Plakataffäre: Ist eine Amigo-Connection am Werk?

Kläger und Richter waren Advokaten in der gleichen Zuger Kanzlei

Was ist mit der Gewaltenteilung los im Staate Zug?

(Bild: Montage flickr/horroklinik.de)

Regierungsrat Matthias Michel, sein Anwalt Hans-Rudolf Wild und Kantonsrichter Philipp Sialm verbindet eine berufliche Vergangenheit bei der grossen Zuger Anwaltskanzlei Schweiger Advokatur. Es fragt sich: Ist beim superprovisorischen Verbot der frechen Juso-Plakate alles mit rechten Dingen zugegangen?

Arbeitete in der Zuger Plakataffäre eine Seilschaft von miteinander verbundenen Politikern, Anwälten mit einem Richter zusammen? Dies fragt sich etwa Stefan Thöni aus Steinhausen, Co-Präsident der Schweizer Piratenpartei. Auf Facebook weist er darauf hin, dass Kantonsrichter Philipp Sialm, der per superprovisorischer Verfügung die Plakate von Juso und Jungalternativen verboten hat, ein Bürokollege von Rechtsanwalt Hans-Rudolf Wild war oder ist.

Wild ist der Anwalt der Regierungsräte Michel und Tännler in der Plakataffäre. Er ist auch Partner bei Schweiger Advokatur und war früher Präsident der FDP der Stadt Zug. Auch Richter Sialm arbeitete bei der grossen Zuger Kanzlei. Thöni hat sogar ein Bild gepostet, das das Profil von Sialm auf der Website der Kanzlei Schweiger Advokatur zeigt.

Auch Michel arbeitete bei Schweiger Advokatur

Ebenso war einst Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel Partner bei Schweiger Advokatur, bevor er Regierungsrat wurde. Michel ist die treibende Kraft des Plakatverbots, das von Philipp Sialm superprovisorisch erlassen wurde.
 
zentralplus wollte deshalb von Kantonsgerichtspräsident Beat Furrer (FDP) wissen, wie es um die Gewaltenteilung im Staate Zug bestellt ist. Oder genauer: wie die Verfahren beim Kantonsgericht verteilt werden.

Richter teilen sich die Zuständigkeiten auf

Gemäss Furrer beschliesst die Versammlung der Kantonsrichter in der Regel zu Beginn der Amtsperiode die interne Arbeitsteilung. Für Fälle im Bereich des Persönlichkeitsschutzes (summarische Verfahren) ist grundsätzlich Kantonsrichter Werner Staub (FDP) zuständig. Beim vorliegenden Fall fühlte sich Kantonsrichter Werner Staub befangen und trat in den Ausstand. So gelangte die Plakataffäre zu seinem Stellvertreter – Kantonsrichter Philipp Sialm (SVP).

«Ich habe keine Verbindungen mehr zur Schweiger Advokatur.»

Philipp Sialm, Kantonsrichter

«Es ist richtig, dass ich bei Schweiger Advokatur gearbeitet habe», sagt Philipp Sialm auf Anfrage. «Aber ich habe keine Verbindungen mehr zur Kanzlei, die einen Ausstand begründen würden.» Kantonsgerichtspräsident Beat Furrer erklärt: «In kleinräumigen Verhältnissen wie im Kanton Zug kann diese Konstellation vorkommen.» Auch er sei vor 17 Jahren in einem Anwaltsbüro angestellt gewesen. Er sei mit diesem Anwaltsbüro nicht mehr verbunden und trete nicht in den Ausstand, wenn er Angelegenheiten seiner früheren Chefs als Richter beurteilen müsse.

Sialm fing 2005 als Anwalt bei Schweiger an

Die Gründe, weshalb ein Richter in den Ausstand treten müsse, seien gesetzlich festgelegt, sagt Furrer. Es gäbe auch «innere Gründe», etwa wenn ein Richter einer Partei freundschaftlich verbunden sei oder gegen eine Partei eine Abneigung verspüre. «Ob die Schwelle für einen solchen inneren Ausstandsgrund erreicht ist oder nicht, hat der Richter selber zu entscheiden», sagt Furrer.

Wenn man nach Philipp Sialm googelt, findet man noch immer das Profil des Richters auf der Webseite der Privatkanzlei Schweiger Advokatur.

Wenn man nach Philipp Sialm googelt, findet man noch immer das Profil des Richters auf der Webseite der Privatkanzlei Schweiger Advokatur.

(Bild: Screenshot)

Einen Anlass, das Verfahren abzugeben, gibt es für Sialm «selbstverständlich nicht, ansonsten wäre ich in den Ausstand getreten», betont er. Als Matthias Michel – der Kläger in der Plakataffäre – bei Schweiger Advokatur ausschied, weil er 2002 in den Regierungsrat gewählt wurde, war Sialm noch Gerichtsschreiber am Kantonsgericht Zug. Er fing erst 2005 bei Schweiger als Anwalt zu arbeiten an – und hat dies aufgegeben, nachdem er 2014 zum Kantonsrichter gewählt wurde. Mit Regierungsrat Heinz Tännler verbinde ihn einzig die Parteimitgliedschaft bei der SVP, sagt Sialm.

Tännler hatte eine eigene Kanzlei

Tännler hat keine Verbindungen zu Schweiger Advokatur. Er ist zwar auch von Haus aus Anwalt, betrieb aber früher in Zug eine eigene Kanzlei – zusammen mit dem Eishockey-NLA-Einzelrichter Reto Steinmann.

Als Sialm 2013 bei der Zuger SVP als Richter fürs Kantonsgericht vorgeschlagen wurde, war er übrigens noch nicht Mitglied der Partei. Das holte er unmittelbar vor der Nominierung nach.   

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