Kulturprojekt in der Schwebe

Klanghotel Bergsonne bleibt (vorerst) bestehen

Das Klanghotel Bergsonne liegt über Rigi Kaltbad in der Gemeinde Weggis. Wie es mit dem Projekt nach dem kommenden Winter weitergeht, ist höchst ungewiss. (Bild: zvg)

Das Klanghotel Bergsonne in Rigi Kaltbad bietet jungen Musik-Studenten Möglichkeiten zum Proben, Auftreten, Arbeiten und Ferien machen. Das Konzept erhält viel Zuspruch und Sympathie, steht aber auf der Kippe.

Die Bergsonne galt bis 2018 als Gourmet-Tempel der Rigi. In der angeblich besten Küche am Berg gab Dorly Camps über 30 Jahre lang den Takt an. Danach wurde das Haus von der Familie Camps verkauft – an die heutige Rigi-Kaltbad AG. Sie gehört den deutschen Investoren Jörn Gatermann und Thomas Pfirrmann.

Die beiden neuen Besitzer suchten nach passenden Lösungen für den Gastro- und Hotelbetrieb. Nach einem ersten, erfolglosen Versuch fanden sie im Luzerner Kulturmanager Urban Frye einen Pächter mit einer Vision.

So wurde aus dem Haus diesen Sommer das «Klanghotel», wo junge Musikerinnen arbeiten, proben, auftreten und auch Ferien machen. Zwar gibt es in der Bergsonne einfacheres Essen als früher, dafür klangliche Leckerbissen, live gespielt, mit Delikatessen aus der Kammermusik.

Das Kulturprojekt ist verbunden mit der Musikbox in Luzern, wo Musikstudenten bezahlbaren Wohnraum und Platz zum Üben finden. Frye bezeichnet das Ensemble aus Musikbox und Klanghotel als sein «Vermächtnis an die nächste Generation». Um es zu erhalten, rief er schweizweit um Hilfe – und darf nun hoffen, wenigstens durch den Winter zu kommen.

Der Luzerner Kulturmanager Urban Frye (rechts) hat das Klanghotel Bergsonne gegründet und kommt seither für dessen Betrieb auf. (Bild: zvg)

Gäste sind von der Idee begeistert

Wegen der Corona-Krise gibt es für Kunstschaffende kaum Gelegenheiten aufzutreten und sich so ein Einkommen zu erarbeiten. Das Klanghotel ist einer der wenigen Orte, wo sie proben und vor kleinem Publikum auftreten können.

Darüberhinaus liegt das Klanghotel an einem der schönsten Aussichtspunkte der Rigi. «Die Gäste sind total begeistert von den Musikern», erzählt Urban Frye. «Wir spüren grosse Unterstützung vom Berg, der Rigi Bahn, sogar von Mitbewerbern – alle finden es supercool, was wir machen.»

«Ich habe meine gesamten Ersparnisse hier reingesteckt – knapp 100'000 Franken.»

Pächter Urban Frye

Alle Mitarbeiter im Klanghotel sind als Studenten oder Absolventen mit der Hochschule Musik verbunden. «Bis die Schule im September wieder losging, waren ständig 12 bis 15 von ihnen hier oben», erzählt Frye.

Wenn es Arbeit zu verrichten gibt, bezahlt er den Studenten dafür den Mindestlohn. Ansonsten dürfe man als junger Musiker auch einfach hier sein, könne üben und erhalte dazu freie Kost und Logis. Inszwischen spielen sogar die Lehrer der Studenten hier, manche von ihnen sind Weltstars auf ihrem Gebiet.

Zwei Wochen nach der Eröffnung war wieder Schluss

«Wir wollen nachhaltig weitermachen», sagt Urban Frye, «dafür geben wir alles!» Einfach wird es nicht – nicht nur wegen der Einschränkungen durch Covid-19. Weder Frye noch die Musikstudenten haben Berufserfahrung in Gastronomie. Manchmal zeige sich das auch im laufenden Betrieb.

