Leserbrief zu Ladenöffnungszeiten in Luzern

«Kleinere Geschäfte werden brutal aus dem Markt gedrängt»

In Tourismuszonen wie hier am Schwanenplatz dürfen die Läden länger geöffnet haben.

(Bild: les)

Wenn die Stadtluzerner Läden länger offen halten, warum arbeiten denn nicht auch die Verwaltungsangestellten und die Handwerker am Sonntag und in der Nacht, fragt sich Heinz Bossert in seinem Leserbrief.

Die Stadt Luzern unter Federführung von Stadträtin Franziska Bitzi (CVP) prüft einen Pilotversuch zur Aushebelung des kantonalen Ruhetags- und Ladenschlussgesetzes (zentralplus berichtete). Längere Öffnungszeiten an Werktagen und die Abschaffung des Sonntags als Ruhetag wären die Folgen.

Immer grösser, immer weiter, immer länger? Öffnungszeiten bis 22.30 Uhr und am Sonntag bis 20 Uhr richten sich fundamental gegen die Interessen der Klein- und Familienbetriebe und sind auf die Zerstörung der gewachsenen Strukturen und Verdrängung der kleinen Anbieter ausgerichtet.

Warum nicht auch Handwerker?

Nur Grossverteiler oder Ladenketten können und wollen eine solche Kapazität ausschöpfen. Kleinere Geschäfte werden brutal aus dem Markt verdrängt.

Die fanatischsten Befürworter von weitergehenden Ausdehnungen der Öffnungszeiten sind vor allem jene Menschen, die sich selbst sicher fühlen, niemals innerhalb der gesamten 24-Stunden-Zeitspanne arbeiten zu müssen. Wenn aber bis in die Nacht und am Sonntag die Verkaufsgeschäfte geöffnet sind, dann stellt sich die Frage, warum denn nicht auch der Handwerker oder die Angestellten «liberalisiert arbeiten» sollen.

Viele Läden haben keine Wahl

Wer rund um die Uhr konsumiert, wird bald einmal rund um die Uhr arbeiten müssen. Warum soll am siebten Tag nicht auch der Rasen gemäht werden dürfen? Und der Spengler die Hausfassade sanieren? Die Verwaltungsangestellte für die Bürgerin erreichbar sein? Und der 40-Tönner im Quartier herumkurven, um den Warennachschub zu gewährleisten?

Argumente der Befürworter wie Wahlfreiheit des einzelnen Geschäftsinhabers sind nicht stichhaltig: Viele Betriebe können gar nicht wählen, wenn sie überleben wollen, zum Beispiel als eingemietete Geschäfte in Einkaufscentern.

«Jedes vernünftige Mass abhandengekommen»

Überdurchschnittlich gute Leute für den Verkauf zu finden, wird durch die Unattraktivität der Arbeitszeiten zunehmend schwieriger. Wo bleibt die Vernunft?

Als Arbeitgebervertreter und als politisch durch und durch bürgerlich denkende Person habe ich bei dem fast schon missionarischen Eifer gewisser Exponenten den Eindruck, dass in dieser Thematik jedes vernünftige Mass abhandengekommen ist.

Es wäre endlich an der Zeit, die Transformation des mehrfach vom Souverän zum Ausdruck gebrachten Liberalisierungsboykotts anzunehmen.

Heinz Bossert, Luzern

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