Kleiner Kanton ganz gross

Nein, es ist kein Aprilscherz. Einmal mehr macht ein Politiker im Kanton Zug auf wenig vorbildliche Art und Weise von sich reden. Damit reiht sich Kantonsratspräsident Moritz Schmid in eine Chronologie von kleineren und grösseren Skandalen ein, wie sie Zug so in jüngerer Zeit nicht kannte.

  • Franz Keiser: Der Neuheimer Gemeinderat baute eine Anlage für die industrielle Herstellung von Pflanzenkohle. Ohne Bewilligung. Sie muss bis zum Sommer 2015 zurückgebaut werden.
  • Ivo Romer: Im Jahr 2012 wird ruchbar, dass der FDP-Stadtrat eine alte Frau um mehrere Millionen Franken betrogen haben soll. Romer tritt im Dezember 2012 zurück.
  • Karl Betschart: Der Baarer SVP-Gemeinderat trat wenige Tage nach Ivo Romer zurück. Er soll als Treuhänder gegen eine halbe Million Franken veruntreut haben.
  • Der Zuger Stadtschreiber Alexandre von Rohr hatte an seinem Haus in Risch in der Seeufer- und Landschaftsschutzzone ohne Baubewilligung einen Windfang gebaut. Im Herbst 2013 trat er zurück.
  • Noch nicht abgeschlossen ist der Fall Spiess-Hegglin / Hürlimann. Markus Hürlimann trat in der Folge des jüngsten Zuger Skandals als SVP-Kantonalpräsident zurück.

Und nun Moritz Schmid. Der Fall mit dem illegalen Bauen in Goldau ist symptomatisch für mangelnde Sensibilität und ein «Gemauschel», wie es in kleinräumigen Strukturen nur zu bekannt ist. Einerseits das Unverständnis des Zuger Kantonsratspräsidenten, weshalb für die baulichen Veränderungen überhaupt eine Bewilligung notwendig ist. Andererseits aber auch die Art, wie das Problem angegangen werden soll. Verfügungen des Kantons bleiben unbeantwortet, Fristen verstreichen ungenutzt. Schon mancher, der mit Behörden oder dem Gericht zu tun hatte, musste erfahren: Wer eine Frist untätig verstreichen lässt, hat seine Rechtsmittel verspielt. Stattdessen versucht Moritz Schmid das Problem im persönlichen Gespräch mit dem nicht mehr zuständigen Gemeinderat aus der Welt zu schaffen.

Es bleibt offen, ob dieses fehlende Unrechtsbewusstsein auf mangelndes juristisches Wissen zurückzuführen ist, oder auf der Erfahrung basiert, dass sich unter vier Augen so manches wieder grade biegen lässt.

Die früheren Zuger Skandale zeigen jedoch, dass ein solches Verhalten von der Öffentlichkeit nicht mehr goutiert wird. Politikern wird deutlich mehr auf die Finger geschaut als früher, die Sensibilität für gesetzeskonformes Verhalten gerade auch bei Würdenträgern ist in der Öffentlichkeit hoch wie nie. Alexandre von Rohr kostete dies in einem ähnlichen Fall das Amt des Stadtschreibers. Nun ist Moritz Schmid Gipsermeister und nicht Jurist wie von Rohr. Dennoch darf vom höchsten Zuger eine besondere Sensibilität erwartet werden.

Es ist zu hoffen, dass Moritz Schmid und der Kanton eine juristisch korrekte Lösung finden. Eine Lösung, die weder das Amt des Kantonsratspräsidenten noch das Ansehen des Kantons Zug beschmuddeln. Denn eines hat der kleinste Schweizer Kanton in den letzten Jahren bewiesen: In Skandalen ist man inzwischen bei den Grossen angekommen.

Kleiner Kanton ganz gross
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