstösse haben mehrere Parlamentarier, darunter Mitte-Kantonsrätin Yvonne Hunkeler, bereits bei der Regierung deponiert. Allerdings sei eine ökologische Fahrzeugsteuer nur ein kleiner finanzieller Anreiz, weshalb Kurmann nochmals die Bedeutung nationaler Massnahmen hervorhebt.

Problem 2: Ladestationen

Ein zweites Problem im Ausbau der Elektro-Mobilität sieht GLP-Kantonsrat Urs Brücker bei den fehlenden Ladestationen bei Wohnhäusern und Büros. Zwar gebe es an öffentlichen Tankstellen schon zahlreiche Stecker für E-Autos. Doch: «Man will das Auto dort laden, wo es lange steht: Zuhause oder am Arbeitsplatz.»

«Mal aufs Velo anstatt ins Auto zu sitzen, ist eine Verhaltensänderung. Und die fällt schwer. Aber es braucht sie.»

Urs Brücker

Immerhin konnte sich das Kantonsparlament in dieser Hinsicht auf eine ambitioniertere Politik einigen. Der Kantonsrat stimmte im Januar einem Vorstoss zu, der die Installation von Ladestationen in Wohnhäusern vorantreibt (zentralplus berichtete). Demnach ist es bei Neu- und Umbauten von Mehrfamilienhäusern künftig Pflicht, sämtliche Garagenplätze mit der Grundinfrastruktur für Ladestationen auszustatten.

Problem 3: Schmaler Fokus

Für Brücker gibt es noch einen dritten Grund, wieso die Umstellung auf eine klimaneutrale Mobilität im Kanton Luzern harzt: Der reine Fokus auf Autos mit Elektro-Batterie. «Nachhaltigen Alternativen wie Fahrzeugen mit Wasserstoff- oder Biogas-Antrieb wird meiner Meinung nach zu wenig Beachtung geschenkt.» Der GLP-Kantonsrat würde sich darum wünschen, dass die Politik auch gegenüber solchen Alternativen offener ist. Denn Elektro-Batterien seien sehr schwer – der Antrieb eines schweren Autos braucht entsprechend auch mehr Energie.

Nach Auflistung dieser verschiedenen Baustellen gibt es für Brücker letztlich nur ein Rezept, wie der Verkehr in Luzern tatsächlich klimaneutral werden soll. Das Zauberwort: Verzicht. «Der grösste Hebel ist, wenn wir immer weniger Auto fahren.»

«Wir sollten lieber kleine Schritte machen, als mit der Brechstange vorzugehen.»

Michael Kurmann

Mit E-Bikes stünde bereits jetzt eine praktische, klimaneutrale Alternative zum Auto bereit. Auch die Digitalisierung und das Home-Office sollten in Zukunft zu einer Verminderung des Verkehrs beitragen, ergänzt der Kantonsrat. Er bilanziert aber auch: «Mal aufs Velo anstatt ins Auto zu sitzen, ist halt eine Verhaltensänderung. Und die fällt schwer. Aber es braucht sie.»

Kurmann hält dem entgegen und sagt: «Wir müssen die Realität auf der Luzerner Landschaft wahrnehmen.» Dort seien grosse Teile der Bevölkerung auf das Auto angewiesen. Entsprechend deutlich fiel das Resultat zur Abstimmung über das CO2-Gesetz auf der Landschaft aus (zentralplus berichtete). Aus diesem Grund betont der Politiker aus Dagmersellen: «Wir sollten lieber kleine Schritte machen, als mit der Brechstange vorzugehen.»

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13 Kommentare
  • Profilfoto von Remo
    Remo, 08.02.2022, 20:52 Uhr

    Urs Brücker hat völlig recht. Eines der grössten Probleme sind die Lademöglichkeiten für Mieter. Soll ich etwa alle paar Tage ein Stunde an der Tanke Kaffee trinken, während mein Auto lädt? Dazu habe ich weder Lust noch Zeit.
    Und ja: Gar nicht fahren ist viel besser als mit einem E-Auto zu fahren. Home Office hat sich dank Corona weit verbreitet und viele habgen sich daran gewöhnt. Ja auch ich habe vor Corona nie im Home Office gearbeitet. Inzwischen finde ich das prima. Natürlich auch weil ich mich entsprechend ausgerüstet habe. So spare ich jeden Tag 70 Autokilometer.
    Ich frage mich immer noch woher der ganze Strom kommen soll. Neue Kraftwerke werden ja keine gebaut. Keine Ahnung auf was die Politik hier noch wartet.

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  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 08.02.2022, 12:30 Uhr

    Leider kennen wir die explizite Arbeitsverweigerung, das manifeste Höseler- und Faulenzertum unserer Regierung inkl. bürgerlicher Parlamentsmehrheit schon bestens von Corona: Selber kann man angeblich nichts machen, der Bund soll gefälligst entscheiden. Tut dies der Bund jedoch, kräht man sofort wieder etwas von «Föderalismus» und «kantonaler Hoheit». Es gibt durchaus auch Leute in der Landschaft (nein nein, keine bösen bösen Grünen), die sich PV aufs Dach montieren und damit ein Elektrofahrzeug laden. Das hat nichts mehr mit dem Parteibuch, sondern mit Vernunft und ökonomischem Denken zu tun.