Deshalb kümmert sich eine Geschäftsführerin darum, dass der Gastrobereich läuft. Sie habe Frye auch schon darauf aufmerksam gemacht, dass zwei erfahrene Service-Kräfte günstiger wären als zehn unerfahrene Studenten. Trotzdem will Frye an seinem Konzept festhalten.

Das Klanghotel Bergsonne liegt über Rigi Kaltbad in der Gemeinde Weggis. (Bild: Elia Saeed)

Nach der Eröffnung am 1. März 2020 hatte es nur knapp zwei Wochen gedauert, bis das Klanghotel wegen Verschärfungen der Coronavirus-Massnahmen wieder schliessen musste. Da der Betrieb neu ist, hat er keinen Anspruch auf Covid-19-Kredite des Bundes. Frye muss daher selbst für den Betriebsausfall und die Kosten aufkommen. «Ich habe meine gesamten Ersparnisse hier reingesteckt – knapp 100'000 Franken.» Er bereue den Schritt nicht, sagt aber auch: «Jetzt geht es an die Substanz. Wenn ich so weitermache, riskiere ich mein Fundament.»

Platz für Kultur

Um sein Projekt zu bewerben und Sympathien zu sammeln, lässt der gut vernetzte Kulturmanager seine Kontakte spielen. Das Klanghotel erhält Auftritte in der «Schweizer Familie» und bei der SRF-Sendung «Kulturplatz». «Nachdem ich im ‹Kulturplatz› sagte, es brauche 50'000 Franken, um den Betrieb durch den Winter zu bringen, war die Aussicht darauf drei Tage nach Ausstrahlung schon sehr gut», erzählt Frye. Von mehreren Seiten gibt es Spenden und Hilfsangebote, dank deren das Klanghotel auf gutem Weg ist, die Liquidität bis mindestens Anfang des kommenden Jahres zu sichern.

«Ich würde ihm aus heutiger Sicht das Haus nicht mehr geben.»

Mitbesitzer Thomas Pfirrmann

Frye möchte bezüglich Spenden keine Namen nennen, erzählt aber, dass auch eine der grössten Stiftungen des Landes von sich aus angerufen habe, um ihm zu sagen, dass sein Projekt ihrem Stiftungszweck entspreche. «Sie möchten schnell und unbürokratisch über einen Unterstützungsbeitrag entscheiden. So etwas habe ich noch nie erlebt!»

Schon im Sommer seien Gäste mit Erfahrung aus der Finanzbranche auf ihn zugekommen und hätten Hilfe zum Kauf des Hauses angeboten. Frye: «Jetzt arbeitet eine Gruppe von Leuten an der Idee, dieses Gebäude zu kaufen und in eine Stiftung zu überführen.»

Unterkühltes Verhältnis zu den Besitzern

Die Besitzer aus Deutschland haben bereits ein konkretes Kaufangebot für das Haus erhalten. Dieses sei jedoch «indiskutabel», wie Mitbesitzer Thomas Pfirrmann sagt: «Zum angebotenen Preis werden wir nicht verkaufen. Wir sind nicht in Not und können zuwarten, bis die Zeiten besser werden.» Insofern scheint ein Besitzerwechsel der Bergsonne derzeit sehr weit weg. Zumal die jetzigen Besitzer einen Erlös erzielen wollen. Deshalb planen sie auf der Nachbarparzelle der Bergsonne, die zum Grundstück gehört, einen Neubau.

Nicht nur deswegen ist das Verhältnis zwischen Frye und den Besitzern seit Monaten stark unterkühlt. Es wurde auch schon ein Mediator hinzugezogen, um zwischen den Parteien zu vermitteln.

«Wir sind auch weiter bereit, einen Beitrag zu leisten, damit Urban Frye durch den Winter kommt.»

Mitbesitzer Thomas Pfirrmann

«Ich würde ihm aus heutiger Sicht das Haus nicht mehr geben», sagt Thomas Pfirrmann und verweist darauf, dass man Frye durch Pachtverzichte «grosszügig über die Corona-Zeit hinweggeholfen» habe. Gleichwohl lobt er Fryes Engagement: «Was er da aufgebaut hat, ist aussergewöhnlich. Dafür gebührt ihm grosses Lob und Anerkennung.» Den Pächter aus dem Haus werfen werden die Besitzer wohl nicht, wie Pfirrmann erklärt: «Wir sind auch weiter bereit, einen Beitrag zu leisten, damit Urban Frye durch den Winter kommt.»

