Kein Fasnachts-Gag: Das K.O.-Tropfen-Armband hält Einzug in Luzern
Ein Armband mit aufgeklebten Messfeldern soll Fasnächtler frühzeitig warnen, wenn ihrem Drink K.O.-Tropfen beigemischt wurden. Zu kaufen gibt es das Produkt in einer Luzerner Apotheke. Doch taugt es auch etwas?
Auf den ersten Blick erscheint die zur Jahreszeit passende Auslage in der Luzerner Bahnhofapotheke wie immer: Herkömmliche Schminkstifte und Glitzersprays liegen neben Anti-Kater-Pülverchen und Ohrenschutz für die Kinder. Um das Ensemble windet sich eine Papierschlange. Doch ein Produkt sticht ins Auge: «Ko-Tropfen-Schutzarmband» steht auf der Kartonverpackung.
Gemessen wird damit der Stoff GHB (Gamma-Hydroxybuttersäure). Diese Verbindung tritt im Zusammenhang mit K.O.-Tropfen am häufigsten in Erscheinung. Andere Substanzen erkennt das Armband indes nicht.
Substanzen an Fasnacht bisher kaum nachgewiesen
Viel Erfahrung hat man in der Bahnhofapotheke mit dem Gadget noch nicht gemacht, wie der stellvertretende Filialleiter, Carmelo Maiorini, sagt: «Wir haben die Armbänder erst seit wenigen Tagen im Sortiment. Wir wollen schauen, wie sie bei der Kundschaft ankommen und dann entscheiden, ob wir das Produkt das ganze Jahr über anbieten werden.» Verkauft habe man bisher erst zwei Stück.
Interessant: Die Apotheke in der Bahnhofunterführung ist bis jetzt die einzige Filiale der Benu-Kette, die die Armbänder anbietet. Dies ergab eine kurze Anfrage bei der Zentrale im Kanton Fribourg.
Doch braucht es für die «rüüdigen Tage» tatsächlich solche Hilfsmittel? Und das Wichtigste: Taugen sie überhaupt etwas? Den Luzerner Strafverfolgungsbehörden seien solche Produkte bisher jedenfalls nicht bekannt, sagt Mediensprecher Simon Kopp auf Anfrage. Folglich wisse man auch nichts über deren Wirkung.
Kopp hält aber fest: «Wir begrüssen alle Massnahmen oder Produkte, die für die Thematik sensibilisieren oder gar präventiv wirken.» Wichtig sei zudem, dass man nicht gleich in Panik verfalle, nur weil solche Artikel angeboten würden.
«Stark gefärbte Drinks können das Resultat verfälschen.»
Stephan Luterbacher, Luzerner Kantonsapotheker
K.O.-Tropfen seien während der Fasnacht zwar durchaus ein Thema, sagt Kopp. Man erhalte regelmässig Einzelmeldungen wegen Verdachts auf solche Substanzen. «Gleichzeitig muss aber gesagt werden, dass der eigentliche Nachweis, dass wirklich K.O.-Tropfen an der Fasnacht verwendet wurden, im Kanton Luzern bisher kaum erbracht werden konnte», führt Kopp aus.
«Nicht in falscher Sicherheit wiegen»
Auch bei der kantonalen Dienststelle für Gesundheit und Sport kennt man die Armbänder nicht. «Es handelt sich nicht um ein Heilmittel, weshalb keine Aufsicht der Heilmittelbehörden besteht», erklärt Kantonsapotheker Stephan Luterbacher. Folglich könne man auch keine Aussagen zur Qualität und Sicherheit der Messmethode machen.
Lutherbach nimmt jedoch Bezug auf einen Artikel in der deutschen Apothekerzeitung, wonach der Nachweis einer GHB-Dosis, die nicht direkt zur Bewusstlosigkeit führt, aber durchaus eine bewusstseinstrübende Wirkung haben kann, nicht sicher gewährleistet zu sein scheint.
«Zudem erkennt dieser Test nur GHB und keine der anderen potenziellen Knockout-Mittel. Hinzu kommt, dass stark gefärbte Drinks das Resultat verfälschen können.» Trägerinnen des Armbandes sollten sich daher nicht in falscher Sicherheit wiegen, mahnt der Kantonsapotheker.
Dass der pharmazeutische Nutzen eher klein ist, vermutet man auch in der Bahnhofapotheke. «Es ist eine clevere Idee, um unerwünschten Kontakt mit Drogen zu vermeiden. Ob das Armband verspricht, was es hält, kann ich aber noch nicht sagen», so Carmelo Maiorini.
Armband soll Täter abschrecken
Etwas deutlicher wird man hingegen in Deutschland, genauer bei der Firma «Xantus», die das Armband vertreibt. «Das Armband ist weiss und besteht aus Papier – der Nachhaltigkeit wegen haben wir auf Plastik verzichtet», lässt sich Firmengründerin Kim Eisenmann in einem Artikel des deutschen Konsumentenmagazins «Utopia» vom letzten Mai zitieren. «Schon allein dadurch, dass man es am Handgelenk trägt, soll das Armband der Abschreckung dienen und ‹Täter› im Vorfeld warnen», erklärt sie.
Die Technologie sei von wissenschaftlicher Seite überprüft worden, versichert Eisenmann. Eine Studie habe die Zuverlässigkeit bestätigt. Dass es nicht gegen alle Drogen schützen könne, sei aber natürlich ein Nachteil. Zudem biete es keinen hundertprozentigen Schutz, räumt Eisenmann gegenüber «Utopia» ein. Sollte das Armband sonst nass werde, verfärbt sich das Testfeld ebenfalls. So erkennt man, dass es nicht mehr verwendet werden kann.
Man darf also gespannt sein, wie viele Leute an der Fasnacht ein solches Armband tragen werden und ob sich damit tatsächlich unerwünschte Zwischenfälle vermeiden lassen.
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