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  • Profilfoto von JR
    JR, 08.02.2022, 08:49 Uhr

    Auch beim Kantonsrat scheint der Strom ja nur aus der Steckdose zu kommen… Solange die Stromsicherheit nicht hieb und stichfest gewährleistet ist, mit allen Mehrverbrauchszenarien infolge E-Mobilität usw., brauchen wir gar nicht mehr über E-Mobilität zu diskutieren.
    Ausser man will, dass das eigene Auto morgens nicht geladen ist und man zuhause festsitzt.
    Der liebe Kantonsrat sollte seine vollste Aufmerksamkeit ausschliesslich auf die Sicherstellung der Stromsicherheit konzentrieren, bzw. wie er bei Strommangellagen kritische Situationen überbrücken will und die Bevölkerung unterstützen kann.

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    • Profilfoto von Rashid Dostum
      Rashid Dostum, 08.02.2022, 10:09 Uhr

      Die möglichen Ressourcen-Kriege wegen Lithium, Kobalt usw. sind in dieser Prognose noch nicht einmal mitberücksichtigt. Die Grünen sind meiner Meinung nach aber die ersten, die kriegerische Handlungen für eine moralinoide «grüne Zukunft» oder noch besser, parallel dazu die Errrichtung einer woken «Öko-Diktatur» billigend in Kauf nehmen oder gar fördern würden.

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      • Profilfoto von Kommentarschreiber
        Kommentarschreiber, 08.02.2022, 11:21 Uhr

        @Rashid Dostum
        Ihnen ist scheinbar kein Artikel zu schade, um übelste Feindbildbewirtschaftung mit diffamierenden Unterstellungen zu plazieren, widerlich…..

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      • Profilfoto von Kommentarschreiber
        Kommentarschreiber, 08.02.2022, 11:32 Uhr

        @Rashid Dostum
        Ihr Pseudonym, vermutlich handelt es sich um ein solches, ist am Zynismus fast nicht mehr zu überbieten und sagt eigentlich alles über Ihre Person aus:
        https://de.m.wikipedia.org/wiki/Abdul_Raschid_Dostum
        Sind Sie zu feige, um mit Ihrem richtigen Namen hinzustehen?

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    • Profilfoto von Zeit_Geist
      Zeit_Geist, 08.02.2022, 12:31 Uhr

      Solange der CO2 Austoss so hoch ist, werden wir nicht um Diskussionen und Förderung von Alternativen herumkommen. Das Velo ist eine solche, selbst mit Elektroantrieb immer noch um vieles besser als jedes Auto. Zu Fuss gehen ist sicher das CO2 neutralste „Verkehrsmittel“. Danke allen Politiker und Politikerinnen die noch genug breite Schultern haben, um so viel reflexionsfreie Kritik zu ertragen.

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  • Profilfoto von Reala
    Reala, 08.02.2022, 07:49 Uhr

    E-Mobilität ist ein (Luxus-)Projekt der Politik. Das Volk will diese nicht alltagstauglichen Batterie- Autos gar nicht, ausser ein paar Lifestyle-Grüne. Wann sehen das Politik und Medien endlich ein?

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    • Profilfoto von Zeit_Geist
      Zeit_Geist, 08.02.2022, 12:23 Uhr

      Doch doch… viele werden in den nächsten Jahren umsteigen…

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    • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
      Kasimir Pfyffer, 08.02.2022, 12:25 Uhr

      Ah, wirklich? Warum hat dann «das Volk» den Tesla 3 zum meistverkauften Auto gemacht? Warum haben die Stromer in der ganzen Schweiz im 2021 so kräftig zugelegt? Mir scheint Ihr Nick etwas unglücklich gewählt, «Ideologa» könnte passender sein.

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      • Profilfoto von JR
        JR, 08.02.2022, 18:48 Uhr

        Das Volk findet Stromautos «cool», weil sie sich erstens über Stromsicherheit im Alltag, geschweige denn in der Industrie und im Beruf keinerlei Gedanken machen. Man glaubt Grünideologen und anderen «Taskforces» einfach blind, ohne selber zu denken und den Fakten nachzugehen. Ich habe mir leider eine Solaranlage mit Batteriespeicher zulegen müssen, der es mir erlaubt, in einer Blackout Situation autark zu sein. Warum ich das gemacht habe? Sicher nicht wegen dem Klima, sondern wegen den dämlichen Politikern, die mit selbst verursachten Strommangellagen einen volkswirtschaftlichen Schaden verursachen werden, gegen die die Corona Kosten ein Kindergeburtstag sein werden. – Wenn der Staat nicht für Deine Grundversorgung aufkommt, musst du eben selber schauen. – Und nein, ein Tesla kaufe ich trotzdem nicht. Ich werde solange Benzin und Diesel nutzen, wie es nur geht. Ich komme dann nämlich vorwärts und mein Haus bleibt geheizt (mit Öl und etwas Strom).

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      • Profilfoto von Remo
        Remo, 08.02.2022, 20:48 Uhr

        Natürlich. Leasing sei Dank, fahren viele Leute, die sich ein so teures Auto sonst nicht leisten könnten einen Tesla.

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    • Profilfoto von martin.vonrotz
      martin.vonrotz, 08.02.2022, 12:35 Uhr

      Für den grössten Teil der Bevölkerung wären die BEVs mehr als genug wenn sie denn zahlbar wären. Lange Ferienreisen mit dem PKW müssten generell hinterfragt werden. Für Firmen, Vertreter und andere Gewerke müssten entweder die Ladezeiten sinken, oder Alternativen geboten werden. Ich selbst fahre einen Benzin-Hybrid und fahre, dank eigener Ladestation, über 80% rein elektrisch.

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