Wie es mit der Bergsonne letztendlich weitergeht, entscheidet auch die Gemeinde Weggis. Vieles hängt davon ab, wie in naher Zukunft das Bauzonenreglement ausgelegt wird und ob die Besitzer der Bergsonne ein bewilligungsfähiges Projekt vorlegen. Das letzte Wort ist hier also noch nicht gesprochen.

Von Donnerstag bis Sonntag gibt es im Klanghotel Bergsonne in Rigi Kaltbad kleine Konzerte von angehenden und gestandenen Kammermusikern. (Bild: zvg)

Urban Fryes Projekte

Urban Frye hat sein bisheriges Leben als Musik-Produzent und Kultur-Manager verbracht. Er arbeitete jahrelang beim Schweizer Fernsehen für die Eurovision und war später Direktor der Preisverleihung Rose d'Or. Als Ringier die Rechte übernahm, ging er in den Ruhestand und kam auf die Idee der Musikbox in Luzern.

«Dieses Gebäude habe ich zusammen mit Musik-Studenten, Akustikern, Holzbau- und Umweltingenieuren gebaut – ohne Architekten», erzählt Frye stolz. «Ein Haus in dieser Art gibt es wohl in ganz Europa nicht!» Die Musikbox ist ein komplettes Ökohaus, durch dessen Erfolg zwei weitere Gebäude dazukamen, wodurch nun insgesamt 70 Plätze angeboten werden können. Frye: «Wir haben ein ganzes Sinfonie-Orchester bei uns.» Die Studenten aus der Musikbox bilden zugleich den erweiterten Kern der Klanghotel-Belegschaft.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Urban Frye
    Urban Frye, 30.11.2020, 16:49 Uhr

    Sehr geehrter Herr Hafen
    Auf dem von Ihnen monierten Grundstück habe ich bereits die Music-Box gebaut, welche auch im Artikel erwähnt wird. Um überhaupt die Appartements den Musikstudierenden zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung zu stellen, habe ich dem Projekt den Boden unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Im Moment planen wir den Bau eines zweiten Gebäudes.
    Das Fernziel ist es, das Gesamtprojekt zusammen mit dem Klanghotel dann in eine Stiftung zu überführen.
    Mit besten Grüssen
    Urban Frye

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  • Profilfoto von Hans Hafen
    Hans Hafen, 30.11.2020, 12:48 Uhr

    Ein Verkauf der Privatliegenschaft in bevorzugter Luzerner Aussenquartier-Lage würde Herrn Frye ganz locker und im Handstreich über zwei Million Talerchen einbringen! Aber als Unternehmensberater weiss er natürlich, dass Fremdkapital in solch einem Fall immer die bessere Lösung sein wird. Frei nach dem Credo: Ich verwirkliche mich selber, aber bezahlen sollen bitte andere dafür. Das hat bei den Grünen ja System.

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    • Profilfoto von Helen K
      Helen K, 01.12.2020, 07:35 Uhr

      Die nörgeln über einen Grünen, Initiativen ,erfolgreichen Unternehmer mit viel Mut. Corina war nicht vorgesehen, Häme ist fehl am Platz. Die Music Box ist für die Musikstadt Luzern ein Gewinn, die Bergsonne hoffentlich auch. Oder mögen Sie, lieber Herr Hafen, dort lieber Spekulanten?

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    • Profilfoto von Remo Genzoli
      Remo Genzoli, 01.12.2020, 07:46 Uhr

      lieber herr hafen
      herr frye tut das, was viele politiker und förderer auch tun: tue gutes und sprich darüber. selbstverständlich dürfen sie sich darüber aufregen oder nerven. aber dass sie daraus einen parteipolitischen rundumschlag konstruieren, finde ich bedenklich und verwerflich.

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